12. September 2017 · Kommentare deaktiviert für „Neue Sammelabschiebung nach Kabul geplant?“ · Kategorien: Afghanistan, Deutschland · Tags:

DW | 11.09.2017

Nach längerer Pause sollen offenbar wieder Flüchtlinge nach Afghanistan abgeschoben werden. Wie Menschenrechtler berichten, sollen sie aus mehreren Bundesländern kommen.

Seit dem Anschlag vom 31. Mai in Kabul, bei dem die deutsche Botschaft schwer beschädigt worden war, hatte es keine so genannten Sammelabschiebungen mehr gegeben. Nach Angaben des Flüchtlingsrats NRW sollen jetzt wieder mindestens zwölf Menschen in die afghanische Hauptstadt Kabul geflogen werden. Sie kommen aus Nordrhein-Westfalen, Bayern und Hamburg und sollen am Dienstagabend von Düsseldorf aus starten.

Das Landesministerium für Flüchtlinge und Integration in Nordrhein-Westfalen äußerte sich nicht zu den Angaben. Informationen, dass auch ein Passagier aus Hessen an Bord sein soll, wurden vom Innenministerium in Wiesbaden als falsch bezeichnet.

Afghanische Regierung will kooperieren

Die afghanische Regierung hat zugesagt, Afghanen unkompliziert zurückzunehmen, die wegen eines abgelehnten Asylantrags ausgewiesen werden. Hilfsorganisationen lehnen dies grundsätzlich ab, weil sie die Situation am Hindukusch für lebensgefährlich halten: „Die Sicherheitslage dort lässt befürchten, dass die abgeschobenen Menschen einer enormen Gefahr ausgesetzt werden“, sagte eine Sprecherin des Flüchtlingsrates.

Nach deutschem Recht darf niemand abgeschoben werden, wenn in der Heimat sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner „Rasse, Religion, Nationalität oder politischen Überzeugung“ bedroht sind oder ihn Folter oder die Todesstrafe erwarten. Nach Ansicht der Bundesregierung ist das jedoch nicht in allen Regionen Afghanistans der Fall. Mehr als 100 abgelehnte Asylbewerber wurden bislang zurückgeschickt.

Kritik der Opposition

Oppositionspolitikerinnen von Linken und Grünen griffen Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) scharf an. Die Linken-Innenexpertin Ulla Jelkpe nannte das Vorhaben eine „menschenrechtliche Kapitulationserklärung“. De Maizière gehe es allein darum, „vor der Bundestagswahl noch ein Zeichen zu setzen“.

Die Grünen-Flüchtlingsexpertin Luise Amtsberg warnte davor, Abschiebung für den Wahlkampf zu misszubrauchen. „Im Machtkampf mit der CSU um den Posten des Innenministers“ wolle sich de Maizière „als der noch schwärzere Sheriff präsentieren“ und gefährde damit Menschenleben.

uh/ml (dpa)

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Pressemitteilung des Bayerischen Flüchtlingsrats | 11.09.2017

Abschiebeflieger nach Afghanistan stoppen!

Am morgigen Dienstag sollen erneut 12 abgelehnte Asylbewerber nach Afghanistan abgeschoben werden / Flüchtlingsrat: „Abschiebeflug innenpolitisch motiviert“
Knapp zwei Wochen vor der Bundestagswahl soll der nächste Sammelcharterflug mit abgelehnten Asylbewerbern nach Afghanistan starten. Am morgigen Dienstag, den 12.09.2017 startet der Flug vom Düsseldorfer Flughafen aus mit voraussichtlich 12 Flüchtlingen und ca. 40 Bundespolizist*innen an Bord. Dabei hat sich die Sicherheitslage in Afghanistan in den letzten Wochen und Monaten sogar noch verschlechtert. Bombenanschläge und Übergriffe auf die Zivilbevölkerung sind in allen Landesteilen an der Tagesordnung.

Das Bundesinnenministerium ist ob der schlechten Sicherheitslage so sehr in Sorge um Polizeibeamt*innen, die Abschiebeflüge begleiten, dass sie das Flughafengebäude nicht verlassen dürfen und mit dem nächsten Flug umgehend nach Deutschland zurückfliegen müssen.

„Dieser Abschiebeflug kurz vor der Bundestagswahl ist offensichtlich innenpolitisch motiviert. Bundesinnenminister Thomas de Maizière scheint jetzt noch einmal richtig Härte beweisen zu wollen, um den rechten Rand geschlossen zu halten und keine Stimmen an die AfD zu verlieren. Der Bayerische Innenminister Joachim Herrmann, der als CSU-Spitzenkandidat gerne nach Berlin und de Maizière beerben will, hilft natürlich gerne mit und steuert die Hälfte der Abzuschiebenden aus Bayern bei“, kritisiert Alexander Thal, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats. „Die Sicherheitslage in Afghanistan ist jedoch extrem schlecht, Abschiebungen sind deshalb buchstäblich lebensgefährlich und nicht zu verantworten!“

Anlässlich der Sammelabschiebung nach Afghanistan finden in mehreren Städten Kundgebungen für ein Bleiberecht für afghanische Flüchtlinge statt, darunter in Köln, Dortmund, Göttingen, Frankfurt, und natürlich am Düsseldorfer Flughafen: www.facebook.com/events

Bei Rückfragen und Interviewwünschen wenden Sie sich bitte an:

Alexander Thal | Mobil: 0151-50114864

Auch in Hamburg 17-19 Uhr auf dem Rathausmarkt:

https://www.facebook.com/events

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