19. Mai 2015 · Kommentare deaktiviert für „Flüchtlinge als menschliche Schutzschilde?“ – tagesschau.de · Kategorien: Europa, Italien, Libyen · Tags: , , ,

Boote von Schleppern zu zerstören, ist hoch riskant, meint Kai Küstner. Die EU riskiere damit Menschenleben – sowohl von Migranten als auch von Soldaten. Für die Flüchtlinge wachse die Gefahr, als menschliche Schutzschilde missbraucht zu werden.

Quelle: tagesschau.de

Kommentar zu EU-Plänen Flüchtlinge als menschliche Schutzschilde?

Von Kai Küstner, NDR-Hörfunkstudio Brüssel

„Schiffe versenken“ ist eigentlich ziemlich einfach. Man braucht dafür lediglich:  Zwei Bleistifte, zwei Blatt kariertes Papier und zwei Mitspieler. Schon kann die Partie zu Hause auf der Wohnzimmer-Couch losgehen. Doch in der Wirklichkeit ist das mit dem  Schiffe-Versenken überhaupt nicht einfach: In der Wirklichkeit stehen Menschenleben auf dem Spiel – sowohl von Migranten als auch von Militärs.

EU redet verniedlichend von „Neutralisieren“

Das weiß die EU. Die redet zwar seit gestern lieber verniedlichend von „Neutralisieren“, wenn sie das „Zerstören“ von Schlepperbooten meint. Und verspricht auch, erst einmal ganz sanft loszulegen mit ihrer „Mittelmeer-Militär-Mission“: Indem sie die Menschenschleuser schon mal aus dem Fernrohr beobachtet, so lange sie auf eine Erlaubnis der Vereinten Nationen für eine härtere Gangart warten muss. Doch Schmuggler militärisch zu bekämpfen ist 1. fahrlässig, 2. ein Fehler und 3. ein Feigenblatt.

Nicht mehr als riskante Protzerei

Dass die EU jetzt in der Verlegenheit ist, dringend etwas gegen das Flüchtlingssterben im Mittelmeer unternehmen zu müssen, hat sie sich nämlich selber zuzuschreiben: Sie hat ein bestehendes Seenotrettungsprogramm im vergangenen Jahr bei vollem Bewusstsein so zurechtgestutzt, dass nicht mehr viel von „Rettung“ übrigblieb. Mit den bekannten – fatalen – Folgen. Zum Glück ändert Europa hier gerade den Kurs. Doch dass der Friedensnobelpreis-Träger EU nun parallel dazu auch noch militärisch die Muskeln spielen lassen will, ist nicht viel mehr als Protzerei. Und eine riskante noch dazu.

Es drohen viele Tote

So schwer bewaffnet sind etwa die Islamisten in Libyen, dass sie ein echtes Risiko für europäische Militärs darstellen, wenn die sich zu dicht an die Küste und damit zu dicht ans Chaos heranwagen. Und was die Flüchtlinge betrifft: Kriegsschiffe werden wohl kaum dazu beitragen, das Elend in deren Herkunftsländern zu lindern. Gleichzeitig wächst für sie die Gefahr, von Schleppern als menschliche Schutzschilde missbraucht zu werden, wenn die europäischen Fregatten nahen. In der Realität enden Kriegsspiele à la „Schiffe versenken“ zu oft tödlich. Das sollte Europa sich selbst und den Flüchtlingen ersparen.

Kommentar: Mit Kriegsschiffen gegen Flüchtlingselend
K. Küstner, ARD Brüssel
19.05.2015 02:11 Uhr

Kommentare geschlossen.