05. Januar 2014 · Kommentare deaktiviert für Proteste und „Lampedusa“ in Hamburg: Dauerhafter Ausnahmezustand · Kategorien: Deutschland · Tags: ,

Hamburger „Gefahrengebiet“ (Gebiet des Ausnahmezustands)

HH Ausnahmezustand

Das Gefahrengebiet in Hamburg | © Polizei Hamburg/Handout

Seit heute, Sonnabend, dem 04.01.2014 lebe ich im Hamburger Gefahrengebiet…

Wie die Hamburger Einheitsmedienlandschaft bekannt gibt, hat die Hamburger Polizei als Reaktion auf die unlängst geschehenen Angriffe auf Ihre Beamten von strafrechtlich noch nicht ermittelten Personen (vermeintlich linke ‚Krawallmacher‘) „bis auf Weiteres“ große Teile von St.Pauli und Altona zum Gefahrengebiet erklärt, in welchem verdachtsunabhängige Personenkontrollen durch geführt werden dürfen.

Konkret richtet sich diese Maßnahme gegen folgende Personengruppen:

  • „Personen, die sich in den Grenzen des Gefahrengebiets aufhalten und vom äußeren Erscheinungsbild und/oder ihrem Verhalten der Drogenszene zugeordnet werden können“ (Drogenkonsum),
  • „16-25-Jährige in Gruppen ab drei Personen oder Personen, die alkoholisiert sind und/oder sich auffällig verhalten.“ (Jugenddevianz)
  • „Einzelpersonen, die nach polizeiliche Erfahrung der gewaltbereiten Fußballszene zuzurechnen sind oder 16-35-Jährige in Gruppen ab drei Personen“ (Fußballfans)
  • „Personen, die augenscheinlich dem linken Spektrum zuzurechnen sind“ (links-alternative Demonstrationen)

Diese Maßnahme ist ohnehin ein Unding, insbesondere aber dadurch, daß eine Aufarbeitung der Geschehnisse auf politischer Ebene vom Hamburger Senat auf Ende Januar geschoben wurde, Tatsachen aber ganz offensichtlich schon jetzt geschaffen werden.

Eine durch Mopo und ähnliche Medien verwirrte Öffentlichkeit scheint die Folgen eines solchen Handelns nicht abschätzen zu können.

Bis auf weiteres berufe ich mich daher auf meine Grundrechte und verweigere jede Gefolgschaft zur Preisgabe von Tascheninhalten etc.

Für eine transparente und solidarische Politik!

Wehret den Anfängen!

mehr: http://de.indymedia.org/2014/01/3

 

Generalverdacht im Gefahrengebiet

„Anhalten – Polizeikontrolle – Personalausweis! Wo wollen Sie hin? Öffnen Sie ihre Tasche! Sie befinden sich in einem Gefahrengebiet!“ Mit diesen polizeilichen Aufforderungen werden Menschen in Hamburg konfrontiert, die in einem „Gefahrengebiet“ von der Polizei kontrolliert werden.

Seit Juni 2005 hat die Polizei das Recht, aufgrund ihrer „Lageerkenntnisse“ sogenannte „Gefahrengebiete“ zu definieren, in denen sie „Personen kurzfristig anhalten, befragen, ihre Identität feststellen und mitgeführte Sachen in Augenschein nehmen“ darf. (§ 4 Abs. 2 PolDVG)

Die gesetzliche Grundlage für diese verdachtsunabhängigen Kontrollen wurde mit dem „Gesetz zur Erhöhung der Sicherheit und Ordnung“ vom 16. Juni 2005 geschaffen, das die CDU-Bürgerschaftsfraktion als „schärfstes Polizeigesetz in Deutschland“ feierte.

Die Polizei hat bisher über 40 Gefahrengebiete in Hamburg ausgewiesen. Ganze Stadtteile unterliegen dem polizeilichen Ausnahmezustand, um Identitätsfeststellungen, Durchsuchungen, Platzverweise und Aufenthaltsverbote sowie Ingewahrsamnahnmen zu begründen.

Gefahrengebiete konstruieren einen Generalverdacht gegenüber Menschen, die sich in bestimmten Stadtteilen aufhalten. Dieser Generalverdacht richtet sich insbesondere gegen polizeilich definierte „Zielgruppen“. In den Senatsantworten auf eine Kleine Anfragen der LINKEN werden folgende „Zielgruppen“ genannt:

  • „Personen, die sich in den Grenzen des Gefahrengebiets aufhalten und vom äußeren Erscheinungsbild und/oder ihrem Verhalten der Drogenszene zugeordnet werden können“ (Drogenkonsum),
  • „16-25-Jährige in Gruppen ab drei Personen oder Personen, die alkoholisiert sind und/oder sich auffällig verhalten.“ (Jugenddevianz)
  • „Einzelpersonen, die nach polizeiliche Erfahrung der gewaltbereiten Fußballszene zuzurechnen sind oder 16-35-Jährige in Gruppen ab drei Personen“ (Fußballfans)
  • „Personen, die augenscheinlich dem linken Spektrum zuzurechnen sind“ (links-alternative Demonstrationen)

Die Polizei verfügt per Gesetz über die Definitionshoheit, welche Personen an welchen Orten zu welchen Zeitpunkten kontrolliert und kriminalisiert werden. Praktiziert werden verdachtsunabhängige Personenkontrollen, die einen gravierenden Eingriff in die Grundrechte der informationellen Selbstbestimmung darstellen. Hierfür braucht die Polizei weder einen konkreten Anfangsverdacht noch eine konkrete Gefahr.

Die Kampagne „Grundrechte verwirklichen! Gefahrengebiete aufheben!“ will über die Hintergründe der Hamburger Polizeigesetze aufklären. Sie ist ein Beitrag zur Verteidigung der Grund- und Menschenrechte gegen die Konzeption eines präventiven Überwachungsstaates.

Die Bürgerschaftsfraktion DIE LINKE hat vierzehn Kleine und zwei Große Anfragen zur Thematik der Gefahrengebiete gestellt: Gefahrengebiete in Hamburg 19/2110, Gefahrengebiete II 19/2659, Gefahrengebiete III 19/2812, Gefahrengebiete IV 19/2835, Große Anfrage „Grundrechtswirklichkeit in Hamburg“ 19/3198, Gefahrengebiete V 19/4214, Gefahrengebiete VI 19/6229, Gefahrengebiete VII 19/6640, Gefahrengebiet Neuwiedenthal 19/7022, Gefahrengebiet Neuwiedenthal II 19/7136, Gefahrengebiete VIII 19/7202, Gefahrengebiete IX 19/7886, Gefahrengebiete I 20/363, Gefahrengebiete II 20/1355, Gefahrengebiete II 20/3278, Schanzenfest 2012 20/5119, Gefahrengebiete III 20/5938 sowie Große Anfrage Gefahrengebiet Sternschanze 20/490. Zur Datenauswertung haben wir auch die Bürgerschaftsdrucksache 19/848 herangezogen.

Zwei ausführliche Artikel von Dr. Jan Wehrheim und Bela Rogalla zur Analyse und Kritik der Gefahrengebiete sind in der Dokumentation der Fachtagung „Demokratisierung der Polizei“ enthalten.

http://www.grundrechte-kampagne.de/node/114/

aus: http://www.grundrechte-kampagne.de/kampagne/generalverdacht-im-gefahrengebiet

 

ndr
Teile Hamburgs sind Dauer-Gefahrengebiet

Große Teile der Sternschanze, Altonas und St. Paulis gelten seit heute Morgen als Gefahrengebiet – und zwar bis auf Weiteres. Seit dem Nachmittag sollen zwei Hundertschaften „relevante Personengruppen“ einschließlich ihrer mitgeführten Sachen überprüfen, sagte ein Polizeisprecher. Wie lange die Stadtteile Gefahrengebiet bleiben, sei von der weiteren Entwicklung abhängig.

Damit reagiert die Polizei auf teilweise schwere Angriffe auf Beamte und Wachen in den vergangenen Wochen, insbesondere auf den Anschlag auf die Davidwache am vergangenen Wochenende. „Sehr deutlich“ soll werden, dass die Hamburger Polizei „alle rechtlichen Möglichkeiten“ ausschöpfe, um Leib und Leben ihrer Beamten zu schützen, teilte die Polizei am Freitag mit.

Unangekündigte Kontrollen
Die Deklarierung zum Gefahrengebiet berechtigt die Beamten, in der örtlich begrenzten Zone Menschen unangekündigt zu kontrollieren. Sie dürfen Platzverweise erteilen, Aufenthaltsverbote aussprechen und Personen in Gewahrsam nehmen. „Dadurch können relevante Personengruppen einschließlich ihrer mitgeführten Sachen überprüft und aus der Anonymität geholt werden“, so die Polizei weiter.

Insbesondere die Angriffe auf ein Polizeikommissariat in Hamburg-Mitte im Dezember sowie die beiden Angriffe auf die Davidwache hätten zu der Entscheidung geführt, das Gefahrengebiet einzurichten. Bei den Demonstrationen im Zusammenhang mit der Roten Flora waren Polizeibeamte zum Teil erheblich verletzt worden. Ein so umfangreiches wie das aktuell beschlossene Gefahrengebiet hat es in Hamburg bisher noch nicht gegeben, wie NDR 90,3 berichtete. Voraussichtlich soll es mindestens mehrere Wochen lang bestehen bleiben. Die Kontrollen werden laut Polizei „wie gewohnt mit Augenmaß“ durchgeführt. Es sei nicht beabsichtigt, Anwohner oder Besucher des Vergnügungsviertels übermäßig zu belasten.

Grünen-Politikerin fordert Überprüfung des Gesetzes
Die innenpolitische Expertin der Hamburger Grünen, Antje Möller, kritisierte die Einrichtung des Gefahrengebietes als „massive Einschränkung der Bewegungsfreiheit für viele Tausend Menschen“. Auch sei die Größe des betroffenen Areals nicht verhältnismäßig. In einem Gespräch mit NDR Info forderte sie, die Herleitung des Paragrafen zu prüfen, der der Polizei das Recht einräumt, Teile der Stadt als Gefahrengebiet zu definieren.

Die Polizei hatte eine solche Maßnahme in der Vergangenheit bereits mehrfach veranlasst. Unter anderem sollte so der Drogenhandel eingedämmt werden. Seit 2005 haben die Beamten in Hamburg das Recht, Teile der Stadt als Gefahrengebiete zu definieren. Die Partei die Linke kritisiert dies bereits seit Längerem im Internet. Alle Menschen, die sich in der definierten Zone aufhielten, würden unter Generalverdacht gestellt.

Zudem haben Polizei und der Hamburger Generalstaatsanwalt inzwischen 8.000 Euro Belohnung für Hinweise auf die Täter ausgesetzt, die beim jüngsten Angriff auf die Davidwache drei Beamte schwer verletzt hatten.

 http://www.ndr.de/regional/hamburg/gefahrengebiet111.html

zeit online 03.01.14
Nach Krawallen
Polizei erklärt Teile Hamburgs zum Gefahrengebiet

Personenkontrollen, Durchsuchungen und Aufenthaltsverbote: Die Hamburger Polizei ruft den Ausnahmezustand in mehreren Stadtteilen aus – er gilt bis auf Weiteres.

Die Polizei in Hamburg hat ein sich über mehrere Stadtteile erstreckendes „Gefahrengebiet“ ausgerufen. In Teilen Altonas, St.Paulis und Sternschanze dürfen Polizisten künftig Personen und „mitgeführte Sachen“ überprüfen, Platzverweise aussprechen und Menschen in Gewahrsam nehmen. Das teilte die Polizei am Freitag mit. Die Zone gelte ab Samstagmorgen 6 Uhr bis auf Weiteres.

Grund für die Maßnahme seien wiederholte Angriffe gegen Polizisten, die teils schwer verletzt wurden. Allein im Dezember sind laut Polizei dreimal Kommissariate angegriffen worden. Auch vor, nach und während einer Demonstration seien Polizisten und Einrichtungen massiv angegriffen worden.

Die Zone erstreckt sich über das sogenannte Bermuda-Dreieck in der Hamburger Innenstadt. Begrenzt wird sie im Süden von der Elbe. Im Westen reicht sie bis an die Bahngleise in Altona, im Norden bis an den Holstenkamp und im Westen bis an die Glacischaussee.
Das Gefahrengebiet in Hamburg

Das Gebiet um St. Pauli und Sternschanze gilt als Vergnügungsviertel. Darin befindet sich unter anderem die bei Touristen beliebte Reeperbahn.

Anwohner oder Besucher sollen laut Polizei nicht übermäßig belastet, die Kontrollen „mit Augenmaß“ durchgeführt werden. Sie richteten sich gegen relevante Personengruppen.

http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2014-01/hamburg-gefahrengebiet-stpauli

Frankfurter Rundschau
Hamburg Gefahrengebiet
Großkontrolle in Hamburg

Als Reaktion auf Angriffe auf Polizisten hat die Polizei in Hamburg am Samstag ein „Gefahrengebiet“ eingerichtet. Sechs Polizeizüge sind in drei Stadtteilen im Einsatz, um Verdächtige zu kontrollieren. Das Vorgehen wird heftig kritisiert.

Die Hamburger Polizei hat seit Samstag ein sogenanntes Gefahrengebiet in Teilen von Altona, St. Pauli und der Sternschanze eingerichtet. Anderthalb Hundertschaften – sechs Polizeizüge – seien am Nachmittag um 14 Uhr losgezogen, um in diesen Stadtteilen „relevante Personengruppen“ zu kontrollieren, sagte eine Polizeisprecherin. Wie lang die Stadtteile „Gefahrengebiet“ bleiben, sei von der Entwicklung abhängig, hieß es. Die Kontrollen sollten zunächst bis Sonntagmorgen dauern.

Grund für die verstärkte Überprüfung sind wiederholte Angriffe auf Beamte und polizeiliche Einrichtungen der SPD-regierten Hansestadt in jüngster Zeit. Erst am vergangenen Wochenende waren bei einem Anschlag auf die Davidwache an der Reeperbahn drei Beamte schwer verletzt worden.

Kritik von den Grünen und FDP
Die Grünen-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft kritisierte die Einrichtung des Gefahrengebiets. Damit stelle man Tausende Menschen unter Generalverdacht, sagte die innenpolitische Fraktionssprecherin Antje Möller der Nachrichtenagentur dpa. „Das schränkt die Bewegungsfreiheit der Menschen massiv ein, gerade auch weil die Eingrenzung auf „relevante Personengruppen“ sehr viel Spielraum lässt.“ Hinzu komme die willkürliche Größe des Gebiets. Die Verhältnismäßigkeit müsse dringend überprüft werden.

Auch der innenpolitische Sprecher der Hamburger FDP-Fraktion, Carl-Edgar Jarchow, erklärte, man werde prüfen müssen, inwieweit die Maßnahme und der Umfang verhältnismäßig seien. Das Gesetz regele klar, dass ein „Gefahrengebiet“ nur so lange ausgewiesen werden dürfe, wie es die Lage erfordere. „Nach Äußerungen der Polizei erfordert es die Lage derzeit nicht, es besteht folglich kein Grund, das Gefahrengebiet aufrechtzuerhalten“, sagte Jarchow.

Polizei: Kontrolle mit Augenmaß
Am kommenden Montag kommt der Innenausschusses der Bürgerschaft auf Antrag der Grünen zu einer Sondersitzung zusammen. Dann geht es um eine Aufarbeitung der Krawalle vom 21. Dezember, als während und nach einer Demonstration für den Erhalt des linken Kulturzentrums Rote Flora im Schanzenviertel 120 Polizisten und rund 500 Demonstranten verletzt wurden.

Ein Polizeisprecher kündigte an, dass die Kontrollen im „Gefahrengebiet“ mit Augenmaß durchgeführt würden. Es sei nicht beabsichtigt, Anwohner oder Besucher übermäßig zu belasten. „Gleichwohl wollen wir durch diese Maßnahme sehr deutlich machen, dass die Polizei Hamburg alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen wird, um Leib und Leben ihrer Beamten zu schützen.“ (dpa)

Artikel URL: http://www.fr-online.de/politik/hamburg

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