Quelle: Bayrischer Flüchtlingsrat
Einwand des Bayerischen Innenministeriums nicht stichhaltig: Für die Prüfung der Einhaltung von EU-Verträgen ist der Europäische Gerichtshof zuständig, nicht der Bayerische Verfassungsgerichtshof
Der Bayerische Flüchtlingsrat hatte am Freitag berichtet, dass die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eröffnet hat, weil Deutschland aufgrund massiver Grenzkontrollen gegen die Freizügigkeit und das Prinzip der offenen Grenzen in Europa verstößt. Im Jahr 2014 kam es allein durch die Bundespolizei zu mehr als 2,3 Millionen Personenkontrollen im grenznahen Raum, im Jahr 2015 dürften dies durch die forcierten Grenzkontrollen in Bayern noch deutlich mehr werden.
Das Bayerische Innenministerium teilte daraufhin der dpa mit, es halte die Schleierfahndung in Bayern für rechtmäßig, der Bayerische Verfassungsgerichtshof habe das vor einigen Jahren bestätigt. Dieser Einwand ist wenig stichhaltig. Das Bayerische Verfassungsgericht prüft vor allem die Vereinbarkeit der Schleierfahndung mit der Bayerischen Verfassung.
Mit dem Vertragsverletzungsverfahren will die EU-Kommission die Bundesregierung dazu bewegen, die Kontrollpraxis an den deutschen Außengrenzen so zu ändern, dass sie nicht weiter gegen den Schengener Grenzkodex verstößt. Sollte es in diesem Verfahren nicht zu einer Einigung kommen, wird der Europäische Gerichtshof entscheiden müssen.
„Bei allem gebotenen Respekt gegenüber dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof: Das Vertragsverletzungsverfahren der EU gegen Deutschland und eine drohende Klärung vor dem Europäischen Gerichtshof spielt, mit Verlaub, in einer anderen Liga“, erklärt Alexander Thal, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats. „Die Kontrollpraxis in Deutschland und insbesondere die verschärfte Praxis in Bayern geht über die erlaubte Schleierfahndung weit hinaus und verstößt gegen die Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union. Das muss dringend abgestellt werden!“
Der Bayerische Flüchtlingsrat empfiehlt erneut, die Grenzkontrollen an den deutschen und bayerischen Außengrenzen deutlich zu reduzieren. Dadurch entgeht man einer möglichen Verurteilung durch den EuGH und erreicht eine schnelle Entspannung der Unterbringungssituation in Bayern. Denn nach wie vor wollen viele Flüchtlinge nur durch Bayern durchreisen, und nicht in Bayern bleiben.
Die formelle Information der EU-Kommission zur Eröffnung des Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland finden Sie online unter: ec.europa.eu