10. Februar 2013 · Kommentare deaktiviert für Sahel: Drogenschleuse Westafrika – Le Monde Diplomatique · Kategorien: Mali, Sahara

Drogenschleuse Westafrika

von Anne Frintz

„Das Kokain kommt aus Kolumbien, Peru oder Bolivien und wird via Guinea-Bissau, Mali oder Nigeria nach Europa transportiert. Am milliardenschweren Handel verdienen auch Mittelsmänner aus der Politik.

Die Boeing 727 kam aus Venezuela und landete in Tarkint, in der Nähe von Gao im Nordosten Malis. Es müssen etwa 5 bis 9 Tonnen Kokain an Bord gewesen sein, die danach spurlos verschwanden. Als der Pilot nach der Entladung wieder starten wollte, geriet das Flugzeug in Brand. Später kam heraus, dass zumindest eine libanesische Familie und ein mauretanischer Geschäftsmann, der mit angolanischen Diamanten ein Vermögen gemacht hatte, zu den Auftraggebern gehörten. Das Ganze geschah vor über drei Jahren, im November 2009.

Wie ist es möglich, dass derartige Mengen von Kokain durch eine Region geschleust werden können, die zwar mehrheitlich aus Wüste besteht, aber dennoch bewohnt ist und unter staatlicher Kontrolle steht? Ein französischer Analyst, der sich in der Sahelzone sehr gut auskennt, aber anonym bleiben möchte, erklärt, dass ein Minister und mehrere hohe Offiziere aus Armee und Geheimdienst, die dem ehemaligen Präsidenten Amadou Toumani Touré nahestanden, sowie einige Abgeordnete aus dem Norden des Landes in den Drogenhandel involviert gewesen seien. „Das ist ein heißes Eisen, denn dabei geht es um die höchsten Kreise in Mali“, sagt unser Informant. „Am Ende von Tourés Amtszeit hatten die in den Drogenhandel verwickelten Offiziere jede Legitimation verloren. Das ist einer der Gründe, warum sich Unteroffiziere und einfache Soldaten an dem Staatsstreich vom März 2012 beteiligt haben. Die hohen Offiziere besaßen einen Fuhrpark, den sie sich noch nicht einmal mit dem gesamten Militärbudget des Landes hätten leisten können.“

„Der Drogenhandel bringt einiges ein, zum Beispiel ,Spenden‘ für den nächsten Wahlkampf. Und das Schwarzgeld wird in Immobilien angelegt. Zahlreiche Politiker haben mit den Schmugglern Geschäfte gemacht. Wenn ein allzu eifriger Soldat einen solchen Konvoi anhielt, bekam er prompt einen Anruf von seinem Vorgesetzten, der ihm befahl, den Transport durchzulassen. So lief das zum Beispiel damals an der Grenze zu Guinea, als Ousmane Conté, der Sohn des verstorbenen guineischen Präsidenten, wegen Drogenhandels festgenommen wurde“, berichtet unser Experte. „Touré hat beide Augen zugedrückt, und so wurde es immer schlimmer. Das malische Regime gehörte zu den korruptesten in Westafrika.“

Zwei Tonnen Koks im Lagerhaus der Krabbenfischer

Der französische Sahel-Experte Simon Julien hat den Konkurrenzkampf im Norden Malis vor 2012 in allen Einzelheiten beschrieben.1 Bestimmte Kreise haben vom Kokainschmuggel profitiert, während andere leer ausgingen. Das Regime benutzte die Drogengelder, um verschiedene Gegner der Ifogha-Tuareg zu unterstützen, und hoffte, damit die Aufstände der Nomaden im Keim zu ersticken. Doch diese Rechnung ging nicht auf. Der Zustrom von libyschen Waffen und islamistischen Kämpfern führte rasch zur Spaltung Malis in Nord und Süd. Bei der Destabilisierung der gesamten Region spielte das Drogengeld eine entscheidende Rolle.

Im Juni 2010 fand man zwei Tonnen Kokain im Lagerhaus einer Krabbenfischerei in Gambia. Im April 2011 wurden im Hafen von Cotonou (Benin) 202 Kilogramm Heroin beschlagnahmt, das aus Pakistan kam und nach Nigeria weitertransportiert werden sollte. Im Juni 2011 flog in Nigerias Wirtschaftshauptstadt Lagos das erste Labor zur illegalen Herstellung von Amphetaminen und Methamphetaminen auf. Und im Oktober desselben Jahres wurden 1,5 Tonnen Kokain an einem Strand der kapverdischen Insel Santiago sichergestellt. Während Cannabis, die weltweit am meisten verbreitete Droge, in Afrika nur für den lokalen Markt angebaut wird, werden die synthetischen Drogen wie Kokain und Heroin auch exportiert: nach Europa, Japan und sogar China.

Seit 2004 ist Westafrika eine wichtige Drehscheibe im Kokainhandel. […]“

vollständiger Artikel:

http://www.monde-diplomatique.de/pm/2013/02/08.mondeText.artikel,a0037.idx,1

 

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