09. April 2016 · Kommentare deaktiviert für Keine Nation lieben · Kategorien: Deutschland, Medien · Tags:

Quelle: taz

Sampler „Refugees Welcome“

Die Macher des Samplers „Refugees Welcome“ wollen ein Gegengewicht zu Rassisten, AfD und Pegida schaffen. Die Erlöse gehen an Initiativen gegen rechts.

Wir sind viele. Das ist nicht nur der Titel eines Tocotronic-Songs. Das, so könnte man sagen, ist auch die einfache, schlichte und nötige Botschaft des heute erscheinenden Samplers „Refugees Welcome – Gegen jeden Rassismus“.

Enthalten sind darauf 22 Songs von eben zum Beispiel Tocotronic-Sänger Dirk von Lowtzow – der hier allerdings mit seinem Spontanprotestsong „Fuck You Frontex“ vertreten ist-, Frittenbude oder Feine Sahne Fischfilet. Der Anlass für die Kompilation dürfte klar sein: Den Machern liegt es daran, nach mehr als 500 Angriffen auf Flüchtlingsunterkünfte im vergangenen Jahr, nach dem Erstarken von AfD, Pegida und dem rechtspopulistischen Spektrum ein Gegengewicht zu schaffen.

Testcard-Mitherausgeber Jonas Engelmann und Torsten Nagel, die das Album zusammengestellt haben, versammeln – zum Teil exklusive – prominente Künstler der Popszene. Alle Erlöse der Albumverkäufe, das in den Formaten CD und Doppel-LP erhältlich ist, fließen an lokale Initiativen gegen rechts.

Folgerichtig umfasst die Kompilation fast das gesamte Spektrum linker musikalischer Subkulturen und bringt Szenen zusammen, die sonst meist eher wenig miteinander zu tun haben. Die Düsseldorfer HipHop-Crew Antilopen Gang ist etwa mit ihrem Hit „Beate Zschäpe hört U2“ vertreten. Ihren Text sollte man auf Stammtischbierdeckel drucken oder mit AfD-Twitteraccounts hacken.

Mit der Wiener Künstlerin Gustav, die einen Chanson-Popsong beisteuert, und der Münchener Noiserock-Frauenband Candelilla sind weibliche Stimmen und Sprecherinnen vertreten. Also nicht nur: Wir sind viele. Sondern auch: Wir sind vielfältig.

Im Beiblatt finden sich Informationen über die Flüchtlings- und Asylsituation in Deutschland und der EU sowie über rechtspopulistische und -extreme Gruppen hierzulande. Sie richten sich wohl vor allem an ein jüngeres Publikum oder an Leute, die jetzt gerade beginnen, sich mit der gesellschaftlichen Situation im Land auseinanderzusetzen. Die Inhalte dürften für viele nichts Neues sein. Auch könnte man manche Songs zu plakativ und verkürzt finden, aber das sei an dieser Stelle mal nachrangig. Das Geld, das zusammenkommt, wird in Clausnitz, Freital, Dortmund und anderswo dringend benötigt.

Und es geht ja auch weniger plakativ: Die Stuttgarter Postpunks von Human Abfall etwa wiederholen in ihrem Song „Vom Grund der Haltung zur Grundhaltung“ monoton die Verse: „Über andere Kulturkreise kann (will) ich mir kein Urteil erlauben“, „Seit heute bin ich nicht mehr der traurigste Mensch Europas“ und, in Anlehnung an Gustav Heinemanns berühmtes Zitat, „Ich liebe keine Nation / ich liebe meine Frau und meine Kinder“. Das klingt frisch und aber auch dringlich.

Dass man politisch sein kann und zugleich unterhaltsam, zeigt die hoffentlich bald weltbeherrschende Punkband Pisse, die übrigens aus Hoyerswerda stammt. Sie unterlegt ihren Song „Scheiß DDR“ mit einigen Samples des Moderators und taz-Autors Klaus Walter, der ihren Songtext liest. Aus „Scheiß DDR“ wird „Scheiß BRD“ wird „Scheiß Europa“. Dazu gibt es fricklige Synthies – und fertig ist der launige Anti-Nazi-Hit.

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