09. Februar 2017 · Kommentare deaktiviert für „Abschiebungen sollen beschleunigt werden“ · Kategorien: Deutschland · Tags: ,

Zeit Online | 09.02.2017

Anreize für freiwillige Rückkehrer, Bundesausreisezentren – wie werden Abschiebungen effektiver? Darüber beraten Bund und Länder bei einem Treffen. Es gibt Widerstand.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder wollen bei einem Gipfel im Kanzleramt am heutigen Donnerstag einen 16-Punkte-Plan zur effizienteren Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern besprechen. Dieser sieht etwa den Aufbau eines gemeinsamen Abschiebezentrums sowie finanzielle Anreize bei freiwilliger Ausreise vor.

In dem siebenseitigen Beschlussvorschlag wird auch der Aufbau eines „gemeinsamen Zentrums“ von Bund und Ländern „zur Unterstützung der Rückkehr“ innerhalb von drei Monaten vorgeschlagen. Es soll „der operativen Abstimmung zwischen Bund und Ländern zu Rückkehr- und Rückführungsfragen“ dienen, heißt es in dem Dokument. Bund und Länder wollen in Zukunft verstärkt vermeiden, dass Ausreisepflichtige vor der Abschiebung untertauchen.

Auch soll über die Zuständigkeiten gesprochen werden. Abschiebungen liegen bisher in der Verantwortung der Länder. Der Bund will prüfen, ob er dabei unterstützen kann. „Einen Mehrwert könnten insbesondere Bundesausreisezentren schaffen, die den Ländern eine Verantwortungsübergabe für die letzten Tage oder Wochen des Aufenthalts von Ausreisepflichtigen ermöglicht“, heißt es dazu in dem Papier.

Lob und Kritik für den Maßnahmenkatalog

Die Reaktionen auf den 16-Punkte-Plan fallen unterschiedlich aus. Die neue Chefin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf), Jutta Cordt, sprach sich im Handelsblatt für eine stärkere Zentralisierung im Asylverfahren aus: „Wenn unterschiedliche Behörden zuständig sind, ist jede Schnittstelle eine Herausforderung für das ganzheitliche Verfahren.“

Gegen die Vorschläge von Bund und Ländern formiert sich auch Widerstand, etwa von Seiten der Menschenrechtsorganisation Pro Asyl. „Das ist deswegen problematisch, weil beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Eilverfahren unter Missachtung von Standards durchgeführt werden“, sagte der Geschäftsführer Günter Burkhardt.
Bei der Ablehnung von Asylanträgen gebe es bereits heute viele Fehlentscheidungen. Burkhardt warnte besonders vor Rückkehrprogrammen mit Syrien, Afghanistan, Eritrea oder dem Irak. Für Flüchtlinge aus diesen Ländern gebe es eine hohe Schutzwürdigkeit. Auch eine Vermischung von Bundes- und Länderkompetenzen bei Abschiebungen sei problematisch.

Rechtstaatlichkeit achten

Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) ist skeptisch. „Wir sollten uns davor hüten, unsere Werte und Rechtsauffassung durch politischen Aktionismus zu opfern, nur um einige Tausend Menschen ohne Bleibeperspektive vielleicht einige Wochen schneller aus dem Land zu bekommen“, sagte GdP-Chef Jörg Radek. Rechtsstaatlichkeit sei wichtig.

Auch Sprecher des Landes Baden-Württemberg dringen auf Nachbesserungen des Plans. Sie schlagen etwa eine bundeseinheitliche Definition des Begriffs „Gefährder“ vor. Große Bedenken äußerte die rheinland-pfälzische Integrationsministerin Anne Spiegel (Grüne) gegen Bundesausreisezentren für bestimmte Asylsuchende. „Wir halten das für kein geeignetes Konzept“, sagte sie. „Was wir wirklich brauchen, sind schnellere Entscheidungen seitens des Bamf.“

Die Zahl der Abschiebungen aus Deutschland war innerhalb eines Jahres von 20.888 auf 25.375 gestiegen. Laut einem Bericht der Welt sind die ausreisepflichtigen Ausländer sehr unterschiedlich auf die Bundesländer verteilt. Die Zeitung beruft sich auf eine Auflistung des Bamf. Von den 207.484 Betroffenen, die Ende 2016 in Deutschland lebten, entfielen demnach 62.906 auf das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen. In dem nach der Einwohnerzahl zweitgrößten Bundesland Bayern lebten nur 16.587 Ausreisepflichtige – nicht viel mehr als in Berlin.

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