„Stimmungsmache gegen Zuwanderung: CSU-Kampagne irritiert Rumänen und Bulgaren
Von Keno Verseck
In Rumänien und Bulgarien sorgen die CSU-Warnungen vor armen Migranten für Ärger. Westliche Länder hätten doch von der EU-Osterweiterung profitiert, meinen Experten – nun könnten sie sich nicht einfach abschotten.
[…] Kommentatoren [in Rumänien und Bulgarien] erinnern daran, dass die meisten bulgarischen und rumänischen Auswanderungswilligen ihre Heimatländer längst verlassen hätten – und im Westen arbeiten. Derweil wird in Serviceteilen von Zeitungen und Online-Medien vor betrügerischen westlichen Arbeitgebern gewarnt – etwa in der deutschen Fleischindustrie.
[…] Die mit der EU-Erweiterung verbundenen Wohlstandsversprechen konnten in beiden Ländern bisher nicht eingelöst werden. Zwar stünden Rumänien und Bulgarien viele Milliarden an EU-Förderhilfen zu, mit denen beispielsweise dringende Infrastrukturprojekte finanziert werden sollen, von der Ausbesserung des maroden Straßennetzes über die Kanalisation für ländliche Gegenden bis hin zum Umbau des Energienetzes. Doch beide Länder haben infolge von Verwaltungschaos massive Schwierigkeiten, die EU-Fördergelder abzurufen – und rücken so absurderweise in die Nähe von EU-Nettozahlern.Umgekehrt sind Rumänien und Bulgarien zu Lieferanten von Hochqualifizierten für westliche Länder geworden. Beispiel: Ärzte aus Rumänien. Schon vor Jahren begann der Exodus der Mediziner, auch nach Deutschland – in Rumänien selbst fehlen nach Schätzungen des dortigen Berufsverbands der Mediziner inzwischen etwa 40.000 Ärzte. Ähnlich sieht es in vielen anderen Branchen aus. Rumänien und Bulgarien erleben seit Jahren einen drastischen Braindrain ihrer Fachkräfte. „Bisher haben westliche Länder von dieser Migration profitiert“, sagt Alina Mungiu-Pippidi. „Es ist scheinheilig, wenn sie jetzt Restriktionen für Migranten einführen wollen, die ihnen nicht willkommen sind.“
Auch Ognjan Mintschew sieht Westeuropa, das von der EU-Erweiterung ökonomisch stark profitiert habe, in der Pflicht. „Überall in Rumänien und Bulgarien konnten westliche Groß- und Einzelhandelsketten ihre Filialen eröffnen. Viele Kleinbauern sind in diesem Wettbewerbsprozess kaputtgegangen. Und so wie Bulgarien und Rumänien einen guten Absatzmarkt bieten, so sollten seine Menschen auch das legitime Recht auf freie Arbeitsplatzwahl haben.“ […]“