16. Dezember 2013 · Kommentare deaktiviert für EU Rückübernahmeabkommen Türkei – Stellungnahmen Parteien · Kategorien: Deutschland, Türkei · Tags:

Die Grünen / Europäische Freie Allianz

PRESSEMITTEILUNG

Rückübernahme-Abkommen mit der Türkei

Ein weiterer Stein in der Festung Europa: EU lässt sich Selbstverständlichkeit teuer bezahlen

Zur Unterzeichnung eines Rückübernahme-Abkommens mit der Türkei sowie der vorgesehenen Visa-Liberalisierung sagt Barbara Lochbihler, Vorsitzende des Ausschusses für Menschenrechte im Europäischen Parlament:

„Die EU lässt sich eine Selbstverständlichkeit teuer bezahlen. Die Türkei ist der einzige EU-Beitrittskandidat, mit dem keine Visa-Vereinbarung besteht. Dass sich das nun ändern soll, war mehr als überfällig. Mein Besuch im vergangenen Juni, ein Tag nach der Stürmung von Gezi-Park und Taksim-Platz, hat einmal mehr gezeigt: Die türkische Zivilgesellschaft verteidigt die europäischen Werte und Prinzipien mit großem Einsatz und beeindruckender Hartnäckigkeit. Die nun geplante Visa-Freiheit ist da das Mindeste.

Im Gegenzug zwingt die EU-Kommission Ankara, beim Ausbau der Festung Europa mitzuwirken. Asylbewerber, die über die Türkei in die EU eingereist sind und deren Antrag abgelehnt wurde, sollen schon bald dorthin abgeschoben werden können. Dabei verfügt die Türkei über kein funktionierendes Asylsystem. Offiziellen Flüchtlingsstatus erhalten weiterhin nur Europäerinnen und Europäer, da die Türkei ‒ als eines von nur vier Ländern weltweit ‒ den sogenannten geografischen Vorbehalt der Genfer Flüchtlingskonvention aufrechterhält. Flüchtende aus dem Iran, aus Afghanistan, Somalia oder dem Sudan werden mittlerweile zwar geduldet, in der Regel aber an den UNHCR übergeben, der die Menschen in Drittstaaten umzusiedeln versucht. Das Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen wiederum findet nicht genügend Resettlement-Plätze. Häufig führt das zu völlig unhaltbaren Zuständen für die Flüchtlinge.

Mit einem Rückübernahme-Abkommen nimmt die EU billigend in Kauf, die Lage in der Türkei noch zu verschärfen. Was in der Türkei mit den abgeschobenen Asylbewerbern geschieht, ob sie ein menschenwürdiges Leben erwartet, ob sie ihre Rechte geltend machen können – für die EU ist das alles Nebensache.

Der türkische Europa-Minister Egemen Bagis verriet nun sogar stolz, die EU spendiere der Türkei Wärmebildkameras. Auch fließe Geld in ein Zentrum für Sprachexperten, die herausfinden sollen, aus welchem Land die aus der EU abgeschobenen Asylbewerber tatsächlich stammen. All das deutet auf verstärkte Abschiebung hin, finanziert von europäischen Steuergeldern.

Es heißt, die Freiheit des Einzelnen ende dort, wo die des Anderen beginnt. In der EU scheint mittlerweile zu gelten: Die Menschenrechte enden dort, wo die europäische Flüchtlingspolitik beginnt.“

KONTAKT:

Raphael KREUSCH

raphael.kreusch@ep.europa.eu

+32 485 359351

Festung Europa nun mit Abschiebegarantie in die Türkei

„Mit der Unterzeichnung des Abschiebeabkommens senden die Europäische Union und die Türkei ein fatales Signal an Flüchtlinge, beispielsweise an diejenigen, die aus dem Bürgerkriegsland Syrien kommen“, so Andrej Hunko, Europapolitiker der Fraktion DIE LINKE, zur heutigen Unterzeichnung eines EU-Rückübernahmeabkommens mit der Regierung in Ankara. Danach werden unerwünschte Migrantinnen und Migranten, die über türkisches Gebiet in die EU gereist sind, wieder in die Türkei abgeschoben.

„Dabei verfügt die Türkei nicht einmal über ausreichend Aufnahmekapazitäten. Auch das erst dieses Jahr verabschiedete Asylgesetz ist unzureichend. Menschen, die nicht in ihre Heimat zurückkehren können, erhalten nur ein vorübergehendes Bleiberecht. Es ist zu befürchten, dass Flüchtlinge zurückgeschoben werden, deren Asylanträge nicht ordnungsgemäß geprüft worden sind.

Das Abkommen mit der Türkei wird im Rahmen der EU-Beitrittsverhandlungen unterzeichnet. Es enthält keinerlei Gegenleistung, denn erst jetzt startet die EU-Kommission einen ,Visadialog‘. Das muss jetzt Anlass sein, endlich die Visumsbefreiung türkischer Staatsangehöriger einzuführen.

Statt eine solidarische Migrationspolitik voran zu bringen, schottet sich die EU weiter ab. Die Linksfraktion fordert die Bundesregierung auf, sich im Europäischen Rat für eine offene, solidarische und humane Flüchtlingspolitik in Europa einzusetzen. Darüber hinaus muss sie sich auch gegen die geplanten Abschiebeabkommen mit Marokko, Tunesien und dem autoritären Regime in Weißrussland aussprechen. “

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Andrej Hunko
Mitglied des Bundestages
Fraktion DIE LINKE
Platz der Republik 1
11011 Berlin
Tel: 030 227-79131
Fax: 030 227-76133

www.andrej-hunko.de
www.linksfraktion.de

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