19. Oktober 2016 · Kommentare deaktiviert für Rumänien: „Hier wollen alle Flüchtlinge jetzt drüber“ · Kategorien: Balkanroute, Rumänien · Tags: ,

Quelle: Welt

Viele Flüchtlinge wollen über Rumänien nach Westeuropa reisen, doch die Grenzschützer sind vorbereitet: Geräte messen Körperwärme. Das erschwert das Verstecken – erhöht aber die Risikobereitschaft.

Im strömenden Regen muss sich Marius Stuparu besonders anstrengen. Der rumänische Grenzpolizist hält bei Beba Veche aus seinem Geländewagen heraus Ausschau nach Flüchtlingen. Wer illegal die Grenze aus Serbien überquert, wird festgesetzt.

„Hier wollen alle Flüchtlinge drüber“, sagt er und weist auf die Grenzlinie. „Aber die rumänische Polizei ist da und hat es bisher geschafft, alle Versuche zu unterbinden.“ Während Ungarn Stacheldrahtzäune errichtet hat und auch Bulgarien sich mit einer Zaunanlage abschirmt, setzt das am Rande der Balkanroute gelegene Rumänien auf technisch aufgerüstete Grenzpatrouillen.

Scharf beobachtet wird vor allem die Grenze zu Serbien, um ein Ausweichen der vom ungarischen Zaun abgeschreckten Flüchtlinge zu unterbinden. Fast 550 Kilometer lang erstreckt sie sich die Trennlinie, etwa die Hälfte davon verläuft entlang der Donau. Mit dem weiter nördlich gelegenen Ungarn teilt sich das EU-Land Rumänien auch einige Hundert Kilometer Grenze. Aber hier ist für die Polizeipatrouillen eigentlich nur der als Ausweichroute attraktivste südliche Teil von Belang.

Mit Hubschraubern und Booten im Einsatz

Insgesamt 13.000 Grenzschützer sind in Rumänien im Einsatz. Im Südwesten sind sie am stärksten, Zahlen nennt die Regierung aber nicht. Die Polizisten sind mit Hubschraubern und Booten auf der Donau unterwegs.

Sie sind ausgerüstet mit Sensoren, die die Körperwärme erspüren, und mit Geräten, die den Herzschlag von unter Lastwagen versteckten Flüchtlingen einfangen. Seit dem vergangenen Jahr hat die Regierung hier kräftig investiert.

Die Verzweiflung und der starke Wunsch, nach Westeuropa zu gelangen, lässt viele Flüchtlinge hohe Risiken eingehen. Nicht nur die Überfahrt über das Mittelmeer ist lebensgefährlich, sondern oft auch das Weiterkommen in Europa: in, auf und unter Lastwagen, oder quer durch die eiskalte Donau.

Ein Ausweichen über Rumänien bedeutet für Menschen mit Ziel Westeuropa zwar einen gewaltigen Umweg, doch die Behörden rechnen angesichts der gesperrten Balkanroute mit einer wachsenden Zahl. Zu Wochenbeginn meldete die rumänische Polizei die Festnahme von Pakistanern, die als Ziel Italien angaben.

Rumänien als Durchgangsstation

Wenige Tage zuvor setzten die Sicherheitskräfte mehrere Dutzend Menschen fest, die Rumänien ebenfalls als Durchgangsstation nutzen wollten. Darunter seien neun Männer aus Syrien und der Türkei gewesen, die sich in einem Transporter mit Reinigungsmaterial versteckt hatten, eine hochschwangere Frau sowie eine Gruppe von Vietnamesen, Syrern und Afghanen mit vier kleinen Kindern, die zu Fuß über die Grenze kamen.

Mit der Verstärkung des Personals an der Grenze geht auch ein schärferes Durchgreifen gegen Menschenschmuggler einher. Während Schleuser früher meist mit Geldstrafen davonkamen, wurden jetzt erste Festnahmen bekannt.

Zu den aufgegriffenen Flüchtlingen zählt Mohammad Razib. Der IT-Ingenieur aus Bangladesch fällt allerdings aus dem Raster. Er kam aus dem Westen ins Land, über Slowenien und Ungarn, und will nicht weiterziehen. Er hofft auf Asyl in Rumänien.

Einen ersten Unterschlupf hat er im UNHCR-Transitzentrum in Timișoara gefunden. „Ich bin auf der Suche nach einem besseren Leben nach Europa gekommen“, sagt der 30-Jährige. „Ich möchte mein Leben in Rumänien neu beginnen, und ich suche nach einem guten Job.“

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