22. Februar 2016 · Kommentare deaktiviert für „Tausende Flüchtlinge sitzen an mazedonischer Grenze fest“ · Kategorien: Afghanistan, Balkanroute, Griechenland, Mazedonien · Tags:

Quelle: Zeit Online

Athen (dpa) – Nach der weitgehenden Schließung der Grenze zu Mazedonien für Flüchtlinge spitzt sich die Lage auf griechischer Seite zu. In der Grenzregion befinden sich nach griechischen Schätzungen mehr als 5000 Migranten.

Hunderte versuchten am Montag, den Eisenbahn-Grenzübergang bei Idomeni-Gevgelija zu stürmen. Mazedonien riegelte daraufhin die Grenze an dieser Stelle komplett ab.

Gleichzeitig machten sich Hunderte Menschen zu Fuß auf dem Pannenstreifen entlang der wenige Kilometer weiter westlich liegenden Autobahn in Richtung Grenze auf dem Weg. „Damit bringen sie ihr Leben und das Leben von Autofahrern in Gefahr“ sagte ein Offizier der Verkehrspolizei der Deutschen Presse-Agentur.

Mazedonien ließ bis zum Versuch der Erstürmung seiner Grenze nur noch Migranten aus Syrien und dem Irak weiterreisen. Alle anderen wurden zurück nach Griechenland geschickt. Afghanen, die bislang „automatisch“ als Flüchtlinge galten, werden seit zwei Tagen auch nach Griechenland zurückgeschickt.

Aus Protest blockierten am Montagnachmittag rund 700 aufgebrachte, überwiegend aus Afghanistan stammende Menschen den Eisenbahngrenzübergang Idomeni-Gevgelija. Sie skandierten „Öffnet die Grenze“. Daraufhin habe die mazedonische Polizei die Grenze geschlossen, um ihre Erstürmung abzuwenden, berichtete das griechische Staatsfernsehen. Die Migranten sollen auch die Eisenbahntrasse besetzt haben, berichteten Augenzeugen.

Der Flüchtlingszustrom dauert unterdessen an. In der Hafenstadt Piräus, wo am Montagmorgen rund 4000 Flüchtlinge per Fähre von den Ägäis-Inseln ankamen, mussten viele Menschen mehrere Stunden lang am Kai ausharren. Die Polizei ließ sie nicht weiterfahren, um die Lage an der Grenze zu Mazedonien nicht noch weiter zu verschlimmern.

Den Flüchtlingen boten die Behörden an, in ein Lager nahe Piräus zu gehen. Das lehnten zunächst viele ab. Sie befürchteten, dass sie interniert werden könnten, berichteten Augenzeugen aus Piräus. Am Nachmittag konnten die meisten dann doch noch überredet werden, sich in zwei Aufnahmelager und in einer Sporthalle unterbringen zu lassen, berichtete das Staatsfernsehen.

In den ersten 20 Februar-Tagen sind in Griechenland trotz schlechten Wetters 33 767 Migranten auf Booten angekommen. Seit Jahresbeginn hätten 94 269 Menschen von der Türkei übergesetzt, teilte das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR am Montag mit. „Wir werden Lager brauchen“, sagte der für Migration zuständige griechische Vizeminister Ioannis Mouzalas im griechischen Staatsfernsehen (ERT).

Die rechtsextremistische und ausländerfeindliche griechische Partei Goldene Morgenröte rief am Montag die Regierung in Athen auf, das Militär zum Schutz der griechischen Grenze einzusetzen.

Athen hofft auf einen Erfolg des Nato-Einsatzes in der Ägäis. Für einen Bericht der Athener Zeitung „Ta Nea“, wonach die Türkei einen Punkt in einer Vereinbarung bestreite, wonach von Nato-Schiffen gerettete Bootsflüchtlinge in die Türkei zurückgebracht werden sollen, gab es keine Bestätigung aus der Türkei. Für die Nato ist es ganz klar, dass aus der Türkei kommende Flüchtlinge in die Türkei zurückgebracht werden, wenn sie gerettet werden.

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siehe auch: Spiegel Online

„Griechenland: Tausende Flüchtlinge stecken an mazedonischer Grenze fest“

Mazedonien will nur noch syrische und irakische Flüchtlinge passieren lassen. Tausende Asylsuchende harren nun auf der griechischen Seite ihrer Weiterreise. Athen ist empört.

Sie kauern am Straßenrand, hüllen sich in Decken, versuchen, auf offener Wiese ein bisschen Schlaf zu finden. Mehr als 5000 Flüchtlinge warten mittlerweile an der griechisch-mazedonischen Grenze. Ob und wann sie weiter dürfen, wissen sie nicht.

Am Sonntag hat Mazedonien seine Grenzen für Migranten aus Afghanistan gesperrt. Seither dürfen nur noch Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak ins Land. Auf griechischer Seite harren nun immer mehr Menschen aus – das bestätigte der stellvertretende Migrationsminister Ioannis Mouzalas.

Eine Entspannung der Situation ist nicht in Sicht. So kamen seit Montagmorgen über 4000 Flüchtlinge und Migranten in der griechischen Hafenstadt Piräus an. Sie waren an Bord von drei Fähren und wollten über Nordgriechenland weiter nach Mitteleuropa fahren. Eigentlich sollten Busse die Hilfesuchenden abholen, doch offenbar kam keines der Fahrzeuge – so berichten es mehrere Medien übereinstimmend. Es heißt, die Polizei wolle einen noch größeren Stau an der Grenze zu Mazedonien verhindern.

Griechenland kritisiert den Kurs des Nachbarlandes. Mazedoniens Handeln sei „nicht im Einklang mit den Vereinbarungen des jüngsten Gipfels der EU“, sagte Vizeminister Mouzalas. Die EU hatte vergangenen Donnerstag beschlossen, dass bis zum neuen Migrationsgipfel Anfang März die Grenzen für Flüchtlinge aus dem Irak, Syrien und Afghanistan auf der Balkanroute offen bleiben.

Griechische Regierung nicht informiert

Die mazedonische Seite lässt nach griechischen Informationen Afghanen nicht weiterreisen, weil Serbien wiederum seine Grenze für Afghanen seit Sonntag geschlossen halte. Die griechische Regierung wurde von Mazedonien nicht offiziell über den Schritt informiert, verlautete es am Wochenende aus Regierungskreisen in Athen.

Die Lage an der griechisch-mazedonischen Grenze ist seit Langem angespannt. Mitte November hatten die mazedonischen Behörden entschieden, nur noch Syrer, Iraker und Afghanen auf ihrer Flucht nach Europa durchzulassen. Seit Ende Januar dürfen nur noch Flüchtlinge die Grenze überqueren, die in Deutschland oder Österreich einen Asylantrag stellen wollen. Mazedonien hat zudem mit dem Bau eines zweiten Stacheldrahtzauns an der Grenze zu Griechenland begonnen, um illegale Grenzübertritte zu verhindern.

Griechenland steht in der EU seit Monaten unter Druck, weil über das Land Hunderttausende Flüchtlinge ungehindert die Balkanroute Richtung Norden nehmen konnten. Die vier Visegrád-Staaten Tschechien, Ungarn, Polen und die Slowakei verlangen nun eine Senkung der Flüchtlingszahlen bis Mitte März. Sonst wollen sie darauf dringen, die Grenze zwischen Mazedonien und Griechenland abzuriegeln.

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siehe auch: Telepolis

Mazedonien: Kein Weiterkommen für Afghanen

von Thomas Pany

In Griechenland sitzen mehrere tausend Flüchtlinge fest. Manche wählen nun andere, gefährlichere Fluchtwege

Der Ton zwischen Berlin und Wien wird scharf. Der deutsche Innenminister ist gar nicht einverstanden mit den österreichischen Tageskontingenten. 3.200 Flüchtlinge sollen nach dem Wiener Konzept täglich nach Deutschland weiterreisen, man ist ja schließlich Transitland. Der deutsche Innenminister will das nicht akzeptieren:

Wenn andere glauben, zusätzlich Lasten auf Deutschland abzuladen, werden wir das auf Dauer nicht hinnehmen.

De Maizère droht – nicht nur in Richtung des nächsten Nachbarn. Man habe nur 14 Tage Zeit für europäische Maßnahmen. Die nächsten zwei Wochen seien entscheidend. In vierzehn Tagen steht der EU-Sondergipfel mit der Türkei an und Deutschland hat Sorge, dass die Länder auf der Balkan-Route ernst damit machen, was CDU-Vizechefin Klöckner ebenfalls predigt: nationale Lösungen.

Man müsse agieren, so de Maizière. Was er mit Agieren aber genau meint, bleibt unbestimmt, wie auch seine Drohung:

Gegebenenfalls muss dann der Schutz für den Schengenraum an einer anderen Grenze durchgeführt werden.

Mikl-Leitner empört sich über die „völlig unterschiedlichen Signale“ aus Deutschland. Berlin würde den Griechen eine „weitere Politik der offenen Grenzen zusichern, aber gleichzeitig von Österreich verlangen, alle die nach Deutschland wollen, zu stoppen“. Über die Zahl der 3.200 Flüchtlinge könne man reden. Ginge es um den Stopp des Durchwinkens, so empfehle sie bei Griechenland anzusetzen.

Indessen steigt der Druck bei den Ländern am Beginn der Balkan-Route. Serbien lässt seit dem Wochenende keine Afghanen mehr passieren (im Lager Tabanovce an der serbischen-mazedonischen Grenze stecken derzeit 700 afghanische Flüchtlinge fest). Die Mazedonier und Griechen zogen nach, es kommt zum Rückstau:

Am Grenzort Idomeni (zwischen Griechenland und Mazedonien) drängten sich auf der griechischen Seite 2.000 Menschen. Und 25 Kilometer entfernt auf dem Tankstellengelände in Polikastro warteten weitere 3.000 Flüchtlinge.

Nach Informationen der griechischen Zeitung Ekatimierini sitzen insgesamt 5.000 Flüchtlinge auf der griechischen Seite der Grenze fest, weitere 3.000 in Piräus (österreichische Zeitungen berichten gar von 4.000). Die griechische Regierung habe diplomatische Gespräche aufgenommen, der Erfolg ist ungewiss.

Griechenlands Vorwürfe gehen in zwei Richtungen. Einerseits wirft der griechische Vizeminister für Migration, Ioannis Mouzalas Wien vor, dass die dortige Regierung den Dominoeffekt der Grenzblockaden in Gang gesetzt habe, anderseits wird Mazedonien vorgeworfen, dass es sich nicht an Abmachungen halte, die beim kürzlichen EU-Gipfel beschlossen wurden, wonach die Balkanroute für Syrer, Iraker und Afghanen offen bleiben sollte.

An der griechisch-mazedonischen Grenze in Idomeni kam es zu turbulenten Szenen, als Flüchtlinge den Polizeikordon durchbrechen wollten. Hunderte andere Flüchtlinge machten sich – unter lebensgefährlichen Umständen – auf der Autobahn auf den Weg zu einem anderen Grenzübergang nach Mazedonien. Nach einem Bericht des österreichischen Boulevard, der Kronenzeitung, sollen es Tausende sein.

Nach einem Bericht der mazedonischen Nachrichtenagentur MIA erklärte Serbiens Arbeitsminister Aleksandar Vulin, dass die serbischen Grenzen offen seien, allerdings mit dem Zusatz, „nach den Regeln, die Österreich und Slowenien vorgegeben haben“. Serbien würde nicht entscheiden, wer das Land durchqueren dürfe, ohne die Länder zu konsultieren, die auf der Route hinter Serbien liegen.

Die mazedonische Regierung zitierte MIA damit, dass man kein Pufferstaat für Flüchtlinge sein wolle. Serbien bringe Afghanen zurück nach Mazedonien und Griechenland dränge darauf, dass Mazedonien Afghanen aufnehme. Man werde nur die Flüchtlinge hereinlassen, die mit Aussicht auf Asyl weiterreisen können.

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