derStandard | 20.06.2017
Ist die Schließung der Mittelmeerroute für Flüchtlinge Vision oder Vollholler? Gerald Knaus hält das Vorhaben von Außenminister Kurz für eine Illusion, sieht aber auch auf der Gegenseite Träumereien
Interview GERALD JOHN
STANDARD: Außenminister Sebastian Kurz spricht davon, die Mittelmeerroute für Flüchtlinge zu schließen. Ist das wirklich ein „populistischer Vollholler“, wie Kanzler Christian Kern meint?
Knaus: Zweifellos ist es nötig, dringend etwas gegen das von Schleppern inszenierte russische Roulette zu tun, das sich vor der nordafrikanischen Küste abspielt: Menschen warten in ihren winzigen Booten auf dem Meer darauf, dass sie gerettet werden – oder ertrinken. Doch diese tägliche Tragödie lässt sich nicht mit Schlagworten beenden.
STANDARD: Wenn man die Route versperrt, werden sich weniger auf den Weg machen, sagt Kurz. Das klingt doch schlüssig.
Knaus: Es ist richtig, wenn der Außenminister sagt, man braucht Anreize, damit sich weniger Menschen, die keinen Schutz brauchen, aus Westafrika auf den lebensgefährlichen Weg durch die Sahara und Libyen machen. Doch damit umsetzbare Politik entsteht, braucht man ein detailliertes Konzept und Partner für konkrete Absprachen.
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