17. Oktober 2016 · Kommentare deaktiviert für „Flüchtlinge aufs Festland: Griechenland macht Ernst mit Drohung aus dem Sommer“ · Kategorien: Europa, Griechenland, Türkei

Quelle: Welt

Eigentlich sollen Flüchtlinge von griechischen Inseln zurück in die Türkei geschickt werden. Doch der Teil des Deals funktioniert nicht. Athen verlegt sie nun aufs Festland – ein schwieriges Signal.

Von Flora Wisdorff

Die Bestimmungen des EU-Türkei-Deals werden zunehmend ignoriert. Die Rückführung von Flüchtlingen aus Griechenland in die Türkei funktioniert nicht. Weil die Lager auf den ägäischen Inseln überfüllt sind, macht die Regierung in Athen nun Ernst mit ihrer Ankündigung vom Sommer: Sie schickt Schutzsuchende von den Inseln in Einrichtungen auf dem Festland.

Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR, das die Transfers mitorganisiert, sind in den vergangenen zwei Wochen bereits 150 Flüchtlinge von Lesbos, Chios, Samos und Kos in unterschiedliche Camps in den Großraum Athen, in die Nähe von Thessaloniki und auf den Peloponnes gebracht worden. „Angesichts der Härten für die Betroffenen begrüßen wir diese Transfers sehr“, sagte Roland Schönbauer, UNHCR-Sprecher in Griechenland, der „Welt“.

Zurzeit sitzen in den Hotspots auf den ägäischen Inseln mehr als 14.000 Flüchtlinge in Unterkünften fest, die aber nur Platz für insgesamt 7000 Menschen bieten. Die Vereinbarung zwischen der EU und der Türkei sah ursprünglich vor, dass Schutzsuchende auf den Inseln Asylanträge stellen und diese auch dort bearbeitet werden.

Diese Flüchtlinge werden aufs Festland gebracht

Schließlich sollten die meisten von ihnen zurück in die Türkei geschickt werden. Die Regelungen gelten dem Abkommen zufolge für alle Flüchtlinge, die seit dem 20. März anlanden, die Abschiebungen sollten am 4. April beginnen. Doch bisher hat der Mechanismus wegen zu geringer Bearbeitungskapazitäten und rechtlicher Hindernisse nicht funktioniert. Nur 643 Flüchtlinge sind bislang in die Türkei abgeschoben worden.

Flüchtlinge aus drei Gruppen wurden laut UNHCR nun aufs Festland gebracht:

  • jene Fälle, bei denen bereits entschieden worden sei, dass die Türkei für sie kein sicherer Drittstaat ist,
  • solche Flüchtlinge, die Asyl über die Familienzusammenführung in einem EU-Staat beantragten,
  • besonders gefährdete Menschen wie etwa unbegleitete Minderjährige oder Schwangere. Für diese Gruppe kommt eine Abschiebung in die Türkei ohnehin nicht infrage.

Viele befürchten nun, dass dies ein unerwünschtes Signal an die Flüchtlinge aussenden könnten: Bald könnten sich wieder mehr von ihnen über die Ägäisroute auf den Weg machen, weil die Inseln nicht mehr als Sackgasse für sie gelten.

Die Bundesregierung sieht die Transfers jedenfalls mit großer Skepsis. „Es muss weiterhin klar sein, dass für die überwiegende Zahl der neu ankommenden Personen eine Verbringung auf das Festland nicht in Betracht kommt, sondern die Bearbeitung der Asylverfahren auf den griechischen Inseln stattfindet“, hieß es auf Anfrage der „Welt“ aus dem Bundesinnenministerium. Eine Verbesserung der Lage auf den griechischen Inseln werde „selbstverständlich begrüßt, sollte allerdings vorrangig durch eine Erweiterung der Aufnahmekapazitäten auf den Inseln erfolgen“.

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