20. September 2014 · Kommentare deaktiviert für Weltbank zu Tunesien – Studie · Kategorien: Tunesien · Tags:

„Tunesiens unvollendete Revolution

Ein Weltbankbericht stellt der Wirtschaftspolitik ein schlechtes Zeugnis aus

Eine neue Studie der Weltbank zeigt, wie staatliche Überreglementierung und lähmende Bürokratie das Wachstum in Tunesien verhindern. Allerdings gibt es Potenzial: Werden wirtschaftspolitische Reformen bald umgesetzt, könnten bis zu 100 000 Arbeitsplätze pro Jahr entstehen.

Annette Steinich, Tunis

Die Ursachen für die schlechte wirtschaftliche Lage Tunesiens sind nicht konjunktureller, sondern struktureller Art. Das herrschende etatistische Wirtschaftsmodell verhindert bis heute Wettbewerb, Wachstum und Wohlstand für alle. Zu diesem Ergebnis kommt eine am Mittwoch in Tunis vorgestellte Studie der Weltbank.

Selbsttäuschung

Antonio Nucifora, der Autor der in zwei Jahren erstellten, umfassenden Untersuchung, sprach von einer «wirtschaftlichen Wüste» in Tunesien: In den letzten zwanzig Jahren wurden kaum Unternehmen gegründet und sind nur wenige Arbeitsplätze entstanden. Mehr als drei Viertel davon sind Ein-Personen-Unternehmen, das heisst Selbständige in prekären Arbeitsverhältnissen. Die äusserst geringe Produktivität der Unternehmen schafft zudem wenig Mehrwert. Tunesien sei auch nicht die grosse Exportnation, für die sie sich selbst und auch die internationale Gemeinschaft sie immer gehalten habe, sagte Nucifora. In den letzten zwanzig Jahren sind die Exporte nicht gewachsen, sondern mit sehr geringer Wertschöpfung unverändert geblieben.

Hemmschuh Bürokratie

Die starke staatliche Reglementierung des Zugangs zu Schlüsselsektoren wie Telekommunikation, Tourismus und Transportwesen ist ein weiteres strukturelles Problem. Zahlreiche Gesetze zugunsten der Firmen im Besitz des Clans des Diktators Ben Ali, der zwei Jahrzehnte lang ein Fünftel aller Gewinne im Privatsektor abschöpfte, verhindern Konkurrenz und damit Wachstum.

Dieser nur scheinbar offene Markt, den auch die Weltbank bis zur Revolution als Vorbild in der Region gelobt hatte, schränkt bis heute die Wettbewerbsfähigkeit der tunesischen Wirtschaft erheblich ein. Überbordende Bürokratie und ineffiziente öffentliche Verwaltung sind weitere Hemmschuhe für den so dringend benötigten Aufschwung. Laut der Studie verbringt ein tunesischer Manager im Schnitt einen Viertel seiner Zeit mit Anträgen für Genehmigungen und Bürokratie. […]“

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