08. Mai 2015 · Kommentare deaktiviert für Migration & Bevölkerung – Ausgabe Mai 2015 erschienen · Kategorien: Europa, Lesetipps · Tags: , ,

Migration & Bevölkerung | Newsletter 03/15 | pdf-Ausgabe

Zwischen Fremdenfeindlichkeit und Solidarität: Einstellungen in der Bevölkerung gegenüber Flüchtlingen

In Zeiten steigender Flüchtlingszahlen in Europa und Deutschland nehmen Demonstrationen gegen Not- und Aufnahmeunterkünfte zu, zum Teil kommt es auch verstärkt zu rechtsextremen Angriffen. Statt von einer Wiederkehr der Pogrome der 1990er Jahre sprechen Experten von einer stark polarisierten Gesellschaft und heben das zivilgesellschaftliche Engagement und die weit verbreitete Solidarität gegenüber Flüchtlingen hervor.

Nationale Modelle zur Steuerung von Arbeitsmigration im Vergleich: Von der Schwierigkeit, die „richtigen“ Instrumente zu kombinieren

Die Steuerung von Migration orientiert sich vor allem an den Bedürfnissen der jeweiligen Arbeitsmärkte. Auch in der Europäischen Union dominieren überwiegend nationale Modelle zur Migrationssteuerung. Ausnahme ist hier die EU-weite Regelung zur Blue Card. Das neue Jahresgutachten des Sachverständigenrats für Integration und Migration vergleicht die Modelle der Migrationssteuerung und ihre jeweiligen gesetzlichen Instrumente in Kanada, Schweden, Österreich und Deutschland. Demnach werden reine Formen von humankapital- oder arbeitsmarktorientierten Steuerungsverfahren tendenziell durch neue Mischformen ersetzt.

Deutsche Bevölkerung schrumpft und altert trotz Zuwanderung

Die Bevölkerung Deutschlands wird in den kommenden Jahrzehnten stark altern und selbst bei anhaltender Zuwanderung abnehmen. Dies geht aus der 13. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung hervor, die das Statistische Bundesamt am 28. April vorstellte. Die Zahlen bestätigen einmal mehr, dass Deutschland künftig noch mehr Zuwanderung benötigt, um den Arbeitskräftebedarf und das Sozialstaatsprinzip zu sichern.

Europäische Union: Flüchtlingstragödie löst neue Debatte aus

Im April starben erneut zahlreiche Migranten bei dem Versuch, über das Mittelmeer nach Europa einzureisen. Die EU-Staatschefs reagierten darauf mit umfangreichen Beschlüssen. Das Europäische Parlament, die Vereinten Nationen sowie zahlreiche Flüchtlingsorganisationen halten diese allerdings für zu stark auf die Abwehr von Migranten fokussiert.

„Kein Land kann die Flüchtlingsproblematik alleine lösen“

Das jüngste Flüchtlingsunglück hat Bestürzung und politische Entschlossenheit sowie Kritik an der Grenzschutzpolitik der Europä­ischen Union hervorgerufen. Wir dokumentieren die wichtigsten Reaktionen.

„Wir brauchen sichere, legale Wege für Flüchtlinge nach Europa“ – Perspektiven der EU-Flüchtlingspolitik

Menschenleben würden nicht allein durch die Bekämpfung von Schleusern gerettet. Stattdessen fordert die SPD-Europaabgeordnete und innenpolitische Sprecherin der Sozialdemokraten im Ausschuss für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, Birgit Sippel, eine ausdrückliche Ausweitung des Mandats der Grenzschutzagentur Frontex auf Seenotrettung. Gegenüber „Migration und Bevölkerung“ sprach sie sich zudem für ein europäisches Resettlement-Programm und eine solidarische Verteilung von Asylbewerbern in Europa aus.

„Es ist höchste Zeit, dass sich die EU einen Einwanderungskodex gibt“ – Perspektiven der EU-Flüchtlingspolitik

Die stellvertretende Vorsitzende und migrationspolitische Sprecherin der Grünen im Europäischen Parlament, Ska Keller, hält die EU-Flüchtlingspolitik für „zynisch“ und „unmenschlich“. Den massenhaften „Tod von Flüchtlingen habe man „sehenden Auges in Kauf genommen“, um andere von der Reise über das Mittelmeer abzuhalten, äußerte sie gegenüber „Migration und Bevölkerung“. Der Flüchtlingsschutz und das Recht auf Asyl dürften nicht durch die Abschottungspolitik unterlaufen werden.

„Frontex ist Teil des Problems, nicht der Lösung“ – Perspektiven der EU-Flüchtlingspolitik

Die bisherige Flüchtlingspolitik sei gescheitert, sagte Gabriele Zimmer, Vorsitzende der Linksfraktion GUE/NGL im Europäischen Parlament, gegenüber „Migration und Bevölkerung“. Sie spricht sich für ein Ende der Grenzabschottung sowie für eine geregelte und humane Erstaufnahme von Flüchtlingen aus.

„Die sogenannte Dublin-II-Verordnung muss durch einen europäischen Verteilungsschlüssel ersetzt werden“ – Perspektiven der EU-Flüchtlingspolitik

Die nationalen Regierungen hätten aus den Tragödien auf dem Mittelmeer der vergangenen Jahre nichts gelernt. Das meint Alexander Graf von Lambsdorff, Mitglied der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa (ALDE) und Vizepräsident des Europäischen Parlaments. Gegenüber „Migration und Bevölkerung“ machte er deutlich, dass Seenotrettung und Grenzschutz keinen Widerspruch darstellen würden – vorausgesetzt, das Mandat von Frontex werde entsprechend erweitert.

Widersprüchliche Signale aus Griechenland in Flüchtlingsfragen

Immer mehr Flüchtlinge erreichen die grie­chische Küste. Vor dem Hintergrund der finanziell angespannten Situation kündigte Regierungssprecher Gavriil Sakellaridis an, irreguläre Migranten würden mit den nötigen Papieren zur Weiterreise innerhalb der EU ausgestattet. Anlass zur Nachfrage bei der griechischen Migrationsforscherin Anna Triandafyllidou vom European University Institute in Florenz.

Europäische Asylpolitik nach dem australischen Modell?

Als Reaktion auf die jüngste Flüchtlingstragödie im Mittelmeer hat der australische Regierungschef Tony Abbott Europa zu einem Ausbau des Grenzschutzes geraten und seine Expertise angeboten. Die konservative Regierung Australiens setzt seit ihrem Wahlsieg im September 2013 auf einen harten Abschreckungskurs.

Kenia: Weltweit größtes Flüchtlingslager vor dem Aus?

Nach dem Anschlag auf das University College in Garissa am 2. April mit 147 Toten hat die Regierung in Nairobi angekündigt, das weltweit größte Flüchtlingslager in Dadaab zu schließen. Davon betroffen wären circa 350.000 Flüchtlinge aus dem Nachbarland Somalia.

Schulbuchstudie zur Darstellung von „Migration und Integration“

Das Thema Migration wird in Schulbüchern vorwiegend problematisiert und eher selten als Normalfall dargestellt. Integration wird für unverzichtbar für den gesellschaftlichen Zusammenhalt erklärt, ohne dass der Begriff konkretisiert, differenziert oder als Schlagwort im gesellschaftlichen Diskurs kritisch diskutiert wird.

Bundeskonferenz der Integrationsbeauftragten: Kultursensible Pflege ausbauen

Die diesjährige Bundeskonferenz der Integrationsbeauftragten von Bund, Ländern und Kommunen am 27./28. April widmete sich dem Themenkomplex „Gesundheit und Pflege in der Einwanderungsgesellschaft“. Staatsministerin Aydan Özoğuz diskutierte mit den Integrationsbeauftragten der Länder und Kommunen.

Schweden: Mehr unbegleitete minderjährige Flüchtlinge

Die Zuwanderung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen nach Schweden ist auch 2014 weiter angestiegen. Nach Angaben des schwedischen Statistikamtes haben im vergangenen Jahr rund 7.000 unbegleitete Minderjährige einen Asylantrag gestellt.

Europa regelt Umgang mit Migranten ohne Aufenthaltspapiere

Zwei Entscheidungen europäischer Instanzen zeigen, dass nationale Regelungen zum Umgang mit undokumentierten Migranten nicht angewandt werden können, wenn sie europäischen Vorgaben widersprechen.

Syrien: Lage von Flüchtlingen verschlechtert sich

Vier Jahre nach dem Ausbruch des Krieges in Syrien verschlechtert sich die Lage für die Flüchtlinge in der Region und im Land zunehmend. Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) haben inzwischen vier Mio. Flüchtlinge in den Nachbarländern Zuflucht gesucht, weitere acht Mio. seien innerhalb Syriens auf der Flucht.

Südafrika: Erneut fremdenfeindliche Gewalt

Bei den stärksten Ausschreitungen mit fremdenfeindlicher Gewalt seit 2008 sind Mitte April sechs Menschen getötet worden, mehr als 5.000 wurden nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) vertrieben und haben in Notunterkünften Schutz gesucht.

Tipp aus der Redaktion: Bekenntnisse eines Menschenhändlers. Das Milliardengeschäft mit den Flüchtlingen

Auf die jüngste Flüchtlingstragödie im Mittelmeer hatten die europäischen Innenminister vor allem eine Antwort: die kriminellen Schlepperaktivitäten sollen stärker bekämpft werden. Was das genau heißt, darüber wird heftig gestritten. Um die Schleuser und deren Motive geht es dabei kaum, entsprechend eindimensional bleibt der Blick auf das Phänomen der Schleuserkriminalität. Der italienische Kriminologe Andrea Di Nicola und der Fotograf Giampaolo Musumeci weiten mit ihren in „Bekenntnisse eines Menschenhändlers“ niedergeschriebenen Rechercheergebnissen entlang der Hauptmigrationsrouten nach Europa den Blick.

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