Liebe AbonnentInnen des Newsletters, liebe Syrien-Interessierte,
in der vergangenen Woche bestätigten UN-Offizielle den Ausbruch von Polio in Syrien. Dies geht auf die mangelnde medizinische Versorgung und den Ausfall von Impfungen bei Kleinkindern zurück. Ebenfalls befürchtet wird der Ausbruch von Masern. Die Nachbarstaaten Syriens, die auch hunderttausende syrischer Kinder aufgenommen haben, zeigten sich angesichts dieser Meldungen alarmiert.
Derweil gehen hinter verschlossenen Türen die Verhandlungen über eine zweite Genf-Konferenz zur Beilegung des Syrien-Konflikts weiter. Ein Termin Ende November ist jedoch immer noch keine beschlossene Sache. Das syrische Regime hat zudem mit Kadri Jamil, seit 2012 stellv. Premierminister, einen der Befürworter der Genf-Konferenz in den eigenen Reihen entlassen. Jamil war 2012 als einer von zwei Ministern aus der früheren innersyrischen Opposition in die Regierung geholt worden; er stellte eine Art Feigenblatt für die Dialogbereitschaft des syrischen Regimes dar.
Als es zum Chemiewaffenangriff auf die Damaszener Ghouta-Region kam, führte Adopt a Revolution ein Interview mit dem Aktivisten Sami aus Erbin. Jetzt, rund zwei Monate nach dem Angriff, haben wir erneut ein Interview mit Sami geführt: https://www.adoptrevolution.org/bilanz-giftgaseinsatz/
Sami spricht über die Auswirkungen des Giftgasangriffs, die aktuelle Lage vor Ort sowie die geringen Erwartungen an die Genf II-Konferenz. Der Blick der Menschen in Erbin ist trotzdem nach vorn gerichtet, u.a. organisieren einige Schulen Unterricht für 4.000 Kinder. Sami schließt: „Wir haben gerade erst die Freiheit von der Diktatur erlangt. Die müssen wir jetzt nutzen, um eine bessere Gesellschaft für die Zukunft aufzubauen – egal, wie lange es noch dauern mag.“
Seit Wochen & Monaten riegelt das syrische Regime zahlreiche Vororte wie Stadtviertel von Damaskus ab. Aufgrund der Blockade kommt es zu enormer Lebensmittelknappheit, der Winter wird dort voraussichtlich viele Hungertote mit sich bringen. Die syrische Menschenrechtsanwältin Razan Zeitouneh lebt in Ghouta, einem der von der Blockade betroffenen Gebiete. Sie äußert in einem lesenswerten Kommentar enorme Enttäuschung über die fehlerhafte Politik des Westens, die Bashar al-Assad mittels des Chemiewaffendeals wieder salonfähig gemacht hat, jedoch unwillens & unfähig ist, die humanitäre Not in Syrien anzugehen. Der Westen habe in Syrien stets halbherzig und zaghaft gehandelt, zur Beilegung des Konflikts derart nicht beigetragen. Lesen Sie hier den Kommentar „Warum der Westen in Syrien irrt“: https://www.adoptrevolution.org/warum-der-westen-in-syrien-irrt-razan-zeitouneh/
Ein enormes Beispiel von Courage hat das Filmkollektiv Abou Naddara in einem Kurzfilm beleuchtet. Die Grundschullehrerin Souad Nofal protestierte zwei Monate lang täglich allein gegen die extremistische Gruppe ISIS (Islamischer Staat in Irak & Syrien). Erst als ihr Leben ernsthaft in Gefahr war, gab sie die tägliche Mahnwache vor dem ISIS-Gebäude in Raqqa auf. Im Kurzfilm „The Woman in Pants“ spricht sie über ihren Protest, das Vorgehen von ISIS in Raqqa und die Reaktionen der BürgerInnen in Raqqa. In unserem Blogbeitrag finden Sie weitere Hintergründe & Links, zudem den Kurzfilm: https://www.adoptrevolution.org/the-woman-in-pants
Unsere Presseschau (unter https://www.adoptrevolution.org/category/presseschau/) informiert u.a. über folgende Themen:
- Alltag in der Belagerung rund um Damaskus
- Kampagne des syrischen Militärs: „Hungert oder zieht euch zurück!“
- Die Rolle der Umwelt für den Konflikt & Perspektiven für den Wiederaufbau
- Die syrische Revolution ist kein pseudo-struggle: Antwort auf Slavoj Zizek
Die AktivistInnen aus dem Ort Kafranbel haben vergangenen Freitag an den inklusiven Charakter der Revolution erinnert:
Weitere Plakate aus Kafranbel sind hier einzusehen: https://www.facebook.com/raed.fares.5/media_set