21. Oktober 2016 · Kommentare deaktiviert für „Angriff auf Flüchtlingsboot im Mittelmeer“ · Kategorien: Libyen, Mittelmeerroute · Tags: ,

Quelle: nd

Hilfsorganisation »Sea Watch« wollte Menschen von überfülltem Boot retten / Mindestens vier Tote und bis zu 25 Vermisste / Linke und grüne Europaabgeordnete fordern Aufklärung und Schutz für zivile Retter

Rom. Bei einem bewaffneten Angriff auf ein Flüchtlingsboot vor der Küste Libyens sind nach Angaben einer deutschen Hilfsorganisation in der Nacht zum Freitag mindestens vier Menschen getötet worden. 15 bis 25 weitere Flüchtlinge würden noch vermisst, sagte ein Sprecher der Organisation »Sea-Watch« der Nachrichtenagentur AFP in Rom. Demnach kamen die Angreifer mit einem Schiff mit Abzeichen der libyschen Küstenwache in der Nacht zu Freitag zu dem Flüchtlingsboot, von dem die Helfer gerade versuchten, Flüchtlinge zu retten. Sie schlugen mit Knüppeln auf die Flüchtlinge ein, daraufhin seien viele Flüchtlinge ins Wasser gestürzt und ertrunken. Der Nachrichtenagentur epd zufolge seien auch Menschen ins Meer geworfen worden.

Das deutsche Rettungsschiff »SeaWatch2« einer privaten Hilfsinitiative, das im Mittelmeer zur Rettung von Flüchtlingen unterwegs ist, war demnach von der italienischen Küstenwache zu Hilfe gerufen worden. Es ging nach Angaben von »Sea-Watch« um ein völlig überladenes Schlauchboot mit etwa 150 Flüchtlingen an Bord, das sich etwa 14 Seemeilen vor der libyschen Küste in internationalen Gewässern befunden habe. Ein von der Küstenwache umgeleiteter Öltanker habe die Rettungsaktion abgesichert.

Die Mannschaft der Sea Watch habe dann begonnen, Schwimmwesten an die Flüchtlinge auszugeben, berichtete der Sprecher der Organisation weiter. Doch dann seien die nervös wirkenden Männer auf einem Schiff mit Zeichen der libyschen Küstenwache aufgetaucht, die nur Arabisch gesprochen und versucht hätten, den Motor des Flüchtlingsbootes zu stehlen. Mit Knüppeln hätten sie auf die Flüchtlinge eingeschlagen, einige von ihnen seien an Bord des Schlauchbootes gegangen und daraufhin sei Panik unter den Flüchtlingen ausgebrochen. Die meisten Flüchtlinge seien daraufhin ins Wasser gestürzt.

Bereits im August gabe es vor der Libyschen Küste einen Angriff auf ein Rettungsschiff der Hilfsorganisation »Ärzte ohne Grenzen« bei dem auch Schüsse abgegeben wurden. Laut dem nd-Redakteur Sebastian Bähr, der vor kurzem noch selbst an Bord des Schiffs einer Hilforganisation war, gab es aus diesem Grund bereits erhöhte Sicherheitsvorkehrungen auf allen auf dem Mittelmeer verkehrenden Rettungsschiffe.

Eigenen Angaben zufolge konnte die Sea-Watch-Mannschaft 120 Flüchtlinge retten, vier Menschen konnten nur noch tot geborgen werden. Allerdings sahen die Helfer noch zwischen 15 und 25 Körper im Wasser, die sie nicht an Bord holen konnten. Dem Sprecher der Organisation, Ruben Neugebauer, zufolge war das angegriffene »Sea Watch«-Schiff am Nachmittag nach wie vor im Einsatz und auf der Suche nach Überlebenden.

Für Neugebauer zeige der aktuelle Vorfall ein weiteres Mal, dass die Lösung der »Migrationskrise« nicht in Vereinbarungen mit Milizen instabiler Staaten liege. »Heute wurde sehr genau deutlich, wie die Flüchtlingsabwehr zu Toten führt. Die europäische Migrationspolitik muss sich fragen, mit wem sie kooperiert und statt auf Abschottung zu setzen, endlich sichere und legale Fluchtrouten schaffen.«, so Neugebauer gegenüber dem »nd«.

Die Europaabgeordnete Cornelia Ernst (LINKE) forderte eine umfassende Aufklärung des Vorfalls auch mit Hilfe der Europäischen Union. Die Toten müssten rasch geborgen, die Täter identifiziert werden. Das sollte angesichts der in den vergangenen Jahren stetig ausgebauten Überwachung des Mittelmeers – etwa durch das EUROSUR-System – möglich sein. Zudem sprach sich auch Ernst für legale und sichere Wege nach Europa aus. »Wir dürfen dem Massensterben im Mittelmeer nicht länger zusehen. Wir haben das Geld und die Kraft, die Menschen wenigstens vor dem Ertrinken zu bewahren«, so Ernst gegenüber »nd«.

Ska Keller, migrationspolitische Sprecherin der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament sieht den Vorfall als Folge des Drucks von seiten der EU und der EU-Staaten auf die libysche Regierung. »Wer will, dass die Grenze dicht gemacht wird, muss sich darüber im Klaren sein, dass dies nicht ohne Konsequenzen bleibt«, sagte Keller dem »nd«. Sie forderte die EU auf, Partnern wie Libyen gegenüber deutlich zu machen, dass Menschenrechte eingehalten werden müssten. Zivile Organisationen, deren Helfer unter Einsatz ihres Lebens, Flüchtlinge retten, müssten zudem geschützt werden.

Erst im August diesen Jahres hatte die EU-Militäroperation EUNAVFOR eine Vereinbarung zur Ausbildung der libyschen Küstenwache beschlossen. Unter dem Namen »Operation SOPHIA« verfolgt sie nach eigenen Angaben das Ziel »Schlepperringe« zu zerschlagen. Ob die Einheit, die den Rettungseinsatz der SeaWatch2 angriff die Ausbildung, an der auch die deutsche Marine beteiligt ist bereits erhalten hatte, ist derzeit noch unklar.

Bereits am Donnerstag wurden vor der libyschen Küste rund 1400 Menschen aus dem Mittelmeer gerettet. Das von der Organisation Ärzte ohne Grenzen betriebene Rettungsschiff »Argos« griff 802 Menschen von sechs Schlauchbooten und einer Holzbarke auf, wie die italienische Küstenwache mitteilte. Auch das Schiff »Responder« der Hilfsorganisation Moas war mit 432 Flüchtlingen wesentlich an den Rettungsaktionen beteiligt. Auch vor der Küste Zyperns wurden unterdessen nach Behördenangaben am Freitag mehr als 80 Flüchtlinge gerettet. Demgegenüber stehen 3650 Menschen, die den Vereinten Nationen zu Folge allein dieses Jahr beim Versuch das Mittelmeer zu überqueren starben. nd mit Agenturen

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siehe auch: 20 Minuten

Tote durch Angriff auf Flüchtlingsboot

Mit Knüppeln haben Angreifer vor der Küste Libyens auf Flüchtlinge eingeschlagen. Eine deutsche Hilfsorganisation war dabei, die Menschen zu retten.

Bei einem bewaffneten Angriff auf ein Flüchtlingsboot vor der Küste Libyens sind nach Angaben einer deutschen Hilfsorganisation mindestens vier Menschen getötet worden. 15 weitere würden noch vermisst, teilte die Organisation Sea-Watch in Rom mit.

Demnach kamen die Angreifer auf einem Schiff mit Abzeichen der libyschen Küstenwache in der Nacht zum Freitag zu dem Flüchtlingsboot, von dem die Helfer gerade versuchten, Flüchtlinge zu retten. Sie schlugen mit Knüppeln auf die Flüchtlinge ein, daraufhin seien viele Flüchtlinge ins Wasser gestürzt und ertrunken.

Italienische Küstenwache forderte Hilfe an

Das deutsche Rettungsschiff Sea-Watch 2 einer privaten Hilfsinitiative war demnach von der italienischen Küstenwache zu Hilfe gerufen worden.

Es ging nach Angaben von Sea-Watch um ein völlig überladenes Schlauchboot mit etwa 150 Flüchtlingen an Bord, das sich rund 14 Seemeilen vor der libyschen Küste in internationalen Gewässern befunden habe. Ein von der Küstenwache umgeleiteter Öltanker habe die Rettungsaktion abgesichert.

Die Mannschaft von Sea-Watch habe begonnen, Schwimmwesten an die Flüchtlinge auszugeben, berichtete der Sprecher der Organisation weiter. Doch dann seien die nervös wirkenden Männer auf einem Schiff mit Zeichen der libyschen Küstenwache aufgetaucht, die nur Arabisch gesprochen und versucht hätten, den Motor des Flüchtlingsbootes zu stehlen.

Menschen stürzten ins Wasser

Mit Knüppeln hätten sie auf die Flüchtlinge eingeschlagen, einige von ihnen seien an Bord des Schlauchbootes gegangen und daraufhin sei Panik unter den Flüchtlingen ausgebrochen. Die meisten Flüchtlinge seien daraufhin ins Wasser gestürzt.

Den Angaben zufolge konnte die Sea-Watch-Mannschaft 120 Flüchtlinge retten, vier Menschen konnten nur noch tot geborgen werden. Allerdings sahen die Helfer nach eigenen Angaben noch zwischen 15 und 25 Körper im Wasser, die sie nicht an Bord holen konnten.

Die italienische Küstenwache bestätigte gegenüber AFP die Rettung von 120 Flüchtlingen in der Nacht durch das Schiff Sea-Watch 2. Über die Umstände konnte die italienische Küstenwache keine Auskunft geben.

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