NZZ | 21.10.2017
Martina Caroni / Stephanie Motz
Es mag saisonale Schwankungen geben, doch der Druck der Flüchtlingsströme auf Europa bleibt hoch. Immer wieder wird beim Grenzschutz daher um das Ausmass völkerrechtlicher Verpflichtungen gerungen. Zwar ist unbestritten, dass die Abweisung Schutzsuchender an der Grenze unzulässig ist, ebenso wie ihre Rückschaffung in ein Land, in dem sie Verfolgungen ausgesetzt sind. Dennoch bleibt einiges unklar. Gilt das Rückschiebungsverbot auch dann, wenn Schutzsuchende nicht direkt aus einem Verfolgerland, sondern aus sogenannt sicheren Drittstaaten einreisen? Sind die Lebensbedingungen im sicheren Drittstaat bei einer Abweisung an der Grenze zu berücksichtigen?
Angesichts dieser rechtlichen Unsicherheiten kommt es den Staaten gelegen, dass sich beim Grenzschutz ein neuer Trend abzeichnet. Das Zauberwort lautet «extraterritoriales Migrationsmanagement». Ziel der entsprechenden Massnahmen ist es, Migranten gar nicht mehr bis an die Grenzen Europas gelangen zu lassen. Dadurch soll illegale Migration verhindert und Menschenschleppern das Handwerk gelegt werden. Um dies zu erreichen, werden Kontrollaufgaben an Drittstaaten oder private Personen bzw. Personengruppen delegiert.