11. Juli 2015 · Kommentare deaktiviert für „Täglich kommen 1000 Flüchtlinge nach Griechenland“ · Kategorien: Griechenland

Quelle: Telepolis

UNHCR: „Europäische Unterstützung in Griechenland dringend nötig“

von Florian Rötzer

4 Millionen Syrer haben wegen des Kriegs ihr Land verlassen, 7,6 Millionen gelten als Binnenflüchtlinge (UNHCR zählt mehr als vier Millionen Syrien-Flüchtlinge). Damit ist die Hälfte der Bevölkerung in Bewegung. Die meisten Flüchtlinge haben in den Nachbarländern Schutz gesucht und gefunden, v.a. die Türkei, der Libanon und Jordanien.

Am schwersten zu tragen hat der Libanon, aus dem allerdings die Hisbollah direkt an den Kämpfen für das vom Iran gestützte Assad-Regime teilnimmt. In das Land mit 4,4 Millionen Einwohnern (Weltbank für 2014) sind 1,2 Millionen Syrer geflohen. Damit hat das Land den höchsten Anteil von Flüchtlingen. Man stelle sich vor, was in Deutschland geschehen würde, wenn hierher innerhalb kurzer Zeit 20 Millionen Flüchtlinge kommen würden – oder in der EU, wenn sie mehr als 100 Millionen aufnehmen würde. Schon jetzt brennen in Deutschland wieder Asylantenheime und kann mit Flüchtlingsabwehr politisches Kapital geschlagen werden. Die EU mit mehr als 500 Millionen Einwohnern tut sich schon schwer, nur 60.000 Flüchtlinge auf alle Mitgliedsländer gerecht zu verteilen.

Griechenland soll nun liefern und sich strengen Sparauflagen unterwerfen, um Solidarität der 18 übrigen Eurozonenländer in Form von Krediten als würdig zu erweisen. Mitleidlos verweigern aber viele der schärfsten Kritiker Griechenlands nicht nur den Flüchtlingen Hilfe, man hört auch wenig davon, wie sie dem Land helfen wollen, das ausgerechnet in der Krise mit einem wachsendem Flüchtlingsstrom konfrontiert wird. Beispiel Slowakei: 2014 wurde dort gerade einmal 14 Menschen Asyl gewährt, 2015 bislang 5. Der Vorschlag der EU-Kommission, Flüchtlinge zu verteilen, die Slowakei war für 785 vorgesehen, wurde von Regierung und Opposition abgelehnt. In Bratislava demonstrierten 5000 Menschen gegen das „Diktat“ von Brüssel.

Protest entzündet sich jetzt an der bilateralen Vereinbarung mit Österreich, 500 Flüchtlinge aus dem überfüllten Lager Traiskirchen vorerst für 2 Jahre aufzunehmen. Sie sollen in der Slowakei nur betreut werden, die Asylverfahren werden weiterhin in Österreich laufen, es gäbe also keine Gefahr einer dauerhaften Einwanderung. Österreich übernimmt die Betreuungskosten, das sei, so Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) in Richtung der stärker gewordenen FPÖ-Wählerschaft, „unter dem Strich billiger“. Eines der Probleme ist, dass die 500 Flüchtlinge in einem Gebäude in dem 5000-Einwohner-Städtchen Gabčíkovo nahe der Grenze zu Österreich untergebracht werden sollen, anstatt sie zu verteilen. Das sorgt bei den Bewohnern erwartungsgemäß für Widerstand, vielleicht ist das ja auch gewollt. Insgesamt ist ein bisschen Bewegung ins Spiel gekommen, so wollen Tschechien und Polen nach dem Treffen am Donnerstag nun doch Flüchtlinge aufnehmen, wenn auch nicht so viele, wie von der EU-Kommission vorgeschlagen wurde.

Griechenland wird es nicht viel helfen, wenn es ein paar Flüchtlinge verteilen kann. Nach UNHCR kommen täglich 1000 Flüchtlinge nach Griechenland, das mittlerweile das Ziel der meisten Einwanderer ist und Italien abgelöst hat. Seit Anfang des Jahres seien 77.000 Menschen über das Mittelmeer von der Türkei vor allem auf die Inseln eingewandert, 60 Prozent sind Syrer, der Rest kommt aus anderen Krisengebieten, aus Afghanistan, Irak, Eritrea und Somalia. Über die Türkei kommen weitere Menschen auf dem Landweg nach Griechenland. Zwar hat Griechenland wie die übrigen Nato-Länder einen Anteil an der Verursachung der Krisen, aber es muss nach dem Dublin-II-Abkommen jetzt unverhältnismäßig viel leisten, während sich andere EU-Staaten einen schlanken Fuß machen. „Eine Reaktion seitens Europa ist dringend notwendig, bevor sich die Lage noch weiter verschlechtert“, so UNHCR.

Das Land sei von der Zahl der Flüchtlinge völlig überfordert, warnt die UNHCR, zumal seit der Bankenschließung schlicht das Geld ausgeht. Die lokale Bevölkerung wird gelobt, weil sie die Flüchtlinge unterstützt, allerdings kann man nicht übersehen, dass rechtsextreme Bewegungen und Parteien wie die Goldene Morgenröte von der Flüchtlingskrise profitieren, während die übrigen EU-Staaten weder Griechenland selbst noch den Flüchtlingen im Land helfen. Dazu strahlt die Flüchtlingsproblematik in andere Länder wie Serbien, Ungarn, Mazedonien oder Montenegro aus. In Griechenland wurde bereits eine „Mauer“ gebaut, in Ungarn wurde dies beschlossen, die Ausländerfeindlichkeit nimmt zu, was wiederum den rechten Parteien dient.

Kommentare geschlossen.