19. Januar 2018 · Kommentare deaktiviert für „Flüchtlingslager in Nordsyrien – Teil 1“ · Kategorien: Syrien · Tags:

Refugee Movement | 18.01.2018

Täglich kommen immer noch viele Schutzsuchende auf der Flucht vor dem syrischen Regime oder dem IS in die trotz Embargo und Angriffen einzige stabile Region im Kriegsland Syrien, nach Rojava und Nordsyrien.

Obwohl Rojava nur über begrenzte Möglichkeiten verfügt und schon sehr viele Schutzsuchende aufgenommen hat, weist es diese nicht zurück und versucht ihre Bedürfnisse zu decken. Die Vereinten Nationen und internationalen Organisationen geben den Schutzsuchenden nicht die notwendige Unterstützung. Dennoch bietet die Demokratische Autonome Selbstverwaltung Nordsyriens in zwölf Flüchtlingslagern Gesundheitsversorgung, Bildungsarbeit und auch kulturelle Aktivitäten an und steht 24 Stunden täglich zur Verfügung.

Auf der Flucht vor dem IS ist etwa die Hälfte der Bevölkerung von Raqqa in den Kanton Kobanê geflüchtet. Die Zahl der aus Gebieten wie Damaskus und Dera Geflüchteten im Kanton Cizîre liegt bei 70.000. Die meisten Schutzsuchenden kamen im Jahr 2012, dem Jahr mit der massivsten Binnenmigration, nach Rojava. Aus diesem Grund hat die Demokratische Selbstverwaltung von Rojava zu dieser Zeit etliche Camps errichtet.

Das Camp Hol

Das zum Rat für gesellschaftliche Arbeiten der Demokratisch-Autonomen Selbstverwaltung gehörige Büro zur Unterstützung Vertriebener hatte das Camp Hol am 9. März 2016 eingerichtet. Es befindet sich an der Grenze zwischen Syrien und dem Irak. Das Camp ist etwa 20 Kilometer von Hesekê und etwa einen Kilometer von Hol entfernt. Nachdem Südkurdistan die Grenzen für Schutzsuchende aus Mossul geschlossen hatte, wurde das Hol-Camp eröffnet. Die Flucht aus Mossul nahm nochmals zu, als die Operationen der irakischen Armee und der Peschmerga zur Befreiung von Mossul begannen. Zur gleichen Zeit war die Zahl der Schutzsuchenden vor den Angriffen des Baath-Regimes in Syrien wie auch vor den Massakern des IS und Jabhat al Nusra angestiegen.

Das Hol-Camp besteht aus 1.000 Zelten und 220 Häusern. Dort befinden sich 3.500 Flüchtlinge aus dem Irak und 1.500 aus Syrien. Die Bewegung für eine Demokratische Gesellschaft (TEV-DEM) hat an der Arbeit im Camp und der Verteilung der Hilfe beim Aufbau von Räten und Kommunen mitgewirkt. Heyva Sor a Kurdistanê, der kurdische rote Halbmond, hat zur Versorgung medizinischer Probleme der Menschen im Camp ein Gesundheitszentrum eröffnet. In dem Zentrum befinden sich mehrere Ambulanzen und Krankenhelfer bieten den Schutzsuchenden ihre Dienste an.

Die Lebensmittelversorgung wird von der Hilfsorganisation Rojava bestritten. Da die zu den Vereinten Nationen gehörigen Organisationen NRD, IRC und IRD nicht ausreichend Hilfe leisten, trägt die Hilfsorganisation Rojava die ganze Last der Lebensmittelversorgung des Camps.

Das Camp El-Sed

Bei den schweren Kämpfen zwischen dem Regime und dem IS war die Bevölkerung von Dêra Zor lange Zeit zwischen den Fronten eingeschlossen. Als ein Weg frei wurde, wandten sich die Zivilist*innen vor allem in Richtung Cizîre, da der IS Zivilpersonen als lebende Schutzschilde benutzte. Um den steigenden Zahlen Schutzsuchender gerecht zu werden, richtete die Demokratisch-Autonome Selbstverwaltung in der Gemeinde Erişa bei Şedade das Camp El-Sed ein. Es liegt etwa 30 Kilometer von Hesekê entfernt und wurde ebenfalls von der Kommission zur Unterstützung Vertriebener im Juni 2017 eingerichtet. Das Camp war mit 200 Zelten eröffnet worden, zu Hochzeiten der Operationen in Raqqa und Dêra Zor lebten dort 50.000 Menschen. Mit der Befreiung der Regionen durch die Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) sind viele allerdings wieder nach Hause zurückgekehrt.

Nach Angaben der Lagerleitung leben dort im Moment noch 15.000 Menschen, die Mehrheit aus Dêra Zor. Auch hier kümmert sich Heyva Sor a Kurdistanê um die gesundheitlichen Belange, während die Hilfsorganisation Rojava die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln stellt.

Die Demokratisch-Autonome Selbstverwaltung und die zu ihr gehörigen Organisationen haben einen Aufruf zur Versorgung der großen Zahl von Schutzsuchenden gemacht, allerdings kam weder eine Antwort der Vereinten Nationen oder Hilfsorganisationen noch wird ausreichend Hilfe geleistet.

Das Camp Ebû Xeşeb

Der Zivilrat von Dêra Zor gründete am 17. Oktober etwa 70 Kilometer nördlich der Großstadt das Camp Ebû Xeşeb. Die Anzahl der Zelte, die dort zur Verfügung stehen, ist aufgrund eines Sandsturms von 450 auf nur noch 305 gesunken. In dem Camp befinden sich 320 Familien, die überwiegend aus Frauen und Kindern bestehen und aus Bûkemal, Meyadîn, Raqqa und Aleppo kommen. Nach Angaben der Lagerleitung sind es insgesamt etwa 1500 Menschen. Auch hier wird beklagt, dass internationale Organisationen keine Unterstützung leisten und es an Lebensmitteln und Zelten fehle. Um die Gesundheit kümmert sich auch hier Heyva Sor a Kurdistanê.

Das Camp El Keramê

Mit der am 5. Oktober begonnenen Offensive „Zorn des Euphrat“ der QSD begann der IS, immer häufiger Zivilist*innen als Schutzschilde zu verwenden. Die QSD öffneten Sicherheitskorridore, um die Zivilbevölkerung zu schützen. Die geretteten Zivilist*innen wurden im Camp El Keramê im Südwesten von Hesekê versorgt. Es befinden sich im Camp immer noch 10.000 Schutzsuchende, die von der Hilfsorganisation Rojava mit Nahrungsmitteln, Unterkunft und Bildung versorgt werden.

Das Camp Roj

Wie auch in anderen Regionen Syriens sind in Nordsyrien Städte zum Angriffsziel von Gruppierungen wie dem IS, Ahrar al Şam und Jabhat al Nusra geworden. Insbesondere aus Til Hemis und Til Berak wurden Tausende Menschen vertrieben. Am 25. Februar 2015 wurde daher in der Region Dêrik das Camp Roj gegründet. Nachdem die Menschen nach der Befreiung von Til Hemis und Til Berak durch die YPG und YPJ wieder zurückkehren konnten, wurde das eigentlich provisorische Camp für Tausende Flüchtlinge aus Mossul und verschiedenen syrischen Städten erweitert.

Das Camp Roj befindet sich auf dem Weg zum Dorf Zehiriye etwa drei Kilometer außerhalb von Dêrik. Das Camp wird vom Rat für gesellschaftliche Arbeiten geleitet und besteht aus 500 Zelten. Im Moment leben dort 500 Familien aus Mossul, 221 Familien sind nach der Befreiung Mossuls wieder zurückgekehrt.

In dem sehr beengten Camp Roj wird die Stromversorgung von der Demokratisch-Autonomen Selbstverwaltung betrieben. Im Camp gibt es zwei Gesundheitszentren, eines von Heyva Sor a Kurdistanê und eines vom IRC. Weiterhin sind im Camp der UNHCR, das NRC, das IRD und UNICEF vertreten.

Die Stiftung der Freien Frau Rojava (WJAR) bietet Frauen Fortbildungen zu den Themen Handarbeiten und Gesundheit an. Außerdem wurde eine mit Heyva Sor a Kurdistanê koordinierte Ausbildung zur Krankenpflege eingerichtet. Im Camp befindet sich auch eine Schule, in der die irakischen Geflüchteten mit irakischem Schulmaterial versorgt werden.

Das Camp Newroz

Das Camp Newroz ist im Mai 2014 in der Umgebung von Dêrik in Hekimiye von der Autonomen Selbstverwaltung und Heyva Sor a Kurdistanê errichtet worden. Es befinden sich dort vor allem Schutzsuchende aus Dêra Zor, Homs und Aleppo. In dem Camp wurden von der Eröffnung bis 2017 etwa 125.000 Schutzsuchende versorgt. Allein im letzten Jahr waren dort 50.000 Menschen aus Homs und Dêra Zor untergebracht. Nach dem Massaker von Şengal am 3. August 2014 war das Camp zum Friedhof „Şehit Xebat Dêrik“ bei Dêrik umgezogen. In dem Camp befinden sich zurzeit 200 Zelte mit etwa 100 Flüchtlingen, vor allem aus Şengal und 15 Familien aus Aleppo und Homs.

Verglichen mit den anderen Camps ist die Situation hier besser und es gibt ein vom Êzîdischen Gründungsrat aufgebautes Gesundheitszentrum, das zusammen mit Heyva Sor a Kurdistanê Gesundheitsdienste anbietet. Im Camp gibt es eine Kultur- und Kunsteinrichtung, eine Schneiderei, eine Schule, ein Zentrum des Gründungsrats, ein Volkshaus, ein Bildungszentrum der Frauenstiftung, einen Êzîdischen Frauenrat und einen Êzîdischen Jugendrat. Nachdem der Êzîdische Gründungsrat aufgebaut worden war, haben die Flüchtlinge 32 Kommunen gebildet und organisieren so ihr tägliches Leben. In der Schule des Camps arbeiten zwanzig Lehrer*innen, die über 300 Schüler*innen unterrichten.

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