10. Oktober 2015 · Kommentare deaktiviert für „Immer mehr rechte Gewalt“ · Kategorien: Deutschland · Tags: ,

Quelle: Telepolis

von Michael Klarmann

„Es sind Zivilisationsschranken gefallen.“ Innenminister de Maizère ist angesichts der dramatisch gestiegenen Zahl von Gewalttaten gegen Flüchtlinge und Hetze im Internet besorgt

Während in Deutschland immer mehr rechts motivierte Straftaten gegen Migranten oder Flüchtlinge sowie deren Unterkünfte geschehen (vgl. Angesichts des Zustroms an Flüchtlingen agiert die rechte Szene immer aggressiver), melden die Ermittler erste Fahndungserfolge. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) zeigt sich besorgt über die Zunahme asylfeindlicher Straftaten. Die Alternative für Deutschland (AfD) verschärft derweil ihren Tonfall und will Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) anzeigen wegen illegaler Schleusertätigkeit.

Laut Bundesinnenministerium kam es in diesem Jahr bisher zu knapp 500 Angriffen auf Asylbewerberunterkünften. Bis August war von 340 Angriffen die Rede. Bundesinnenminister de Maizière sprach in einem Interview von einer „Schande für Deutschland“. Er wies darauf hin, dass unter den bisher bekannten Tatverdächtigen nur ein Drittel zuvor wegen rechtsextremistischer Straftaten oder anderweitig polizeibekannt gewesen seien und schloss daraus:

Zwei Drittel allerdings sind Bürger aus der Region, die sich bisher nichts zuschulden kommen ließen. Ich finde diesen Zuwachs an Menschen, die Gewalt anwenden, besorgniserregend.

De Maizière ergänzte, die Gewaltwelle sei „begleitet von Hassmails, von Beleidigungen, von einer Gossensprache. Bis vor Kurzem habe ich nicht geglaubt, dass sich jemand trauen könnte, so etwas öffentlich zu sagen. Es sind Zivilisationsschranken gefallen“.

Verfassungsschützer warnen vor rechten Hetzkampagnen

Laut Spiegel warnen die Verfassungsschützer vor eben solchen rechten Hetzkampagnen gegen Asylsuchende. Diesbezüglich alarmiert würden die Behörden in den kommenden Wochen bundesweit „Rädelsführer“ rechter Parteien aufsuchen, um die rechtsextremistische Szene zu verunsichern.

Dem Bericht zufolge wird als besorgniserregend herausgestellt, dass Rechtsextremisten mit ihren „Hasskampagnen“ zusehends zu Bürgern durchdringen würden, die „bislang nicht strukturell in der rechtsextremen Szene verankert waren, aber deren Gedankengut nahestehen“, wie ein Sprecher des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz zitiert wird. Die Verfassungsschutzämter von Bund und Ländern warnen deshalb vor einem Schulterschluss zwischen rechtsextremistischen Parteien und „aufgepeitschten Bürgern“.

Rund sechs Monate nach einem schweren Brandanschlag in Tröglitz hat die Staatsanwaltschaft in Halle Haftbefehl gegen einen Verdächtigen erlassen. Hielten sich die Ermittler zuerst aus ermittlungstaktischen Gründen bedeckt, was das Motiv anbelangt, hieß es zugleich, der junge Mann sei „bislang nicht als Rechtsextremist in Erscheinung getreten„.

Unterdessen meldet die FAZ jedoch, dass sich der mutmaßliche Brandstifter aus der Nachbarschaft der seinerzeit geplanten Unterkunft offenbar angesichts der zahlreichen, auch durch die NPD initiierten Proteste in seiner Stadt vor der Tat zum „Sympathisant der rechtsextremen NPD“ entwickelt habe. Da der Verdächtige als „geistig wenig bemittelt gilt“, stelle sich zudem die Frage, ob noch andere Personen in die Tat verwickelt seien.

Brandstiftung aus „Angst vor Flüchtlingen“

Täter aus der Nachbarschaft einer bewohnten Asylbewerberunterkunft im nordrhein-westfälischen Altona scheinen offenbar aus der Mitte der Gesellschaft zu stammen. Laut Polizei habe ein Feuerwehrmann (25) auf dem Dachboden gezündelt, ein 23-Jähriger habe Schmiere gestanden. Die jungen Männer sollen laut Ermittler aus „Angst vor Flüchtlingen“ gehandelt haben. Staatsanwalt Bernd Maaß sagte über das Motiv: „Hintergrund ist eine persönliche Überzeugung, keine politische.“

Beide Männer wollten demnach nicht, dass sieben Syrer – darunter eine schwangere Frau – in dem Nachbarhaus wohnen. Dass solche fremdenfeindlich motivierten Taten kein politisches Motiv haben sollen, erstaunt indes.

In Lüdenscheid hatten die Ermittler vor Tagen darauf hingewiesen, dass ein Mitarbeiter (19) einer Hilfsorganisation in einer Notunterkunft gezündelt hatte. In Nauen, wo der Verdacht besteht, dass Brandstifter eine Turnhalle mit Gas in Brand setzten, kam es zu einer Razzia gegen mehrere Tatverdächtige. In den letzten Tagen kam es zudem zu zahlreichen Anschlägen, etwa in Grimma, Xanten, Friemar und auf Rügen.

Nicht eben zur Beruhigung der aggressiven Stimmung dürfte die Ankündigung der AfD sorgen, Strafanzeige gegen Kanzlerin Merkel stellen zu wollen. Angesichts der Entscheidung der Bundesregierung von Anfang September, zehntausende Flüchtlinge nach Deutschland einreisen zu lassen, sagte der stellvertretende Parteivorsitzende Alexander Gauland laut FAZ:

Frau Merkel hat sich als Schleuser betätigt.

Auf AfD-Demonstrationen zum Thema Asyl mit tausenden Teilnehmern – darunter auch Rechtsextremisten – wird derweil in Erfurt die Stimmung immer aggressiver.

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