27. September 2016 · Kommentare deaktiviert für „Das Ende der Willkommenskultur“ · Kategorien: Deutschland, Europa · Tags:

Quelle: Frankfurter Rundschau

Verbale Aufrüstung: Die Staats- und Regierungschefs sprechen beim Gipfel in Wien nicht mehr von Flüchtlingen, sondern von illegaler Migration.

Von ANDREAS SCHWARZKOPF

Die Europäische Union setzt mit den Wiener Einigungen ihre falsche Flüchtlingspolitik fort. Die Staats- und Regierungschefs sprechen nicht mehr von Flüchtlingen, sondern von illegaler Migration. Diese verbale Aufrüstung soll weitere Deals vorbereiten ähnlich dem umstrittenen Pakt mit der Türkei. Auch Länder in Nordafrika sollen Geld bekommen, wenn sie Flüchtlinge bei sich behalten.

Wie skandalös dieses Vorgehen ist, zeigt das Beispiel Ägypten. Seit dem Militärputsch im Jahr 2013 hat das Regime von Präsident Abdel Fattah al-Sisi nach Angaben von Menschenrechtlern 2000 Menschen getötet und 40.000 inhaftiert. Zwar muss die EU Kairo helfen, das Land zu stabilisieren, damit es nicht kollabiert und noch mehr Menschen fliehen. Doch das geht nur, wenn die EU Hilfen an Bedingungen knüpft und so das Regime dazu zwingt, die Repressionen zurückzunehmen, um das Land nicht weiter zu spalten. Bei einem möglichen Flüchtlingspakt erhält Kairo Milliarden Euro, wenn das Land keine Flüchtlinge mehr nach Europa lässt. Das hilft aber nicht den Bedürftigen, die mit weniger Rechten und ohne Perspektiven in Ägypten leben müssten. Ursachen von Flucht werden auf diese Weise jedenfalls nicht beseitigt.

Aber um eine angemessene Flüchtlings- oder Außenpolitik geht es Angela Merkel und den anderen Staats- und Regierungschefs nicht. Sie setzen auch keine Vereinbarungen um wie die, Tausende Flüchtlinge auf Europa zu verteilen. Sie versprechen zwar, es erneut zu versuchen. Tatsächlich wollen sie nur die europäische Abschottungspolitik fortsetzen. Mit Zäunen, zusätzlichen Grenzschützern und eben einer Art Ablasshandel beenden sie die europäische Willkommenskultur, lösen aber die Probleme nicht.

Damit ermutigen sie Rechtspopulisten. Denn wenn schon die EU-Befürworter und Brüssel selbst sich nicht an EU-Vorgaben halten, warum sollen es dann die Gegner der EU-Politik tun? Also werden sie wie der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán weiter Stimmung gegen Flüchtlinge machen.

Kommentare geschlossen.