07. Februar 2013 · Kommentare deaktiviert für Woher kamen die Schüsse auf Chokri Belaïd? · Kategorien: Tunesien

Die gezielten Schüsse auf Chokri Belaid haben eine andere Qualität als die bisherigen Gewaltausbrüche tunesischer Salafisten auf der Straße, die in den Medien mit dem Mord in Verbindung gebracht werden.

Chokri Belaïd, der am 06.02.2013 vor seiner Haustür mit gezielten Schüssen in den Kopf und ins Herz ermordet wurde, war nicht nur ein ausgezeichneter Oppositioneller gegenüber der Regierung und den Islamisten. In Zeiten von Ben Ali und Habib Bourguiba war er mehrfach im Gefängnis. Als Rechtsanwalt und Verteidiger der Menschenrechte hat er gegen den Staatsapparat gekämpft – und der war in Tunesien polizeistaatlich geprägt. Dieser Apparat hat in den Zeiten der Arabellion seine umfassenden Kontrollfunktionen verloren, er ist an seinen Rändern regelrecht kollabiert. Aber insbesondere die politische Polizei hat überlebt und bestimmt Teile des tunesischen Innenministeriums bis heute.

Chokri Belaid gehörte dem Verteidigerkollektiv des ehemaligen irakischen Präsidenten Saddam Hussein an und war im „Komitee des Kampfs gegen die Normalisierung mit Israel“ aktiv.

Seit Oktober 2012 wurde er als Oppositionspolitiker populär. Es war ihm gelungen, kleinere linke Gruppierungen zusammenzuführen und sie an die sozialen Unruhen im Hinterland von Tunesien heranzuführen. Er hat versucht, die Aufstände als antiislamistische Regierungskritik zu formen. Mit den mörderischen Schüssen auf Chokri Belaid soll laut Freunden und Familienangehörigen von Chokri Belaid „das Volk gespalten werden“. Sie werfen der tunesischen Übergangsregierung vor, dass sie ihn trotz Kenntnis von Mordplänen nicht schützen konnte. Moncef Marzouki, Präsident der tunesischen Übergangsregierung, hatte Chokri Belaid zuvor von entsprechenden Plänen in Kenntnis gesetzt.

Der Mord wurde von dem Wächter des Wohnhauses von Chokri Belaid beobachtet. Auch auf ihn wurde geschossen. Zudem wurde der Mord von einer Nachbarin gefilmt.

(hd)

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