02. November 2015 · Kommentare deaktiviert für „Macht Bayern Politik mit Flüchtlingsbildern?“ · Kategorien: Deutschland, Medien

Quelle: NZZ

Stefanie Lahrtz, München

Die Bilder aus Passau und Umgebung bestimmen derzeit die innerdeutsche Diskussion um die Flüchtlingskrise: In Decken und Kapuzenpullis gehüllte Menschen, die bei Temperaturen um den Gefrierpunkt auf einer Innbrücke campieren, oder Eltern, die mit weinenden Kleinkindern im Regen vor dem Schild stehen, das den Beginn des deutschen Staatsgebiets verkündet. Trotz allen Bemühungen fehlen in der Grenzregion Notunterkünfte für die täglich mehreren tausend Neuankömmlinge. Landräte und andere Politiker verkünden in jedes hingehaltene Mikrofon, dass man nun wirklich mit dem Ansturm überfordert und das erste erfrorene Baby nur noch eine Frage der Zeit sei.

Doch seit Tagen beschleicht immer mehr Helfer nicht nur in Passau das ungute Gefühl, die Bilder seien auch ein Stück weit von der bayrischen Staatsregierung gewollt. Sollen sie etwa die Dringlichkeit der Drohungen und Forderungen von Ministerpräsident Horst Seehofer untermauern? Schliesslich verlangt er seit Wochen von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Zuwanderung zu stoppen.

Dabei gäbe es für die niederbayrische Grenzregion eine gewisse Entlastung: München. Im für Flüchtlinge reservierten Bereich des dortigen Hauptbahnhofs bewachen nur noch einige wenige Freiwillige rund um die Uhr Kisten mit Kleidern und Kuscheltieren. Die Notunterkünfte stehen leer. All dies wurde aufgebaut, als im September hier täglich Tausende von Flüchtlingen in Zügen ankamen.

München hatte damals um eine Verschnaufpause auch wegen des Oktoberfestes gebeten. Doch das ist seit einem Monat vorbei. Verantwortliche der Stadt haben signalisiert, wenn auch manchmal zögerlich, dass München wieder einen Teil der Neuankömmlinge übernehmen könne. Doch nein, es sei nicht sinnvoll, eine Doppelstruktur zu unterhalten, sagt die bayrische Regierung. In Passau hingegen wäre man derzeit froh um jeden Flüchtlingsbus, der nicht hier ankäme. Aber dann gäbe es natürlich nicht so viele herzzerreissende Bilder und dramatische Nachrichten von der Grenze.

Kommentare geschlossen.