„[…] Menschenrechtsorganisationen lobten Mare Nostrum, obwohl auch während der Laufzeit der Operation 3.500 Menschen starben. Doch nur ein Jahr später, im Herbst 2014, wurde Mare Nostrum wieder eingestellt. Die Last der Operation war für die italienische Marine alleine zu schwer geworden. Seither gibt es zwar die Frontex-Mission Triton. Doch die ist keine Rettungsaktion, sondern sie dient der Grenzsicherung. Außerdem muss Frontex auf Schiffe der nationalen Küstenwachen zurückgreifen und verfügt über deutlich weniger Geld. „Triton kann kein Ersatz sein“, sagt Keßler. „Es bräuchte eine koordinierte europäische Rettungsorganisation.“Keßler ist mit sein Meinung nicht allein. Selbst altgediente Militärexperten glauben, dass Europa eine solche Mission starten sollte – und könnte.
Einer von ihnen ist Lutz Feldt. Feldt, 69 Jahre alt, war bis zu seinem Ruhestand im Jahr 2006 Vizeadmiral und Inspekteur der deutschen Marine. Vierzig Jahre lang hat er so ziemlich alles kommandiert, vom Minensuchboot bis zur Zerstörerflottille. Er war dabei, als die deutsche Marine Piraten und Terroristen am Horn von Afrika jagte und während des zweiten Golfkrieges Minen im Persischen Golf suchte. Mittlerweile berät er mit anderen Admirälen aus Frankreich, Spanien und Italien die Europäische Union in maritimen Sicherheitsfragen. Er sagt: „Die Europäische Union muss im Mittelmeer eine zivilmilitärische Operation zur Rettung der Flüchtlinge etablieren.“