03. Juli 2015 · Kommentare deaktiviert für Migration & Bevölkerung – Ausgabe Juni 2015 erschienen · Kategorien: Lesetipps

Migration & Bevölkerung | Newsletter 04/15 | pdf-Ausgabe

17 Jahre Newsletter „Migration und Bevölkerung“ – eine Ära geht zu Ende?!

Wir sagen (vorerst) Tschüss und auf Wiedersehen. Seit Anfang 1998 gibt es unseren Newsletter, der in den letzten Jahren regelmäßig mit etwa zehn Ausgaben pro Jahr erschienen ist. Am Lehrstuhl für Bevölkerungswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin gegründet, wurde er seit Juli 2002 von der Bundeszentrale für politische Bildung gefördert. Diese Förderung läuft mit dieser Ausgabe aus. Noch ist die Frage einer Anschlussfinanzierung nicht endgültig geklärt, sobald diese steht, werden wir Sie als erste darüber benachrichtigen. Nun möchten wir uns zunächst ganz herzlich für Ihre Treue und Unterstützung bedanken!


Wenn die Vereinten Nationen von Rassismus sprechen – und Deutschland nicht

Im Mai wurde die Anti-Rassismus-Politik Deutschlands durch die internationale Gemeinschaft umfassend beleuchtet. Die Bundesregierung hatte dem Anti-Rassismus-Ausschuss der Vereinten Nationen in Genf ihren turnusgemäßen Staatenbericht zur Umsetzung des internationalen Übereinkommens gegen rassistische Diskriminierung vorgelegt. Obwohl der Ausschuss diesbezüglich auf akute gesellschaftliche Problemlagen hingewiesen hat, fristet das Übereinkommen auch fast ein halbes Jahrhundert nach dessen Unterzeichnung in Deutschland ein Schattendasein. Was hat das Schweigen über die Anti-Rassismus-Konvention hierzulande mit dem allgemeinen gesellschaftlichen Schweigen über Rassismus zu tun? Ein Kommentar.

Arbeitsmarktintegration zugewanderter Ärzte und Krankenpfleger: Integrative Arbeitsplätze wichtig

Im Hinblick auf den zunehmenden Fachkräftebedarf in Deutschland wird verstärkt auf die Arbeitsmarktöffnung und eine aktive Anwerbepolitik im Ausland gesetzt. Insbesondere im stark vom Fachkräftemangel betroffenen Gesundheitssektor gilt es, ausländischen Fachkräften den Zugang zu erleichtern und ihre Arbeitsmarktintegration zu fördern. Dass für eine erfolgreiche Integration der zugewanderten Fachkräfte auch die Erfahrungen am Arbeitsplatz von großer Bedeutung sind, geht aus einer aktuellen Studie im Rahmen des europäischen Projekts WORK->INT hervor, die sich auf Feldforschung an zwei Hamburger Krankenhäusern stützt.

Großstädte sind Zuwanderungsmagneten

Großstädte sind für Zuwanderer besonders attraktiv. Wie Daten des Mikrozensus 2013 belegen, ist in einigen der bevölkerungsreichsten Städte Deutschlands ein besonders hohes Wachstum der Bevölkerung mit Migrationshintergrund zu verzeichnen. Die Bevölkerung ohne Migrationshintergrund wächst in vielen deutschen Städten hingegen nur langsam, stagniert oder schrumpft.

EU-Migrationsagenda: Ein Quotensystem für Europa?

Am 13. Mai hat die Europäische Kommission eine neue Europäische Migrationsagenda veröffentlicht. Die langfristig strategisch ausgerichtete Agenda versucht als Reaktion auf die Krisensituation im Mittelmeer, drängende Fragen zu beantworten, und formuliert Vorschläge für Sofortmaßnahmen und Richtlinien für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU). Während die EU-Kommission unter den Mitgliedstaaten um Zustimmung für ein solidarisches Handeln wirbt, fühlen diese sich in ihrer Souveränität eingeschränkt. Internationale Organisationen prangern die Militarisierung der Außengrenzen an.

Interview: „Das Resettlement-Programm der EU-Kommission wird sich nicht durchsetzen.“

J. Olaf Kleist ist Politikwissenschaftler und zurzeit Research Fellow der Deutschen Forschungsgesellschaft (DFG) am Refugee Studies Centre der Universität Oxford. Er ist Gründer des Netzwerks Flüchtlingsforschung und Ko-Koordinator des DFG-Netzwerks „Grundlagen der Flüchtlingsforschung“. Migration und Bevölkerung hat mit ihm über die Rolle von Resettlement-Programmen im internationalen Flüchtlingsschutz gesprochen.

Studie: Unterbindung irregulärer Migration im Mittelmeerraum erfordert verstärkten Blick auf die Herkunftsländer

Migrationsbewegungen werden häufig vor allem aus der Perspektive der Zielländer betrachtet. Damit wird die Komplexität der Faktoren, die die Wanderungsentscheidung beeinflussen, ebenso wenig berücksichtigt wie die Migrationsrouten und die Bandbreite der beteiligten Akteure. Eine aktuelle Studie will diese Lücke schließen.

Mit Karten argumentieren: Ein machtvolles Instrument der Migrationskontrolle – und für den Widerstand dagegen

Visuelle Darstellungsformen wie Karten werden im Zusammenhang mit Migration oft als Nebenprodukte oder Illustrationen behandelt. Dabei prägen auch sie den Diskurs über Migration und werden von verschiedenen Akteuren instrumentalisiert. Auf der einen Seite versuchen Akteure des Migrationsmanagements politische Maßnahmen zur Migrationssteuerung und -kontrolle mit Karten zu legitimieren, während auf der anderen Seite neue Akteure auftreten, die Grenzschützern unterlassene Hilfeleistung bei Schiffen in Seenot vorwerfen und ihre eigenen visuellen Darstellungen von Migration erzeugen.

Flüchtlingskrise in Südostasien spitzt sich zu

Die Zahl der Bootsflüchtlinge in Südostasien nimmt zu. Viele von ihnen treiben wochenlang auf dem Meer, weil sich die meisten Staaten in der Region dagegen wehren, die Flüchtlinge aufzunehmen. Eine dauerhafte Lösung der Krise ist bislang nicht in Sicht. Daran änderte auch ein von der thailändischen Regierung kurzfristig einberufener Flüchtlingsgipfel Ende Mai in Bangkok nur wenig.

Bundesverwaltungsgericht erhöht Anforderungen bei Ermessenseinbürgerung

Ausländer, die einen Antrag auf eine Ermessenseinbürgerung nach § 8 Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) stellen, müssen auch den Lebensunterhalt von im Ausland lebenden Familienangehörigen sichern können, um eingebürgert zu werden. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am 28. Mai entschieden.

Grundrechte-Report kritisiert Ausländer- und Asylrecht

„Die Abwehr von Migrantinnen und Migranten ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen“, vor allem auch, weil „das geltende Ausländer- und Asylrecht … strukturelle und institutionelle Ausländerfeindlichkeit in sich“ trägt. Zu dieser Ansicht sind die Humanistische Union, Pro Asyl, das Komitee für Grundrechte und Demokratie, die Internationale Liga für Menschenrechte, die Neue Richtervereinigung und drei weitere juristische Fachorganisationen in dem von ihnen herausgegebenen Grundrechtereport 2015 gekommen.

Studie: EU-weit größter Bearbeitungsstau bei Asylanträgen

Durchschnittlich 7,1 Monate dauerte 2014 die Bearbeitung eines Asylantrags durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie der Bertelsmannstiftung. Insgesamt wurden 2014 in Deutschland mit 202.645 Asylanträgen mit Abstand die meisten in der EU gestellt.

Migrant Integration Policy Index 2015

Die Integrationspolitik in den meisten Industriestaaten weist erhebliche Schwächen auf. Dies geht aus den ersten Ergebnissen des Migrant Integration Policy Index (MIPEX) 2015 hervor, der seit dem 20. April sukzessive veröffentlicht wird.

Vereinigtes Königreich: Restriktive Migrationspolitik wird fortgesetzt

Der britische Premierminister David Cameron (Konservative) hat sich für seine neue Amtszeit wieder vorgenommen, die Einwanderung ins Vereinigte Königreich deutlich zu verringern. In einer Rede Ende Mai erläuterte er seine Ideen zur Verschärfung der Migrationspolitik.

Schweiz: Pilotprojekt zur Beschäftigung von Flüchtlingen in der Landwirtschaft

Ein auf drei Jahre angelegtes Pilotprojekt zur Beschäftigung von Flüchtlingen und vorläufig anerkannten Asylbewerbern in landwirtschaftlichen Betrieben ist Ende Mai in der Schweiz angelaufen. Das Projekt, eine Kooperation vom Schweizerischen Bauernverband (SBV) und dem Staatssekretariat für Migration (SEM), verfolgt drei Ziele.

Zahl der Binnenflüchtlinge auf Rekordhoch

Aufgrund von Konflikten und Gewalt waren 2014 weltweit mindestens 38 Mio. Menschen innerhalb ihres eigenen Staates auf der Flucht (2013: 33,3 Mio.). Dies geht aus dem am 6. Mai vorgestellten Jahresbericht des Internal Displacement Monitoring Centre (IDMC) hervor.

Burundi: Mehr als 100.000 Menschen auf der Flucht

Im ostafrikanischen Staat Burundi sind nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) aktuell mehr als 100.000 Menschen auf der Flucht vor den anhaltenden Unruhen im Land.

Lateinamerika: Rekord an Rücküberweisungen

Die Rücküberweisungen von lateinamerikanischen Migranten in ihre Herkunftsstaaten haben 2014 neue Rekordwerte erreicht. Dies geht aus Zahlen der Interamerikanischen Entwicklungsbank (IDB) hervor, die Mitte Mai veröffentlicht wurden.

Mexiko/USA: Mehr Abschiebungen unbegleiteter Minderjähriger nach Zentralamerika

Die Zahl der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge an der Grenze zwischen den USA und Mexiko ist nach dem drastischen Anstieg der Jahre 2012 bis 2014 wieder gesunken. Zwischen Oktober 2014 und Februar 2015 wurden dort insgesamt 12.509 unbegleitete Minderjährige aufgegriffen.

Tipp aus der Redaktion: Schule in der Migrationsgesellschaft. Ein Handbuch

Das von Rudolf Leiprecht und Anja Steinbach herausgegebene Handbuch „Schule in der Migrationsgesellschaft“ nimmt die Tatsache zum Ausgangspunkt, dass Migration längst zum Normalfall in modernen Gesellschaften geworden ist, und stellt die Frage, was Schulen und Bildungspolitik im Umgang mit migrationsbedingter Heterogenität leisten können und sollen. Auf 928 Seiten in zwei Bänden gibt es einen umfassenden und aktuellen Überblick über den erziehungswissenschaftlichen Erkenntnisstand zu dieser Thematik.

Tipp aus der Redaktion: „Mobile Commons, Migrant Digitalities and the Right to the City“

In Zeiten von wirtschaftlichen Krisen, strenger Sparpolitik und ihren weitreichenden sozialen wie räumlichen Folgen wird die Perspektive von Migranten in Politik wie Forschung oft ausgeklammert. Vielmehr werden sie immer wieder in politischen und medialen Arenen zu Feinden stilisiert, die für Probleme wie Arbeitslosigkeit oder Kriminalität verantwortlich gemacht werden. Dieser anhaltenden Tendenz hegemonialer Diskurse stellt das internationale Autoren- und Forschertrio eine Perspektive der subalternen Migranten“ im mediterranen Städtedreieck Istanbul-Athen-Nikosia entgegen. Sie verstehen darunter meist in prekären Situationen lebende und als undokumentierte“ oder „sans-papiers“ beschriebene Menschen.

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