Frankfurter Rundschau | 23.06.2017
Einst war Libyen ein Eldorado für Migranten. Doch die Schlepper gehen immer brutaler mit denen um, die nach Europa wollen.
Libyen war einst ein Eldorado für Migranten: Ein Zufluchtsort für Hunderttausende von Westafrikanern, auf dessen Baustellen, Ölfeldern oder Fabriken sie mit für ihre Verhältnisse traumhaften Gehältern rechnen konnten. Seit Muammar Gaddafis Regime vor sechs Jahren mit westlicher Hilfe aus der Macht gebombt wurde, ist aus dem Zufluchtsort jedoch eine Hölle geworden – mit immer grausameren Berichten über die Machenschaften von Menschenhändlern, die ihre Opfer als Sklaven verkaufen, in Bordellen halten oder unter Folter Geld von ihren Familien erpressen. Noch immer steuern Hunderttausende von Afrikanern auf der Suche nach Jobs den nordafrikanischen Staat an: Doch nur, um so schnell wie möglich nach Europa zu kommen – woran viele bereits in der südlibyschen Wüstenstadt Sabha auf schreckliche Weise scheitern.
Vier Monate lang sei er in seinem „Gefängnis“ Morgen für Morgen verprügelt worden, erzählt der 34-jährige Nigerianer Seun Femi der BBC: Mit Dutzenden anderer Migranten sei er „wie Sardinen“ in drei verdunkelten Räumen gehalten worden. Die Menschenhändler nannten es den „Morgentee“: Sie schlugen mit Stöcken, Schläuchen oder Fäusten auf ihre Opfer ein. Dann gaben sie ihnen ein Handy, mit dem sie noch weinend ihre Familien um das geforderte Lösegeld anflehen sollten. Femis Ex-Freundin gelang es erst nach vier Monaten, sein kaputtes Taxi für die verlangten 500 US-Dollar zu verkaufen: Um dieses reparieren zu können, war er überhaupt erst in Richtung Europa aufgebrochen. Femi hatte Glück, dass er sich während der Prügelorgien nur zwei Finger brach: Einer seiner Mithäftlinge wurde vor seinen Augen totgeschlagen.
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