„Flüchtlingskatastrophe vor Italien: Meer der Hoffnung, Meer des Todes
Von Hans-Jürgen Schlamp, Rom
Wieder sind im Mittelmeer überfüllte Flüchtlingsboote gekentert. Hunderte Menschen starben – allein in diesem Jahr sind es bereits weit über 2000, die Dunkelziffer liegt weit höher. Und Europas Politik ist weiter ratlos, zerstritten und verlogen.
Angehörige der italienischen Marine retten Flüchtlinge im Mittelmeer
Von einem Massenmord berichten zwei junge Palästinenser, die aus Gaza geflüchtet sind, und sich am 6. September im ägyptischen Hafen Damietta an Bord eines Schleuserbootes auf den Weg ins verheißungsvolle Europa gemacht haben.
Unterwegs habe ihr Schiff weitere Passagiere von anderen Schiffen aufgenommen, erzählen sie. Bis sich schließlich etwa 500 Menschen, aus Syrien, Palästina, Ägypten und dem Sudan an Deck drängten, wie in einem Viehtransporter.
Fünf Tage waren sie unterwegs, da tauchten Schleuser mit einem anderen, kleineren Schiff auf und befahlen den Menschen an Bord, auf dieses umzusteigen. Als die sich weigerten, kam es zu Schlägereien. Da rammten die Schleuser mit ihrem leeren Kahn das andere Schiffe so, dass dessen Heck wegbrach und das Boot sank.
Eineinhalb Tage am Rettungsring
Viele Flüchtlinge, vor allem Frauen und Kinder, ertranken sofort. Andere klammerten sich an allem fest, was auf dem Wasser schwamm. Einer der beiden Palästinenser erwischte einen Rettungsring, zusammen mit sechs anderen Schiffbrüchigen. Er hielt sich eineinhalb Tage fest, die anderen neben ihm verließ nach und nach die Kraft. Der letzte, der versank, war ein Junge aus Ägypten.
Irgendwann fischten Matrosen des Frachters „Pegasus“ den Palästinenser, seinen Freund, der dank einer Schwimmweste überlebte, und weitere neun Menschen aus dem Wasser. Die „Pegasus“ war auf dem Weg nach Sizilien. An Bord waren bereits über 300 Menschen, die einer anderen Schiffskatastrophe glücklich entkommen waren. […]“
via Flüchtlinge sterben im Meer vor Malta und Libyen – SPIEGEL ONLINE