31. Oktober 2012 · Kommentare deaktiviert für Kompass – AntiRa – Newsletter Nr. 9 – November 2012 · Kategorien: Deutschland · Tags: ,
+++ Protestmarsch-Demo und weitere Aktionen der selbstorganisierten Flüchtlinge in Berlin +++ Urteil im Piratenprozess +++ Rundreise mit Aktivist aus Bamako/Mali +++ Veranstaltung und Treffen gewerkschaftlicher Anlaufstellen in München +++ Protestkult(o)ur/SOS nach Brüssel +++ Gegen die IMK in Rostock +++ Internationale Konferenz in Oldenburg +++ Weitere überregionale und transnationale Termine +++ 2013 – 20 Jahre faktische Abschaffung des Asylrechts… +++

Über 6000 TeilnehmerInnen kamen am 13.10. zur Abschlussdemo in Berlin zusammen, und abgesehen vom Migrationsaktionstag im Rahmen des G-8 in Rostock 2007 gab es seit vielen Jahren keine vergleichbar große Demo für die Rechte der Flüchtlinge in Deutschland. Nur zwei Tage später, am 15.10.,  besetzten AktivistInnen von The Voice die nigerianische Botschaft, um gegen die Kollaboration bei Abschiebungen zu protestieren. Eine mutige Aktion, auf die von der Polizei äußerst repressiv reagiert wurde. Doch das Protestcamp der Flüchtlinge auf dem Oranienplatz in Berlin besteht weiter, auch als Diskussionsraum, um über Formen und nächste Ziele des selbstorganisierten Widerstandes zu beraten. Bereits während des Protestmarsches war immer wieder Thema, dass der Kampf gegen Residenzpflicht, Lager und Abschiebungen einen langen Atem braucht, dass es um den Aufbau beständiger Strukturen geht…Gleichzeitig hat nun am Brandenburger Tor ein neuer Hungerstreik begonnen, in Frankfurt wurde ein neues Protestzelt aufgebaut. Und zumindest in Berlin finden all diese Aktivitäten sowie die dort andauernden massiven Polizeischikanen eine recht große kritische Öffentlichkeit …

In diesem Newsletter finden sich ansonsten mehrere Vorankündigungen für antirassistische Veranstaltungen, Treffen und Mobilisierungen, die zum Teil Anfang und Mitte Dezember stattfinden, sowie am Ende ein paar Zeilen zu 2013, dem Jahr, in dem sich die faktische Abschaffung des Asylrechts zum 20. Mal jährt.
Schließlich gibt es einen Kurzbericht vom Piratenprozess, der im Oktober in Hamburg zu Ende gegangen ist.

http://kompass.antira.info wurde 2011 als Überblicks- und Informationsplattform für die
antirassistische Bewegung eingerichtet, um die vielfältigen antirassistischen Initiativen und
Spektren übergreifend darzustellen und damit auch für neue Interessierte einen besseren Zugang zu schaffen. Mit diesem monatlichen Newsletter möchten wir über die Webseite hinaus einen weiteren Schritt der kontinuierlichen Vernetzung und Verbreiterung anpacken. Und wir übernehmen gerne Hinweise und Berichte zu überregionalen Terminen und Aktionen.

mit besten Grüßen,
die Kompass-Crew
Kontakt: kompass-notify@antira.info

Zur Protestmarsch-Demo und weiteren Aktionen in Berlin:
„Abschiebestopp, Abschaffung der Residenzpflicht, Abschaffung der Flüchtlingslager!“
Mehr als 6.000 Menschen haben am 13.Oktober 2012 in Berlin gegen die deutsche Asylpolitik und für die Rechte von Flüchtlingen demonstriert. Es war eine der größten antirassistischen Demonstrationen der letzten Jahre. Eine Fotoseite unter:
http://www.umbruch-bildarchiv.de/bildarchiv/ereignis/131012berlin.html
Refugee Protest March – still on the move!
Videolink: http://youtu.be/-c1hsb09BMA
Weiterführende Infos, insbesondere zum Hungerstreik am Brandenburger Tor:
http://www.refugeetentaction.net/
Zur Besetzung der nigerianischen Botschaft:
http://thevoiceforum.org/node/2864
Kontakt zum neuen Protestzelt iranischer Flüchtlinge in Frankfurt:
streikinhessen@gmail.com

Piratenprozess in Hamburg
10 somalische Angeklagte wegen Piraterie verurteilt. Solidarität geht weiter.
Der seit fast zwei Jahren andauernde ‚Piraten‘-Prozess gegen zehn somalische Angeklagte in Hamburg ist am 19. Oktober zu Ende gegangen. Nach 105 Verhandlungstagen ist es zur Urteilsverkündung gekommen. Die Strafen: zwei Jahre Haft für die drei Heranwachsenden, die schon zwei Jahre Untersuchungshaft hinter sich haben und damit jetzt frei sind. Sechs bzw. sieben Jahre für die Älteren. Auch der ‚Kronzeuge‘, für den der Staatsanwalt einen Rabatt von vier Jahren vorgesehen hatte, musste sechs Jahre einstecken. In vielen Aspekten musste der Richter zugeben, dass es ihm trotz 105 Verhandlungstagen nicht gelungen war, der Wahrheit näher zu kommen. Allerdings gestand er den Angeklagten zu, nicht diejenigen zu sein, die die Aktion geplant hatten und dass sie keine Tötungsabsicht hatten. Der zaghafte Ansatz des Gerichts, anzuerkennen, dass es problematisch ist, Ereignisse vor der Küste Somalias mit deutschen Rechtsbegriffen zu erfassen, hat es nicht daran gehindert, lange Haftstrafen zu verhängen. Die genannten Ungereimtheiten bestätigen die Einschätzung, dass es bei der gesamten Inszenierung, inklusive Urteilsbegründung, vor allem darum geht, einen viele Millionen Euro teuren Militäreinsatz gegenüber der Öffentlichkeit zu legitimieren. Dutzende hoch gerüstete Kriegsschiffe aus den Machtzentren der Welt sind nicht wegen einer handvoll Piraten mit alten Waffen und Flip-Flops im Einsatz, sondern weil es um die Kontrolle des Warenverkehrs zwischen den Produktions- und Konsum-Zonen geht.
Ausführliche Infos : www.reclaim-the-seas.blogspot.com

Weitere überregionale bis transnationale Veranstaltungen und Mobilisierungen in den kommenden Wochen und Monaten:

Rundreise von Alassane Dicko aus Bamako/Mali
Seit Ende Oktober ist Alassane Dicko von der Assoziation der Abgeschobenen (AME) aus Bamako/Mali zu Veranstaltungen und Treffen in Deutschland und Österreich unterwegs. Themen sind einerseits der aktuelle Krieg und die Interventionsplanungen in Mali, zum anderen das externalisierte Grenzregime…
Zwischen 5. und 10,. November wird es  Treffen mit Alassane Dicko in Bremen und Berlin geben, Interessierte können sich zwecks genauerer Informationen bei NoLager Bremen melden: nolagerbremen@yahoo.de
Öffentliche Veranstaltung am Samstag, 3. November in Jena
Europas Krieg gegen die Menschenrechte
um 18:00, Uni Jena Carl-Zeiß-Straße 3, HZ 7
mit Alassane Dicko (Assoziation der Abgeschobenen Malis)
& Rex Osa (The VOICE Refugee Forum) siehe: http://thevoiceforum.org/node/2854
Öffentliche Veranstaltung am 12. November 2012 in Wien
Krieg um Mali
um 19 Uhr 30, Afro-Asiatisches Institut, Türkenstraße 3, 1090 Wien.
Veranstaltung mit Alassane Dicko/Bamako, siehe
http://afrique-europe-interact.net/index.php?article_id=788&clang=0

Am 30.11. und 1.12. 2012 in München:
Veranstaltung/Treffen gewerkschaftlicher Anlaufstellen
Mindestens einmal im Jahr treffen sich die gewerkschaftlichen Anlaufstellen für MigrantInnen mit und ohne Papiere in prekären Arbeitsverhältnissen zum Austausch über ihre Beratungsarbeit und weitere Initiativen. In diesem Rahmen findet am Freitag, den 30.11., im Gewerkschaftshaus in München ab 19 Uhr eine öffentliche Veranstaltung zur Situation und Unterstützung südosteuropäischer MigrantInnen (Schwerpunkt Bulgarien) statt, am Tag darauf dann das (interne) Arbeitstreffen.
Weitere Infos: http://kompass.antira.info/doku.php?id=gewerkschaftliche_anlaufstellen_fuer_migrantinnen_mit_und_ohne_papiere
Kontakt: kontakt@migrar-ffm.de

2. – 6. Dezember 2012: Protestkult(o)ur der Kampagne SOS for Human Rights nach Brüssel zum EU Parlament
Fluchtwege freihalten! Den unerklärten Krieg gegen die Flüchtlinge beenden! Kinder- und Menschenrechte umsetzen! Diese Forderungen sind der Kern der Kampagne „SOS for Human Rights“. Anfang Dezember fahren die Jugendlichen ohne Grenzen (JoGs) und das Kampagnenbündnis nach Brüssel, um die gesammelten Unterschriften des gleichnamigen Appells der JoGs an den EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz zu übergeben. Mit dem gleichnamigen GRIPS-Stück im Gepäck werden die JoGs ihren Forderungen auf internationaler Ebene Gehör verschaffen und deren sofortige Umsetzung einfordern.
Weitere Infos: http://www.sos-for-human-rights.eu/index.php?option=com_content&view=article&id=66&Itemid=84

5./6. Dezember 2012: Gegen die Innenministerkonferenz (IMK) in Rostock
JoG (Jugendliche ohne Grenzen) und Antirassistische Gruppen in Rostock mobilisieren..
„Recht auf Bleiberecht! Dulden heißt beleidigen“ – unter diesem Motto findet die 10. Jugendkonferenz von Jugendlichen ohne Grenzen in Rostock statt. Um gegen die entwürdigenden Zustände für Flüchtlinge anzugehen und endlich eine Bleiberechtsreglung für alle durchzusetzen, die ihren Namen auch verdient, treffen sich und protestieren die Jugendlichen ohne Grenzen(JoG) vom 02.12.2012- 07.12.2012 parallel zur Herbstinnenminister-Konferenz.
Am 05.12.12  um 17.00 Uhr Bleiberechtsdemo;
Am 06.12.2012 um 11 Uhr Pressekonferenz mit PRO ASYL; Flüchtlingsrat MV, Roma Center Göttingen; um 18.00 Uhr Gala –Wahl des Abschiebeministers 2012 und Initiativenpreis. Weitere Infos demnächst unter: http://jogspace.net/

Vom 6. bis 8. Dezember 2012 – Internationale Konferenz in Oldenburg
New Borderlands or Cosmopolitanism from below? (NeBoCo)
International Conference on Linking Theories of Border, Concepts of Cosmopolitanism and Citizenship in Migration Studies
Carl von Ossietzky University Oldenburg,Germany
http://www.neboco.org

18. Dezember 2012: Globaler Aktionstag zu den Toten und Verschwundenen der Grenzregime
Von Tunesien bis Mexiko sind Aktivitäten in Planung, ein gemeinsamer Aufruf findet sich unter: http://www.globalmigrantsaction.org
Im gleichen Kontext stehen Veranstaltungen und Aktivitäten in Berlin, Frankfurt und Hamburg:
    Am 17.12.12 in Berlin zur tunesischen Revolution mit Gästen aus Tunis;
    Am 18.12.12 in Frankfurt zu Boats4People und Watch The Med mit den beiden Gründern dieses Monitoring- und interaktiven Kartenprojekts gegen das Sterben im Mittelmeer;
    Am 19.12.12 in Berlin zu Boats4People und dem Projekt Watch The Med, s.o.;
    Am 20.12.12 in Hamburg zur tunesischen Revolution mit Gästen aus Tunis;
Kontakt für genauere Infos: choucha-appell@antira.info
Weitere Informationen im nächsten Newsletter und unter:
https://archiv.ffm-online.org/
http://afrique-europe-interact.net/index.php?article_id=544&clang=0

2013 – 20 Jahre faktische Abschaffung des Asylrechts …
Im Jahr 2013 jähren sich die bislang dramatischsten Änderungen der Asyl- und Flüchtlingspolitik der BRD zum 20. Mal. Die damals beschlossene faktische Abschaffung des Asylrechts und die Einführung des Asylbewerberleistungsgesetzes prägen bis heute die Zuwanderungspolitik und die Lebensbedingungen von Flüchtlingen in Deutschland.
Gerade auch im Hinblick auf die derzeitige Diskussion um Visumsfreiheit für Menschen aus Serbien und Mazedonien kann nicht oft genug darauf hingewiesen werden, wie rassistische Stimmungsmache und Berichterstattung, neonazistische und pogromartige Gewalt sowie politische Neuregelung Hand in Hand gingen.

Eine unvollständige Chronologie der Ereignisse:
    9. September 1991: Spiegel-Titel: „Ansturm der Armen“ mit der Abbildung eines vollen Bootes
    17. und 23. September 1991: Pogrome in Hoyerswerda
    22. – 26. August 1992: Pogrome in Rostock-Lichtenhagen
    23. November 1992: Mordanschlag in Mölln
    6. Dezember 1992: Sog. Asylkompromiss zwischen CDU, CSU, SPD und FDP
    Das Jahr 1992 war mit insgesamt 27 Todesopfern das Jahr, das die meisten Todesopfer rechtsextremer Gewalt forderte (siehe http://www.mut-gegen-rechte-gewalt.de/news/chronik-der-gewalt/todesopfer-rechtsextremer-und-rassistischer-gewalt-seit-1990/ )
    26. Mai 1993: Bundestagsbeschluss zur Änderung des §16GG (Asylrecht)
    29. Mai 1993: Mordanschlag von Solingen
    1. Juli 1993: Inkrafttreten der Neuregelung des §16GG (Asylrecht)
    1. November 1993: Inkrafttreten des Asylbewerberleistungsgesetzes“

In Planung:
13. bis 16. Juni 2013: Internationales Tribunal der Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen gegen die Bundesrepublik Deutschland in Berlin

 

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