25. September 2016 · Kommentare deaktiviert für „Uno-Kritik an Abschiebungen aus Italien in den Sudan“ · Kategorien: Italien, Sudan · Tags: ,

Quelle: der Standard

Italien schiebt Flüchtlinge per Charterflug zurück. Dabei sollen der Sudan bei der Auswahl der Abzuschiebenden helfen

Laura Wagenknecht

Khartum/Nairobi – „Wir wurden in einer Garage festgehalten. Unsere Hände waren gefesselt. Mitarbeiter der sudanesischen Behörden haben uns identifiziert und in einen Flieger zurück nach Khartum gesetzt“ – zögernd erzählt Ali (Name geändert, Anm.) seine Geschichte am Telefon. Ali ist Opfer einer Massendeportation. 48 Flüchtlinge wurden ohne Anhörung in einem Flieger aus Italien nach Khartum transportiert. Dort wurden sie laut Ali von sudanesischen Beamten schwer misshandelt. Die Flüchtlinge aus der konfliktgeplagten Region Darfur halten sich derzeit in Khartum versteckt.

Der Vorfall ist Teil einer Reihe von Deportationen in den Sudan. Mitglieder des italienischen Abgeordnetenhauses wollen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungen prüfen – ob es legal ist, dass sudanesische Beamte die Abzuschiebenden auswählen können. Italien ist das erste europäische Land, das diesen Weg beschreitet.

Auch das UN-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) untersucht die Vorwürfe und übte Kritik an der italienischen Regierung: „Wir fordern Italiens Behörden auf, dass sie die individuellen Umstände der Flüchtlinge und die Menschenrechtssituation beleuchten, bevor sie Menschen abschieben“, sagt Carlotta Sami vom UNHCR. Der Grundstein für die Abschiebungen wurde Anfang August gelegt. Italiens Polizeichef Franco Gabrielli und sein sudanesischer Konterpart Hashim Osman unterschrieben eine Vereinbarung, die vorsieht, bei der Regulierung von Migration zu kooperieren. Die Vereinbarung ist Teil einer Kampagne der Europäischen Union.

100 Millionen Euro

Im Frühjahr 2016 stellte die EU dem Sudan 100 Millionen Euro in Aussicht, um Migration zu verhindern. Diese sollen nicht der Regierung, sondern Flüchtlingen innerhalb des Sudans zugutekommen. 3,2 Millionen Sudanesen sind innerhalb des eigenen Landes auf der Flucht, davon knapp zwei Millionen innerhalb von Darfur.

Aus Dokumenten des „Khartum-Prozesses“, der eine EU-Initiative zur Regulierung von Migration ist, geht hervor, dass unter anderem Geräte zur Grenzsicherung und Überwachung der Grenzen an den Sudan geliefert werden sollen.

Dem Präsidenten des Sudans, Umar al-Baschir, werden Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Genozid und Kriegsverbrechen in Darfur seit Jahren vom Internationalen Strafgerichtshof vorgeworfen. Die Vereinten Nationen schätzen, dass seit 2003 etwa 300.000 Menschen im schwelenden Konflikt in Darfur ihr Leben verloren haben.

Laut dem UN-Amt für die Koordination humanitärer Angelegenheiten (Ocha) sind 3,3 Millionen Menschen seit dem Ausbruch der Krise 2003 auf Hilfe angewiesen. Die Regierung in Khartum führt außerdem seit 2011 in den Regionen Südkordofan und Blauer Nil Krieg gegen die SPLM-N, eine sudanesische Rebellengruppe, die sich nach der Unabhängigkeit des Südsudans gebildet hat. Schulen, Krankenhäuser und Felder sind Ziele der Bombenangriffe.

Miliz: Arbeiten für EU

Ende August gab der Kommandeur der Rapid Support Forces (RSF), Mohamed Hamdan, bei einer Konferenz des sudanesischen Verteidigungsministeriums bekannt, dass seine Truppen Migration im Auftrag der EU bekämpfen. „Wir arbeiten hart daran, Europa zu helfen, den Strom der Migranten zu unterbinden. Wenn unsere Bemühungen nicht wertgeschätzt werden, werden wir die Wüste wieder öffnen.“

Die EU widerspricht dieser Aussage. In einer Stellungnahme gibt ein Sprecher der EU bekannt: „Die EU stellt der sudanesischen Regierung keine direkten finanziellen Mittel zur Verfügung; die EU unterstützt die Rapid Support Forces nicht und hat keine Partnerschaft mit ihnen.“

Bei der RSF handelt es sich um die ehemalige Janjaweed-Miliz. Die regierungsnahe Truppe wird für einen Großteil der Verbrechen im Darfur-Konflikt verantwort-lich gemacht. Die Soldaten sol- len misshandelt und vergewaltigt haben.

In den vergangenen Jahren wurde die Janjaweed in RSF umbenannt und dem sudanesischen Geheimdienst unterstellt. Der Sprecher der RSF, Adam Salih, behauptet, die Truppe hätte 808 illegale Migranten und neun Menschenhändler festgenommen.

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