06. Mai 2015 · Kommentare deaktiviert für AntiRa-Kompass: Newsletter Nr. 39, Mai 2015 · Kategorien: Deutschland, Lesetipps

AntiRa-Kompass

In english:
http://kompass.antira.info/files/2015/05/39kompass_newsletter_May2015_en.pdf

In french:
http://kompass.antira.info/files/2015/05/39kompass_newsletter_Mai2015_fr.pdf

Fähren statt Frontex +++ Bustour der Refugees vom O-Platz +++ 8. – 10.5. in Berlin: Blockupy Perspektiven +++ 14. – 17.5. in Münster: BUKO 37 +++ Ab 14.5.: Tour für für Bewegungsfreiheit, Autonomie und Gutes Leben +++ 19. -22. Mai in Warschau: Anti-Frontex-Tage +++ Rückblicke auf den Widerstand gegen Asylgesetzverschärfung: Besetzungen, Demos, SchülerInnenstreik +++ Ausblick: 10.6. in Strasbourg: Aktionstag für Bewegungsfreiheit

Liebe Freundinnen und Freunde!

„Fähren statt Frontex!“ – So lautet die unmittelbare Reaktion des Watch The Med Alarmphones am 19.4. auf die – mit über 900 Toten – bislang größte Flüchtlingstragödie im Mittelmeer. Das transnationale Hotline-Projekt, das seit über sechs Monaten rund um die Uhr Boatpeople unterstützt, benennt in seiner Pressemitteilung, wer diesen Massentod auf See zu verantworten hat. Und in einem Folgetext wird erläutert, warum selbst ein zweites Mare Nostrum nicht ausreicht, sondern dass – wenn dem Sterben im Meer wirklich ein Ende gemacht werden willl – ein Fährdienst das Gebot der Stunde ist (siehe unten).
Der neue 10 Punkte Plan der EU ist – von ein paar mehr Rettungsbooten abgesehen – ein reines Repressions- und Vorverlagerungsprogramm. Doch es hängt nicht zuletzt am öffentlichen Druck, was wie nun umgesetzt wird. Die kritische Öffentlichkeit gegenüber der mörderischen EU-Abschottungspolitik reichte die letzten zwei Wochen bis in weite Teile der Massenmedien. Kritische Stimmen waren jedenfalls überall gefragt. Selbst ein UNHCR-Mann thematisiert Fähren als besseren Weg, und in einem Videoclip wirft ein schwedischer Arzt die zunächst einfache und letztlich sehr grundsätzliche Frage auf, warum Bootsflüchtlinge nicht billiger fliegen statt teuer ihr Leben aufs Spiel zu setzen. Die Antwort ist klar: das EU-Visumsregime ist das Problem (Siehe Verweise unten).

Das Recht auf Bewegungsfreiheit ist und bleibt unser zentraler Ansatz gegen das tödliche unmenschliche Grenzregime. Für das Mittelmeer kursiert der konkrete Vorschlag für eine „humanitäre ungehorsame Fähre“, gleichzeitig und damit verbunden geht der Widerstand gegen die inneren Grenzen der EU weiter. Die Refugee Bus Tour ist aktuell unterwegs in zahlreichen Städten der BRD, um vor allem die selbstorganisierten Strukturen der Flüchtlinge und MigrantInnen zu stärken. Vielerorts kam und kommt es diese Tage zu bereits länger geplanten Aktionen gegen die neuen Aslygesetzverschärfungen, und diese verschmelzen wiederum mit den aktuellen Protesten gegen das Sterbenlassen auf See.

In der gesellschaftlichen Polarisierung, die sich momentan an der „Flüchtlingsfrage“ auftut, befindet sich die Mischung aus selbstorganisierten und linken antirassistischen Gruppen in einer stärkeren Position als in den Jahren zuvor. Ob und wie weit es gelingt, konkrete Verbesserungen in der Migrationspolitik durchzusetzen oder damit gar gesamtgesellschaftliche Dynamiken „für mehr Gerechtigkeit“ zu entfachen, wird sich womöglich in den zu erwartenden Zuspitzungen der nächsten Monate zeigen. Die Chancen standen schon schlechter, die Zeiten waren selten offener…
In diesem Sinne mit solidarischen Grüßen,

Die Kompass Crew

Mittelmeer-Situation und Watch The Med Alarm Phone

Am 12. April sind an einem Tag rund 5000 Menschen in Libyen Richtung Italien in Boote gestiegen, das Alarmphone war allein mit neun Booten in Kontakt. Am 3. und 4. Mai machten sich erneut 7000 Bootsflüchtinge auf den Weg über das Meer. Diese Rekordzahlen drücken beides aus: Verzweiflung und Entschiedenheit. Und die ist konfrontiert mit einem mörderischen EU-Grenz- und Abschreckungssystem. Systematisch waren die Rettungskapazitäten im letzten Jahr heruntergefahren worden. „Wie die EU Flüchtlinge tötet“ überschreibt Heribert Prantl folgerichtig seinen Kommentar in der Süddeutschen Zeitung, nachdem die ersten 400 Menschen ertrunken waren. Kurz darauf starben weitere 900 Boatpeople.

Wie einleitend erwähnt, hat das Alarm Phone am 19.4. eine Pressemitteilung veröffentlicht, um die Verantwortlichen zu benennen:

Und kurz darauf einen ausführlicheren Text, um die Forderung nach Fähren zu untermauern:

Dass dies keine Spinnerei weniger AntiRa-Aktivisten ist, zeigt das Interview mit einem UNHCR Mitarbeiter:

Schließlich sei noch auf den (englischsprachigen) Videoclip verwiesen, der noch weiter geht mit der einfachen Frage, warum Bootsflüchtlinge nicht mit dem Flugzeug kommen:

Abschließend sei auf den Spendenaufruf des Alarm Phones verwiesen:

Und wir wollen in diesem Mittelmeerblock noch zwei Mobilisierungen erwähnen: zum einen die spontane Demo am 20.4. in Bremen mit 1000 TeilnehmerInnen, siehe

Und zum zweiten eine gelungene Störaktion in Berlin: „Heute (22. April) hat Frontex-Einsatzleiter Klaus Rösler auf einer öffentlichen Veranstaltung in Berlin die Arbeit von Frontex werbend vorgestellt – gerade mal 4 Tage nach der fürchterlichen, nicht zuletzt von Frontex (mit-)verantworteten Bootskatastrophe im Zentralen Mittelmeer mit über 800 Toten. Zu Beginn der Veranstaltung ist Rösler von Demonstrant_innen in Empfang genommen worden, in diesem Zusammenhang ist es auch zu Farbbeutelwürfen gekommen. Bilder von der Aktion finden sich unter anderem auf der Webseite von Afrique-Europe-Interact sowie bei Umbruch Bildarchiv:

Termine im Mai 2015

Seit Ende April bis 13.5.: Refugee Bustour vom Oplatz Berlin
Flüchtlingsaktivist*innen und Unterstützerìnnen aus Berlin (Oranienplatzprotest, besetzte Ohlauer Schule) organisieren eine Bustour durch Deutschland. Die Situation von Geflüchteten in Europa und in der BRD wird durch Kriminalisierung und Isolation der Geflüchteten täglich schlechter. Mit der Bustour sollen Lager besucht und sich mit selbstorganiserten Flüchtlingsprotesten in verschiedenen Städten ausgetauscht werden. Wir möchten Lösungen und politische Strategien gemeinsam finden und teilen.

Aktuelle Daten: 05.05. – 06.05. Sachsen?, 07.05. Leipzig, 08.05. Krumpa, 09.05. Halle, 10.05. Göttingen, 11.05. Magdeburg, 12.05. Potsdam, 13.05. Berlin
Für mehr Informationen und Spenden:

9. und 10.5 in Berlin: Blockupy-Aktiventreffen
Einen neuen Schritt gehen!
Im Mehringhof in Kreuzberg 61, Gneisenaustr. 2A,
Samstag, 9. Mai 2015, 19:00 und Sonntag, 10. Mai, 10:00 bis 17:00
Auswertungsdebatte zum 18.3. sowie zu den Blockupy-Perspektiven unter anderem mit diesen Fragen:
Wie übersetzen wir die transnationale Dynamik in konkrete Schritte für Blockupy? Welche linken Bewegungen und Akteure laden wir ein, um gemeinsam Mobilisierungen zu planen? Welche Blockupy-Projekte und Aktionsformen sind jetzt Ausdruck eines breiten, antirassistischen, solidarischen Widerstands gegen die Krisenpolitik? Und wer übernimmt Verantwortung zur Umsetzung?

14. bis 17.5. in Münster: BUKO 37
Stop. Future unwritten. transnational solidarisch
Eine Vorschau auf das Programm findet ihr auf der Kongresshomepage:

  • http://www.buko.info/buko-kongresse/buko-37/programm/vorschau/

Neben vielen internationalen Gästen mit dabei: verschiedene selbstorganisierte Refugee-Netzwerke wie Afrique-Europe-Interact und die Internationale Koalition der Sans Papiers, Migrant_innen und Flüchtlinge (CISPM) in einem umfangreichen Programm zu Antirassismus.

14.5. bis 6.6. von Münster bis Garmisch Partenkirchen
Tour für für Bewegungsfreiheit, Autonomie und Gutes Leben
BUKO in Münster, zwei Wochen später der G-7 in Schloss Elmau in Bayern. Was liegt näher als diese beiden Orte zusammenzubringen? Mit der Inspiration des Kongresses in Münster werden wir eine international zusammengesetzte Mobilisierungstour starten, bei der wir auf dem Weg zu den Anti-G7-Protestaktionen in zahlreichen deutschen Städten Halt machen. … Flucht und Migration sind in der Tour zentrale Themen geworden..

Aktualisierte Route:

19. bis 22. Mai in Warschau: Anti-Frontex-Tage
Seit vielen Jahren werden in Warschau Anti-Frontex-Tage organisiert. Es ist Zeit für einen neuen Aufschwung und dass wir unsere Stimmen gemeinsam stärken. Deswegen laden wir euch zusammen (MigrantInnen und Unterstützungsgruppen) zu Anti-Frontex-Tagen ein. Sie finden von 19. bis 22. Mai in Warschau statt. Auf euch warten Meetings, Screenings, Demonstrationen und Festival „Achtivist Days Off“
Weitere Informationen:

Wir laden alle Gruppen dazu ein, sich aktiv bei der Organisierung des Events einzubringen. Wir sind ein kleines Warschauer Kollektiv und wollen gemeinsam mit euch zusammen daran arbeiten, unsere Privilegien zu dekonstruieren und die uns auferlegten Grenzen außer Kraft zu setzen. Während Migrat_innen in Europa sich im Widerstand einigen, können wir nicht passiv bleiben. Gemeinsam gegen institutionellen Faschismus des Staates – im Namen einer echten und praktischen transnationalen Solidarität! Kommt nach Warschau 19.-22. Mai! Schaffen wir eine starke Front gegen Frontex!

Rückblicke zum Widerstand gegen Asylrechtsverschärfung

siehe

  • http://migrationsgesetze.info/

Die bundesweite Aktionswoche gegen die Asylrechtsverschärfung hatte am 10. April mit Besetzungen und Blockaden von SPD-Zentralen in Berlin, Göttingen und Magdeburg begonnen, siehe

  • http://www.asylrechtsverschaerfung-stoppen.de/?paged=2

Weitere Aktionen, unter anderem Demonstrationen in Hannover und München, folgten. Die Presseresonanz war leider recht verhalten, dennoch wurde ein starkes Zeichen gegen die menschenfeindliche Flüchtlingspolitik der Bundesregierung gesetzt. Hoffentlich folgen bis zur endgültigen Verabschiedung des repressiven Bleibrechts/Aufenthaltsbeendigung- Gesetzes durch den Bundestag am 08.Mai noch weitere Aktionen: Asylrechtsverschärfungen stoppen!

16.4. – Demo in München: Etwa 250 Personen demonstrierten vom Münchner Odeonsplatz zur Bayerischen Staatskanzlei und weiter vor die SPD-Zentrale, um gegen die geplante Verabschiedung des Gesetzes zur Neubestimmung von Bleiberecht und Aufenthaltsbeendigung zu demonstrieren.
http://reflektierter-bengel.de/demonstration-am-16-04-15-asylrechtsverschaerfungen-stoppen/

17.4. – Demo in Hannover: Etwa 400 Menschen demonstrierten einen Tag später in Hannover gegen die Asylrechtsverschärfung: Bericht des Göttinger Tageblatts.

17.4. – Demo in Münster: Etwa 400 Menschen demonstrieren unter dem Motto „Flucht ist kein Verbrechen“ im Rahmen der Aktionswoche. Bericht: http://de.indymedia.org/node/4244

18.4. – Kundgebung und Konzert in Berlin: Am Samstag setzen in Berlin schließlich tausende Menschen beim “Beats gegen Rassismus” zusammen mit Künstler_innen wie Irie Révoltés, Antinational Embassy und Anderen ein deutliches Signal gegen die Asylrechtsverschärfung!

24.4. in Berlin und Frankfurt: Schulstreikdemos
In Berlin versammelten sich rund 3000 SchülerInnen, StudentInnen, Linkesautonome sowie Geflüchtete, um gegen die rassistische Asylpolitik der Bundesregierung zu demonstrieren. Im Laufe der Demo wuchs die Menge auf ca. 5000-6000 Menschen an. Das Motto lautete dabei „Unsere Freunde bleiben hier“. Nach einer stimmungsvollen Demo kam es zum Abschluss noch zu einer Mahnwache in Form einer Sitzblockade am Pariser Platz vor der EU-Kommision. Es wurden Papierschiffchen gebastelt, welche dann mit Kerzen – zum Gedenken an die ertrunkenen Flüchtlinge vom 19.04 – vor der EU-Kommison platziert wurden.
Zeitgleich demonstrierten auch in Frankfurt 600 Menschen, überwiegend SchülerInnen, gegen die Asylgesetzverschärfungen und das tödliche EU- Grenzregime.

Ausblick für Juni

10.6. in Strasbourg
Ursprünglich als Teil der Push Back Frontex Kampagne geplant ist für den Nachmittag des 10.6., einem Mittwoch und Sitzungstag des EU-Parlaments, eine Protestaktion in Strasbourg in Vorbereitung. „Ein Boot für das EU-Parlament“ – so wird der Aufruf betitelt sein, und ähnlich wie in Schengen beim Marsch der Flüchtlinge im Sommer 2014 wird ein großes Schlauchboot zum Einsatz kommen. Hintergrund ist zudem, dass auf dem Weltsozialforum in Tunis im März der 10.6. als Datum für Aktionen zum Recht auf Bewegungsfreiheit vorgeschlagen wurde.

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