05. September 2016 · Kommentare deaktiviert für Protest gegen Migrantenlager: «Operation Schnecke» in Calais · Kategorien: Frankreich, Großbritannien · Tags: , ,

Quelle: NZZ

Mit einer Blockadeaktion in Calais fordern Gewerbetreibende und Bauern den schnellen Abbruch des grossen Migrantenlagers. Das Vorgehen der Regierung ist ihnen zu langsam.

von Andres Wysling

Transporteure mit ihren Lastwagen und Bauern mit ihren Traktoren behindern heute Montagvormittag im Grossraum Calais den Verkehr. Sie fordern den schleunigsten Abbruch des sogenannten Dschungels von Calais, des überfüllten Migrantenlagers mit offiziell 6900, in Wirklichkeit viel mehr Insassen nahe der Zufahrt zum Eurotunnel nach England. Von Boulogne und von Dünkirchen aus fuhren langsam fahrende Konvois mit mehreren Dutzend Fahrzeugen in Richtung Calais, «Operation Schnecke» heisst diese Form des Protests in Frankreich. In Calais selbst wollen Angestellte des Hafens eine Menschenkette bilden. Schliesslich soll die Zufahrt zum Hafen und zum Tunnel gesperrt werden.

Organisiert wird der Protest von Gewerbetreibenden und Bauern der Region. Die Transporteure klagen über Behinderungen auf der Umfahrungsstrasse, wo sie immer Angst haben müssen, jemanden zu überfahren. Das lokale Gewerbe befürchtet einen allgemeinen Niedergang des Geschäftszentrums. Die Bauern ärgern sich über zertrampelte und verunreinigte Felder. Öfter kommt es zu Auseinandersetzungen unter Migranten, oder Migranten blockieren den Verkehr; die Stimmung ist explosiv, und das schon seit langem.

Am Freitag hatte Frankreichs Innenminister Bernard Cazeneuve Calais besucht und einen Rückbau des «Dschungels» angekündigt. Den Transporteuren genügt das nicht. Sie fordern sofortige Massnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit auf der Strasse, damit Unfälle und Tätlichkeiten unterbunden werden. Zum Beispiel legen Migranten Bäume auf die Strasse. So wollen sie die Chauffeure zum Anhalten zwingen, damit sie den Lastwagen für die Fahrt durch den Tunnel entern können.

Nicolas Sarkozy, Ex-Präsident und Präsidentschaftskandidat, fordert in einem Interview mit der Zeitung «La Voix du Nord» die Unterbringung der Migranten in geschlossenen Lagern. Er verspricht, im Falle einer Wiederwahl sofort nach London zu reisen, um das Grenzabkommen mit Grossbritannien neu auszuhandeln. Die jetzt gültigen Bestimmungen, gemäss denen die Grenze am Südportal des Tunnel in Frankreich liegt, hat er 2003 als Innenminister selbst unterschrieben.

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