06. Februar 2014 · Kommentare deaktiviert für MOOC: Kontrolle der Migration des Wissens? – Telepolis · Kategorien: Nicht zugeordnet

MOOCs – Bildung weltweit für alle?

Florian Rötzer

In den USA ist gerade umstritten, ob Online-Kurse Dienstleistungen sind und unter Exportbeschränkungen fallen, Coursera hat bereits Interessenten aus Iran, Sudan und Kuba geblockt

Im Trend sind gerade Online-Kurse, so genannte MOOCs (Massive Open Online Courses) von Universitäten. Sie werden von renommierten Universitäten in Zusammenarbeit mit auf Online-Kurse spezialisierte Firmen wie Coursera, edX oder Academic Earth weltweit angeboten, hunderttausende Interessierte können an ihnen teilnehmen, in der Regel kostenlos. Sie sprengen mithin alle Dimensionen, lösen die Lehre vom Ort der Universität und versprechen Bildung von Dozenten angesehener Universitäten auch für jene etwa in Dritte-Welt-Staaten, die es sich nicht leisten können. Es klingt also vielversprechend und nach dem lange propagierten freien Fluss der Informationen (Ein Weltmarkt für Internet-Bildung).

Angepriesen werden die Online-Kurse etwa von dem Anbieter Coursera so:

We believe in connecting people to a great education so that anyone around the world can learn without limits. Coursera is an education company that partners with the top universities and organizations in the world to offer courses online for anyone to take, for free. Our technology enables our partners to teach millions of students rather than hundreds.

Ähnlich wirbt beispielsweise auch die TU München für ihre Online-Kurse:

Die Universität sieht in ihnen das Potenzial, die eigene Lehre zu bereichern. Außerdem will sie damit weltweit Menschen an Bildung heranführen. Die TUM veröffentlicht ihre MOOCs auf Plattformen mit internationalem Publikum.

Im Telepolis-Gespräch sagte LMU-Präsident Bernd Huber: „MOOCs werden die Lehre an den Hochschulen fundamental verändern, und wir wollen frühzeitig bei dieser Entwicklung dabei sein.

Bislang konnten tatsächlich alle interessierten Internetnutzer weltweit an den von US-Universitäten angebotenen Online-Kursen teilnehmen. Abschlüsse kriegen sie dort allerdings nicht, nur Teilnahmebestätigungen. Nun aber hat die US-Regierung, die gerne weltweit und grenzenlos alles ausspäht, auch Online-Kurse als Dienstleistungen bezeichnet, die unter Exportkontrollregeln fallen, d.h. die vom U.S. Office of Foreign Assets and Control (OFAC) nach Angaben des US-Außenministeriums verhängt werden. In Ländern, die den Terrorismus unterstützen und von besonderen Sanktionen betroffen werden, sollen deren Bürger auch nicht an solchen Online-Kursen teilnehmen können. Neben Iran stehen Syrien, Sudan und Kuba auf der Liste.

Coursera teilte mit, dass man mit „tiefen Bedauern“ das Prinzip einschränken müsse, jedem den Zugang zur Bildung zu gewähren, weil die US-Regierung die Sanktionen gegenüber den Staaten, die den Terrorismus unterstützen sollen, auch auf Online-Kurse erweitert habe. Versprochen wird von Coursera, bald mit der Regierung eine Lösung zu finden, allerdings werden nun erstmal Studenten, die versuchen, sich aus den genannten Ländern in Kurse einzuloggen oder neue Accounts anzulegen, anhand der IP-Adressen blockiert werden. Es kann auch Menschen treffen, die nahe an diesen Staaten, aber „geopolitisch“ nicht in diesen leben. Sie können weiterhin die Website und das Kursangebot besuchen, da dies „öffentliche Informationen“ sind und keine Dienstleistungen.

Mit der Blockade werden also auch die Menschen, die in den Staaten leben, direkt und als Einzelne bestraft. Zudem trifft die Einziehung von territorialen Grenzen die Ideologie von der grenzenlosen Freiheit und Offenheit, mit der Coursera in Übereinstimmung mit der amerikanischen Ideologie wirbt. Man habe die Zugangsbeschränkungen eingeführt, um gesetzestreu zu bleiben, wird argumentiert, um zu vermeiden, dazu selbst Stellung zu nehmen. Syrien scheint aber ein Ausnahmefall zu sein, da hier bestimmte Dienstleistungen, die nichtstaatliche Organisationen unterstützen und die vor allem mit der Bildung zu tun haben, von den Sanktionen ausgenommen sind. Nachdem Coursera davon erfahren habe, wurden die Sperren für ganz Syrien aufgehoben. Auch daran zeigt sich die Widersinnigkeit solcher Exportkontrollen im Internet, auch wenn viele Sanktionen nicht nur die führende Elite betreffen, sondern alle Menschen.

EDX, der andere große US-Anbieter von Online-Kursen gibt sich kämpferischer. Präsident Anant Agarwal versichert, dass keine Interessenten ausgeschlossen würden. Niemandem werde der Zugang blockiert, das habe man nach monatelangen Verhandlungen mit dem OFAC und dem US-Außenministerium erreicht: „Das Betreiben von MOOCs ist für jeden ein neues Territorium, daher lernen wird zusammen.“ Die Frage sei gewesen, ob MOOCs unter Informationen fallen, wofür keine Lizenz notwendig ist, oder unter Dienstleistungen. Zwar sei OIFAC der Meinung, es handele sich um genehmigungspflichtige Diestleistungen, eDX habe aber, darin offenbar anders als Coursera, die Lizenz erhalten, Kurse nicht nur Syrern, sondern auch den Menschen in Kuba, Iran und Sudan anzubieten. So also kann man das Versprechen weiter aufrecht erhalten, den Lernwilligen auf der ganzen Welt Zugang zur Bildung zu bieten: „After all, that’s our mission at edX.“

via MOOCs – Bildung weltweit für alle? | Telepolis

Kommentare geschlossen.