06. Februar 2013 · Kommentare deaktiviert für Ägypten: „2 Jahre nach Mubaraks Sturz ist die Polizei immer noch nicht reformiert, was die regierenden Muslimbrüder wenig kümmert“ · Kategorien: Ägypten · Tags:

NZZ 06.02.13

Polizeigewalt wie zu Mubaraks Zeiten. Breite Empörung über prügelnde Ordnungshüter in Ägypten

[…] Zwei Jahre nach Mubaraks Sturz ist die Polizei immer noch nicht reformiert, was die regierenden Muslimbrüder wenig kümmert. […] In der Omar-Makram-Moschee am Tahrir-Platz fanden am Montag die Beerdigungen von zwei jungen Aktivisten des linken Volkstrends statt. Amr Saad starb am Freitag vor dem Präsidentenpalast, nachdem er von Schrotkugeln getroffen worden war, Mohammed al-Gindi erlag im Spital seinen schweren Hirnschäden und Brüchen, die er durch Folter nach seiner Verhaftung erlitten haben soll. Im Internet werden die beiden bereits als Helden geehrt, wie vor dem Ausbruch der Revolution Khaled Said, dessen Foltertod einer der Zündfunken für den Aufstand war.

Nicht nur in Kairo gingen die Sicherheitskräfte seit dem Jahrestag der Revolution am 25. Januar äusserst brutal vor. Auch in den Städten Port Said und Suez, wo der Grossteil der fast 60 Toten zu beklagen war, hat das Ägyptische Zentrum für Wirtschafts- und Sozialrechte die Polizei beschuldigt, exzessive Gewalt gegen Zivilisten verübt und mit Gerüchten über angeblich getötete Offiziere die Sicherheitskräfte zusätzlich aufgestachelt zu haben. Exzessive Gewalt und Folter sei genau wie unter Mubarak immer noch systematisch, hat im Januar die ägyptische Initiative für Persönlichkeitsrechte festgestellt und in ihrem Bericht 21 Todesfälle auf Polizeiposten seit Mursis Amtsantritt dokumentiert, davon zehn durch Folter. Wenn immer solche Fälle publik werden, wird eine Untersuchung eingeleitet, die Behörden drücken ihr Bedauern aus, aber es geschieht nichts. Verantwortliche werden nicht zur Rechenschaft gezogen. Fast alle Gerichtsfälle gegen Polizisten wegen Übergriffen während und nach der Revolution endeten mit Freisprüchen; für Menschenrechtsaktivisten ist das der Beweis, dass die Polizei immer noch über dem Gesetz steht. Fünf Mal wurde seit der Revolution der Innenminister bereits ausgetauscht. Reformen wurden keine umgesetzt. […]
Die Polizei sei jetzt bereit, die Drecksarbeit für die Muslimbrüder zu leisten, kam der Soziologe Ziad Akl in einer Kolumne unlängst zum Schluss.
Mit einem neuen Gesetz will die Regierung der Polizei nun weitreichende Befugnisse einräumen, um Proteste aufzulösen und «Saboteure und Provokateure» zu bekämpfen. Das Gesetz, das in den nächsten Tagen von der zweiten Parlamentskammer beraten werden solle, sei notwendig geworden, um gegen die Welle der Gewalt vorzugehen und das Recht auf Demonstration zu regeln, erklärte Justizminister Ahmed Mekki. Es sieht eine ganze Liste von Einschränkungen vor, von denen Menschenrechtsaktivisten sagen, sie würden die Demonstrationsfreiheit einschränken.

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