21. August 2017 · Kommentare deaktiviert für „Das Schwarze Meer – eine neue Flüchtlingsroute“ · Kategorien: Bulgarien, Rumänien · Tags:

DW | 21.08.2017

Rumänien hat sich bereit erklärt, rund 2000 Flüchtlinge aus den „Hotspots“ in Italien und Griechenland aufzunehmen. Eine feste Zuteilungsquote lehnt Bukarest aber weiterhin ab.

Im Herbst 2015 hat die Europäische Union (EU) eine Umverteilung der rund 160.000 Flüchtlinge aus den Unterkünften in Italien und Griechenland beschlossen. Rumänien hatte sich – ähnlich wie die Visegrad-Staaten Ungarn, Polen, Slowakei und Tschechien – anfangs gegen eine Quotenregelung gewehrt, später aber die Aufnahme von Flüchtlingen im Rahmen der eigenen Kapazitäten zugesagt. Nach dem EU-Verteilschlüssel sollte das Land rund 6300 schutzbedürftige Migranten aufnehmen, später war von 4000 Menschen die Rede – jetzt sollen 2000 Flüchtlinge aus den sogenannten „Hotspots“ in Italien und Griechenland nach Rumänien kommen. Das kündigte der rumänische Außenminister Teodor Melescanu am letzten Wochenende in einem TV-Interview an. Zudem würden 5,3 Millionen Euro für humanitäre Hilfe für syrische Flüchtlinge in Syriens Nachbarländern bereitgestellt, sagte Melescanu.

Rumänien, das aktiv in der europäischen Grenzschutzmission Frontex eingebunden ist, hat bisher 710 Migranten aufgenommen, die meisten aus Syrien, Irak und Jemen. Das Land gehört nicht zu den Wunschzielen der Flüchtlinge und lag bisher auch nicht auf einer der Haupt-Migrationsrouten nach Westeuropa. Das könnte sich jetzt nicht nur wegen der Ansage von Außenminister Melescanu ändern.

Gefährlicher Weg über das Schwarze Meer

Innerhalb der letzten Woche gab es zwei Versuche, Flüchtlinge aus der Türkei illegal über das Schwarze Meer nach Rumänien einzuschleusen. Am Sonntag (20. August) stoppte die rumänische Küstenwache ein Boot mit über 50 Migranten. Eine Woche davor wurde vor der rumänischen Schwarzmeerküste ein Motorboot mit 69 irakischen Flüchtlingen an Bord, darunter 29 Minderjährige, von der Küstenwache aufgegriffen. Die Menschen wurden ans Ufer und anschließend in die Asyl-Unterkunft in Galati am Unterlauf der Donau gebracht. Es war nicht das erste Mal, dass Flüchtlinge über das Schwarze Meer nach Rumänien und somit in die EU gelangen wollten. Bereits im September 2014 hatte die rumänische Grenzpolizei ein Fischerboot mit 132 Flüchtlingen aufgegriffen, ein Jahr später waren es 68 Flüchtlinge, die auf die gleiche Art versucht hatten, illegal nach Rumänien einzureisen.

Bereits vor einem Jahr hatte der rumänische Präsident Klaus Iohannis in einem TV-Interview mit der DW anlässlich seines Berlin-Besuchs erklärt, Rumänien wolle eine bestimmte Anzahl Flüchtlinge aufnehmen, würde seine Grenzen aber gegen illegale Migration erfolgreich schützen: „Es gab Versuche von Flüchtlingsgruppen von Serbien nach Rumänien zu kommen und von da weiter zu ziehen, aber wir haben das verhindern können. Genauso werden wir es verhindern, falls jemand über das Schwarze Meer nach Rumänien kommen wollte“, sagte Iohannis. Er hielt es für eher unwahrscheinlich, dass Menschen versuchen würden, über das Schwarze Meer einzureisen, weil es „viel schwieriger zugängig ist als zum Beispiel das Mittelmeer“, so der rumänische Präsident.

Die Situation scheint sich in den letzten Monaten geändert zu haben. Die Menschen sind offenbar in ihrer Verzweiflung bereit, weitere Wege und größere Risiken in Kauf zu nehmen, vor allem, seitdem die Migrationsrouten in der Ägäis, im Mittelmeer und auf dem Balkan blockiert wurden. Unter diesen neuen Umständen scheint es für Schleuser in der Türkei eine Alternative zu sein, Migranten über das Schwarze Meer illegal nach Europa zu bringen. In Rumänien sieht man dieser Entwicklung mit Sorge entgegen. Noch vor der Sommerpause hat sich der Oberste Verteidigungsrat des Landes mit dem Thema Migration und den möglichen Maßnahmen gegen verstärkte illegale Einwanderung beschäftigt.

Auch Bulgarien befürchtet Flüchtlinge

Sollte das Schwarze Meer tatsächlich zu einer neuen Flüchtlingsroute werden, muss nicht nur Rumänien, sondern auch Bulgarien mit einen Ansturm auf seine Küste rechnen. Auf dem Festland, an der bulgarisch-türkischen Grenze, hat die Regierung in Sofia konkrete Schritte gegen illegale Einwanderung unternommen: Ein Stacheldrahtzaun riegelt den Grenzabschnitt zur Türkei fast vollständig ab. Letzte Woche verkündete die Regierung, künftig auch das Militär zur weiteren Stärkung des Grenzschutzes einzusetzen. Rund 600 Soldaten, Spezialkampftruppen und Drohnen sollen zum Einsatz kommen, sagte der bulgarische Verteidigungsminister und Vizepremier Krassimir Karakatschanow in einem Interview mit der deutschen Tageszeitung „Welt“.

Noch sind keine Pläne bekannt, wie Rumänien und Bulgarien ihre Küstenregion am Schwarzen Meer gegen illegale Migranten schützen wollen. Doch es ist zu erwarten, dass auch diese Route schnell versperrt wird und die Schleuser nach anderen Wegen suchen werden, um verzweifelte Menschen unter Todesgefahr illegal nach Europa zu bringen.

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