09. August 2016 · Kommentare deaktiviert für „Grenzschützer weisen mehr Flüchtlinge an deutscher Grenze ab“ · Kategorien: Deutschland · Tags: ,

Quelle: Süddeutsche Zeitung

  • An Deutschlands Außengrenzen werden immer mehr Menschen direkt abgewiesen.
  • Auch die Zahl der Abschiebungen steigt, wie eine Anfrage der Linken bei der Bundesregierung ergab.
  • Angesichts der Zahlen kritisiert die Linke Forderungen nach mehr Abschiebungen als „reine Polemik“.

An den deutschen Grenzen sind im ersten Halbjahr 2016 schon wesentlich mehr Menschen zurückgewiesen worden als im gesamten Jahr 2015. Insgesamt habe man 13 324 Personen an der Einreise nach Deutschland gehindert, teilte das Bundesinnenministerium auf eine Anfrage der Linkspartei mit, die der SZ vorliegt.

Im vergangenen Jahr waren an den deutschen Grenzen insgesamt 8913 Personen abgewiesen worden. 11 239 Personen wurden an den Grenzübergängen zu Land zurückgewiesen, vor allem an der Grenze zu Österreich. An den Flughäfen wurde in den ersten sechs Monaten dieses Jahres 2030 Personen die Einreise verweigert.

Hauptgründe für die Zurückweisung waren der Statistik zufolge, dass die Betroffenen keinen Pass, kein Visum oder keine Aufenthaltsberechtigung vorweisen konnten. Bei 193 Personen bestand bereits eine Einreisesperre, etwa durch eine frühere Ausweisung. 255 Personen wurden zudem als Sicherheitsbedrohung zurückgewiesen, wozu auch eine Gesundheitsgefährdung zählt.
Mehr Abschiebungen

Auch die Zahl der Abschiebungen ist den Angaben des Innenministeriums zufolge im ersten Halbjahr 2016 gestiegen. In dieser Zeit seien 13 743 Menschen aus Deutschland abgeschoben worden, in den allermeisten Fällen auf dem Luftweg. Setze man die Zahl in Relation zu denen aus dem Vorjahr, ergebe sich ein Anstieg um mehr als 31 Prozent, heißt es in der Kurzbewertung der Linken zu den Zahlen. 2015 wurden im gesamten Jahr 20 888 abgeschoben.

Drei Viertel aller Abschiebungen erfolgten im ersten Halbjahr 2016 in die Westbalkanstaaten, die zu sicheren Herkunftsländern erklärt worden waren.

Immer mehr Abschiebungen verlaufen in Form koordinierter Sammelabschiebungen, also organisiert durch Frontex, die EU oder die Bundespolizei. Lag ihr Anteil 2015 noch bei 17 Prozent, wurden im ersten Halbjahr 2016 74 Prozent der Abschiebungen auf diese Weise koordiniert.

Angestiegen ist auch die Zahl sogenannter freiwilliger Ausreisen: 30 553 Menschen verließen Deutschland mithilfe eines gemeinsamen Rückkehrerprogrammes von Bund und Ländern. In mehr als 9000 Fällen war Albanien das Herkunftsland der Ausreisenden, gefolgt von Irak (3322; 2015 waren es 724) und Afghanistan (2305; 2015 waren es 309).

Linke kritisiert Forderung nach Abschiebungen

Im Hinblick auf die steigende Zahl von Abschiebungen und Abweisungen an den Grenzen kritisiert Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Linken-Fraktion, die Debatte um eine Verschärfung der Abschiebepraxis: „Die ständigen Forderungen nach mehr Abschiebungen sind nun vollends als reine Polemik entlarvt.“

Auch die Zahl der „freiwilligen“ Ausreisen hält sie für bedenklich – vor allem die deutliche Zunahme von Rückkehrern in den Irak und nach Afghanistan. Die Betroffenen verließen Deutschland nicht freiwillig, sondern infolge der hiesigen „Abschreckungspolitik“: „Jahrelange Prüfverfahren, kein Zugang zu Sprachkursen, kein Recht auf Familiennachzug – diese zermürbenden Bedingungen sind es, die schutzbedürftige Flüchtlinge – darunter auch Iraker und Afghanen – dazu bringen, Deutschland wieder zu verlassen und sich in ihren Herkunftsländern in Lebensgefahr zu begeben.“

Die immer stärker verbreiteten Sammelabschiebungen hält sie für „menschenverachtend“. Die EU und die Bundesregierung schafften es nicht, die Flüchtlingsaufnahme und Bearbeitung der Asylanträge vernünftig zu koordinieren, wenn es aber um Abschiebungen gehe, „wachsen sie über sich hinaus“.

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