31. August 2016 · Kommentare deaktiviert für Dänemark: „Regierung will Asylrecht weiter verschärfen“ · Kategorien: Skandinavien · Tags:

Quelle: Zeit Online

Gut 21.000 Menschen haben 2015 in Dänemark Asyl beantragt. Jetzt plant die Regierung, Asylbewerber in Krisen an der Grenze abzuweisen und spricht von einer Notbremse.

Die dänische Regierung will erneut ihre Asylgesetze verschärfen und die Grenzübergänge im Ernstfall dicht machen können. Das gab Integrationsministerin Inger Støjberg bei der Vorstellung eines Reformpaketes bekannt, das bis 2025 umgesetzt werden soll. „Es wird eine Notbremse eingeführt, die es möglich macht, Asylbewerber in Krisensituationen an der Grenze abzuweisen“, sagte sie. Als Beispiel für eine solche Situation nannte Støjberg die Lage im Herbst vergangenen Jahres, als Tausende Flüchtlinge aus Deutschland über die Autobahn nach Dänemark gelaufen sind. In Zukunft soll die Polizei sie am Eintritt hindern dürfen.

Doch die Reform des Asylrechts geht noch weiter. Auch die Bedingungen für eine unbegrenzte Aufenthaltserlaubnis sollen verschärft und stärkere Kontrollen in Asylzentren eingeführt werden. Nach Vorstellung der Regierung von Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen soll die dänische Polizei außerdem in Zukunft die Wertsachen ankommender Migranten konfiszieren dürfen. Die Aufnahme der 1.500 Quotenflüchtlinge, zu der sie innerhalb von drei Jahren verpflichtet ist, lehnt sie dagegen schlichtweg ab.

Bereits im vergangenen Jahr, als rund 21.000 Menschen in Dänemark Asyl gesucht hatten, sind wieder Grenzkontrollen eingeführt worden. Zu der Zeit trat auch das Dublin-Abkommen zeitweise außer Kraft, nach dem Flüchtlinge im Land ihrer Erstankunft einen Antrag stellen müssen. „Jetzt ist Dublin zwar wieder aktiv, aber das könnte sich jederzeit ändern“, sagt die dänische Regierung. Für 2016 werden jedoch deutlich weniger Asylbewerber erwartet, von rund 10.000 ist die Rede. In der vergangenen Woche kamen sogar lediglich 36 Flüchtlinge an – das ist die niedrigste Zahl seit Januar dieses Jahres.

Der Gesetzentwurf muss nun das dänische Parlament passieren. Dort bildet die rechtsliberale Regierungspartei Venstre von Ministerpräsident Rasmussen mit 34 von 179 Sitzen eine Minderheit und ist auf die Unterstützung von mindestens drei weiteren Parteien angewiesen. Deren Meinungen sind geteilt: Rechtspopulisten und Sozialdemokraten unterstützen die Pläne der Regierung. Die Sozialisten verurteilen sie dagegen als „verantwortungslos“.

Mit den Reformen des Asylrechts orientiert sich die dänische Regierung am Nachbarland Norwegen, das im Juni bereits eine ähnliche Regelung verabschiedet hatte. Doch auch Anfang 2016 schon hatte das Parlament in Kopenhagen eine erste Verschärfung gebilligt. Laut Integrationsministerin Støjberg sind Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und die Justizministerin Schleswig-Holsteins Anke Spoorendonk (SSW) schon über die neusten Pläne informiert. „Wenn wir die ‚Notbremse‘ ziehen, geben wir ihnen natürlich Bescheid, bevor wir das tun.“

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siehe auch: taz

Neue Gesetze in Dänemark: Grenzen dicht, Bettler in den Knast

Hart, härter, Dänemark: Die Regierung will das Asyl- und Ausländerrecht einschränken. „Unsicherheit auslösende Bettelei“ soll sofort geahndet werden.

STOCKHOLM taz | Dänemark will seine Asylgesetze verschärfen. Im Fall einer „Krisensituation“ soll sogar eine „Notbremse“ möglich sein, indem die Grenzen für Asylsuchende komplett geschlossen werden.

Die Änderungen sind Teil des „Gesamtplans für ein stärkeres Dänemark“, den der dänische Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen am Dienstag vorstellte. Die Notwendigkeit der Änderungen begründet die Regierung mit den Vorkommnissen im vergangenen September: Damals hatten sich Hunderte von Flüchtlingen über die deutsch-dänische Grenze auf der Autobahn zu Fuß auf den Weg gemacht, nachdem Kopenhagen ihnen den Transit in Richtung Schweden mit Bahn oder Bus verweigert hatte.

Die Pläne sehen auch polizeilich bewachte Asylzen­tren und Einrichtungen für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge vor, in denen eine strenge Hausordnung und die Möglichkeit einer „zwangsweisen Sicherheitsunterbringung“ eingeführt wird. Das von Ausländer- und Integrationsministerin Inger Støjberg klar benannte Ziel: „Es soll weniger attraktiv werden, überhaupt nach Dänemark zu kommen.“

Permanente Aufenthaltserlaubnis soll es statt nach sechs erst nach acht Jahren geben – und nur, wenn man vier Jahre keine Sozialhilfe bezogen hat. Die Wartefrist für eine mögliche Familienzusammenführung wird sich auf elf Jahre verlängern. Kindergeldanspruch hat man erst nach fünf Jahren Aufenthalt. Liegt eine Haftstrafe von mehr als 6 – bislang 12 – Monaten vor, soll ein permanenter Aufenthalt ganz unmöglich werden.

Zudem ist geplant, die Aufnahme von Quotenflüchtlingen ab sofort zu stoppen. In Zukunft will sich Kopenhagen etwa keine Quoten mehr von der EU vorschreiben lassen, sondern allein entscheiden. Da außerdem das bestehende Betteleiverbot nicht die erwünschte Wirkung habe, soll nun unter anderem „Unsicherheit auslösende Bettelei“ schon beim ersten Verstoß – ohne dass bereits eine polizeiliche Verwarnung vorliegt – mit mindestens zwei Wochen Haft geahndet werden.

Die rechtsliberale Minderheitsregierung von Lars Løkke Rasmussen verfügt zwar nur über 34 der 179 Parlamentssitze, die Annahme der meisten Vorhaben gilt aber als sicher. Wie zuvor schon dürfte sich Rasmussen auf die Unterstützung der Sozialdemokraten und der rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei verlassen können.

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