24. Januar 2018 · Kommentare deaktiviert für „Abschiebeflug in Kabul angekommen“ · Kategorien: Afghanistan, Deutschland · Tags:

Zeit Online | 24.01.2018

19 Menschen an Bord

Kabul (dpa) – Trotz der kritischen Sicherheitslage in Afghanistan haben Bund und Länder wieder abgelehnte afghanische Asylbewerber in ihr Heimatland abgeschoben.

Ein Abschiebeflug mit 19 Männern an Bord sei am Mittwochmorgen um kurz nach 7.00 Uhr (Ortszeit) in der Hauptstadt Kabul gelandet, wie der Vertreter der Internationalen Organisation für Migration (IOM) am Flughafen, Schah Saman, bestätigte. Die Maschine war Dienstagabend in Düsseldorf gestartet.

Abschiebungen nach Afghanistan sind umstritten, weil sich dort der Konflikt zwischen Regierung und islamistischen Taliban sowie der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) drastisch verschärft. Nur Stunden nach der Ankunft des Fluges in Kabul griffen Bewaffnete in der ostafghanischen Provinz Nangarhar das Büro einer internationalen Kinderhilfsorganisation an. Am Wochenende waren bei einem Angriff der Taliban auf ein großes Hotel in Kabul mindestens 20 Menschen ums Leben gekommen, darunter eine Deutsche.

Nach Angaben einer Sprecherin des Bundesinnenministeriums hatten sich Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen, Rheinland Pfalz, Baden-Württemberg, Bayern sowie Hamburg, Hessen und Thüringen beteiligt. Bei den Passagieren handele „es sich ausnahmslos um … Straftäter (13 Personen), Gefährder (1 Person), sowie Personen, die hartnäckig eine Mitwirkung an der Identitätsfeststellung verweigern (5 Personen)“, schrieb die Sprecherin in einer Email. Der Gefährder stammte nach offiziellen Angaben aus Thüringen. Was genau ihm vorgeworfen wird, ging aus den Informationen nicht hervor.

Seit einem schweren Anschlag vor der deutschen Botschaft in Kabul im Mai lässt die Bundesregierung nur noch Straftäter, Gefährder sowie Mitwirkungsverweigerer abschieben. Die Abschiebung wurde von 57 Beamten der Bundespolizei, einem Arzt, einem Dolmetscher und einem Frontex-Mitarbeiter begleitet.

Der Flug vom Dienstag war die neunte Sammelabschiebung seit Dezember 2016, mit nun insgesamt 174 Passagieren. Mehrere Hundert Menschen hatten am Abend am Flughafen gegen die Abschiebung demonstriert.

Unter den Passagieren, von denen die meisten zu Gesprächen nicht bereit waren, war zum Beispiel Abdul Ali, 21, aus der nordafghanischen Provinz Sar-e Pul. Er habe zweieinhalb Jahre seiner insgesamt vier Jahre in Deutschland im Gefängnis verbracht, weil er einen syrischen Flüchtling mit dem Messer angegriffen habe, sagte er. Ein anderer, Mahdi Merschikari, 28, gab an, lange im Iran gelebt zu haben. Er wisse in Afghanistan nicht, wohin. Merschikaris Familie stammt ursprünglich aus der schwer umkämpften südafghanischen Provinz Urusgan. In Bayern habe er in einer Spielzeugfirma gearbeitet, sagte er. Er werde wieder nach Deutschland zurückgehen.

Die bayerische Staatsregierung hatte schon am Dienstagabend bekannt gegeben, dass acht der Passagiere aus Bayern kamen. Drei seien verurteilte Straftäter, fünf Mitwirkungsverweigerer. Insgesamt hatte Bayern, das regelmäßig die meisten Abschiebekandidaten auf Sammelflüge setzt, offenbar 15 Menschen abschieben wollen. „Sieben konnten aber nicht abgeschoben werden – vier davon, weil Gerichte die Abschiebung blockiert haben“, sagte der Sprecher des bayerischen Flüchtlingsrats Stephan Dünnwald der Deutschen Presse-Agentur.

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Spiegel Online | 24.01.2018

Abschiebung nach Afghanistan: Flugzeug mit abgelehnten Asylbewerbern gelandet

Deutschland hat 19 weitere Afghanen abgeschoben: Sie landeten am Mittwochmorgen in Kabul. Bei dem Start ihrer Maschine in Düsseldorf hatte es Proteste gegeben.

Ein Abschiebeflug mit abgelehnten afghanischen Asylbewerbern aus Deutschland an Bord ist am Mittwoch in Kabul gelandet. Die Maschine, die am Dienstagabend in Düsseldorf gestartet war, sei um kurz nach 7 Uhr morgens (Ortszeit) angekommen, sagte der Vertreter der Internationalen Organisation für Migration (IOM) am Flughafen, Schah Saman. Es seien 19 Menschen an Bord gewesen.

Die Bayerische Landesregierung hatte in einer Mitteilung vom Dienstagabend ebenfalls von 19 Passagieren gesprochen. Aus Bayern waren demnach acht Menschen abgeschoben worden, darunter drei Straftäter.

Es ist die neunte Sammelabschiebung seit Dezember 2016. Mit den ersten acht Flügen hatten Bund und Länder nach offiziellen Angaben 155 Männer nach Afghanistan zurückfliegen lassen.

Mehrere Hundert Menschen hatten am Dienstagabend am Flughafen in Düsseldorf gegen die Abschiebung demonstriert. Sie sei wegen der prekären Sicherheitslage in Afghanistan völkerrechtswidrig, sagte Oliver Ongaro von der Düsseldorfer Flüchtlingsinitiative „Stay“.

In der afghanischen Hauptstadt Kabul gab es 2017 mindestens 20 schwere Anschläge mit mehr als 500 Toten. In der Nacht zum Sonntag war das Hotel Intercontinental angegriffen worden. Dabei wurden mindestens 22 Menschen getötet, darunter nach Angaben der Bundesregierung auch eine Deutsche.

„Schlichtweg schauderhaft“

Die Flüchtlingsorganisation „Pro Asyl“ warf der Bundesregierung vor dem jüngsten Abschiebeflug „Ignoranz“ vor. Es gebe „jede Woche Dutzende von Toten in Afghanistan“ – und doch werde weiter abgeschoben.

„Die Ignoranz der Bundesregierung gegenüber der dramatischen Sicherheitslage in Afghanistan ist schlichtweg schauderhaft“, sagte auch die Grünen-Politikerin Claudia Roth. „Es braucht schon eine gehörige Portion an Dreistigkeit, um von sicheren Gebieten zu sprechen, wenn die Taliban selbst in der Hauptstadt schalten und walten, wie es ihnen passt.“

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