Größter Flüchtlingsprotest in Israels Geschichte
Zehntausende afrikanische Asylsuchende demonstrieren in Tel Aviv
[…] Tel Aviv. Auch am Montag setzten zehntausende afrikanische Flüchtlinge ihre Proteste in Tel Aviv vor ausländischen Botschaften fort. Es ist der zweite Tag einer dreitägigen Kampagne für mehr Rechte von Asylsuchenden. Auch vor der deutschen Botschaft in Tel Aviv versammelten sich am Vormittag Hunderte von Flüchtlingen, viele von ihnen aus Eritrea und dem Sudan. Sie riefen immer wieder laut »Freiheit« und »Kein Gefängnis mehr«.
Tausende von Demonstranten versammelten sich am Strand vor der US-Botschaft, kleinere Proteste gab es auch vor den Botschaften Frankreichs, Großbritanniens, Italiens, Schwedens und Kanadas sowie der örtlichen EU-Vertretung und dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR).
Israel stuft die afrikanischen Flüchtlinge, deren Zahl auf etwa 60 000 geschätzt wird, als illegale Einwanderer ein. Deren Protest richtet sich gegen die harte Asylgesetzgebung des Landes, sowie die katastrophalen Unterbringungsbedingungen. Zuletzt war insbesondere die Internierung in einem Flüchtlingslager in der Negev-Wüste in die Kritik geraten.
Gegenüber der Nachrichtenagentur AFP sagte der eritreische Flüchtling Dawud: »Wir sind Verfolgung, Diktaturen, Bürgerkrieg und Völkermord entkommen. Die israelische Regierung muss sich unsere Asylanträge anschauen und uns wie Menschen behandeln.«
Die rechte Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu will Migration von Flüchtlingen hingegen möglichst ganz unterbinden und bereits im Land lebende »illegale Einwanderer« zurückschicken. Dazu wurde zuletzt eine 200 Kilometer lange Sperranlage an der Grenze zu Ägypten errichtet, die die Zahl der neuen Flüchtlinge stark reduzierte.
Miri Regev von der regierenden Likud-Partei sagte, Israel könne sich Sentimentalität nicht leisten. »Ich habe in meinem Herzen Mitleid, aber mit den Armen meiner eigenen Stadt. Israel kann nicht 100 000 muslimische Eindringlinge aufnehmen.« Es handele sich überdies nicht um Flüchtlinge, sondern um Arbeitsmigranten.
Walpurga Englbrecht, UNHCR-Vertreterin in Israel, äußerte sich »besonders beunruhigt« über die Internierung der Flüchtlinge in der neuen Anlage an der Grenze zu Ägypten. Israel müsse ihre Asylforderungen prüfen, forderte Englbrecht.
Ausgelöst wurden die aktuellen Proteste auch durch ein Gesetz vom vergangenen Dezember, wonach Flüchtlinge, die illegal die Grenze des Landes überqueren, bis zu einem Jahr inhaftiert werden können, ohne Zugang zu einem Anwalt zu erhalten. Für Flüchtlinge ist es in Israel außerdem faktisch so gut wie unmöglich Asyl zu erhalten. Nach Angaben von Menschenrechtsgruppen soll Israel seit 1948 weniger als 200 Asylanträge bewilligt haben. dpa/afp/nd
via 07.01.2014: Größter Flüchtlingsprotest in Israels Geschichte (neues-deutschland.de)