Update der aktuellen Choucha-Kampagne
+++ Aktionen in Tunis, Bremen, Mainz und Wießbaden +++ Bewegendes Video-Interview mit Ex-Choucha-Flüchtling +++ Nächste Aktionen bei Innenministerkonferenz in Osnabrück am 5.12. (Donnerstag) +++ Bitte weiterhin Faxe und Briefe an Innenminister schicken +++ taz-Beilage von Afrique-Europe-Inteact am 29.11. mit Choucha als zentralem Aufhänger +++
I. Die Kampagne:„Fluchtwege öffnen – Tote verhindern: Für die sofortige Aufnahme der im tunesischen Wüstenlager Choucha stecken gebliebenen Kriegsflüchtlinge aus Libyen! – unter diesem Motto läuft seit 10 Tagen die Fax-Kampagne mit dem von Afrique-Europe-Interact und den Landesflüchtlingsräten initiierten Appell an die Innenminister der Länder und des Bundes. Gestern hat es nunmehr in Tunis, Bremen, Main und Wießbaden erste Aktionen gegeben – weitere sind nächste Woche im Rahmen der Innenminister-Konferenz in Osnabrück geplant, inklusive Hearing mit Ex-Choucha-Flüchtlingen (siehe unten).
II. Aktionen: Den Auftakt machten gestern 45 Flüchtlinge aus dem Wüstenlager Choucha: 30 waren direkt aus Choucha gekommen, die anderen 15 beteiligen sich seit über 6 Monaten an einem Dauer-Sit-in vor dem UNHCR-Gebäude in Tunis. Die Aktion begann um 10 Uhr, um 11 Uhr konnte einer der Aktivisten den Appell an eine Vertreterin der Botschaft übergeben. In dem anschließenden Gespräch zeigte sich die Botschaftsvertreterin eher zurückhaltend. Unter anderem verwies sie auf die Syrien-Flüchtlinge, die im Rahmen des Resettlement-Programms Vorrang hätten, was nicht nur ein zynisches In-Konkurrenz-Setzen darstellt, sondern auch sachlich falsch ist, da es ja den Beschluss der Innenministerkonferenz gibt, bis 2014 jährlich mindestens 300 Flüchtlinge aus Nordafrika aufzunehmen. Zugleich betonte sie, dass sie den Brief weitergeben würde und auch ansonsten „Erfolg“ wünsche, so dass sich die Flüchtlinge aus Choucha im Anschluss überwiegend zufrieden zeigten – auch deshalb, weil die Stimmung unter den Beteiligten gut gewesen sein soll Parallel zu Choucha übergaben in Mainz und Wießbaden mehrere AktivistInnen den Appell an VertreterInnen des Innenministeriums von Hessen bzw. Rheinland-Pfalz, wobei jeweilsauch die aktuelle Situation kurz dargestellt wurde. In Bremen fand vor dem Gebäude des Innensenator eine kleine Kundgebung statt. Zu Beginn wurde der offene Brief inklusive Fotos aus Choucha an den Innensenator persönlich übergeben, mit dem nächste Woche zudem ein halbstündiges Gespräch folgen wird. Bei der Kundgebung wurde als erstes die Geschichte des Lagers seit Beginn des Libyenkriegs dargestellt. Anschließend berichtete einer der im September 2012 qua Resettlement nach Deutschland gekommenen Ex-Choucha-Flüchtlinge in einem äußerst bewegenden Redebeitrag von seiner Flucht aus Eritrea, seiner 4-jährigen Haft in Libyen und wie er anschließend über Libyen nach Deutschland gekommen ist (die Rede ist demnächst auch als Video verfügbar). Darüber hinaus sprachen ein Vertreter von Lampedusa Hamburg und vom Flüchtlingsrat Bremen, außerdem wurde anlässlich des internationalen Aktionstages gegen Gewalt gegen Frauen der Aufruf von „Women in Exile and Friends“ verlesen, der die besondere Situation von Frauen und ihren Kindern in Flüchtlingslagern thematisiert: http://women-in-exile.net/
Schließlich: Bilder von den Aktionen sind auf der Webseite von Afrique-Europe-Interact dokumentiert:
http://afrique-europe-interact.net/index.php?
III. Aktionen bei Innenministerkonferenz: Am 5. Dezember werden im Rahmen der Innenministerkonferenz zwei Aktionen stattfinden. Wir möchten daher dazu aufrufen, sich an diesen Aktionen möglichst zahlreich zu beteiligen:
- 12 bis 14 Uhr: Hearing & Pressekonferenz mit ehemaligen Choucha-Flüchtlingen zur Situation in Choucha. Ort: Uni Osnabrück, Gebäude 15 (Erweiterungsgebäude), Raum E 16, Seminarstr. 20, 49074 Osnabrück
- 14 bis 16 Uhr: Demo vom Hearing zum Ort der Innenministerkonferenz mit abschließender Kundgebung Briefübergabe (Steigenberger Hotel Remarque (Natruper Torwall 1).
IV. Einschätzung & weitere Protestbriefe: Ob derartige Kampagnen Erfolg haben, weiß natürlich niemand vorher. Allerdings gibt es durchaus Grund, vorsichtig optimistisch zu sein. Denn es gibt eine Empfehlung der Inennministerkonferenz vom Dezember 2011, drei Jahre lang jeweils 300 Leute aus Nordafrika aufzunehmen. Diese Zahl ist zwar lächerlich, aber sie sollte genutzt und natürlich auch vergrößert werden. Hinzu kommt, dass die Zahl der in Choucha verbliebenen Flüchtlingen nicht mehr sonderlich groß ist, was natürlich auch ein Ergebnis der menschenverachtenden Politik des buchstäblichen Aushungernlassen ist, die bereits unzählige Choucha-Flüchtlinge auf die Boote getrieben hat. Konkret geht es noch um 300 bis 400 Leute, weshalb auch der Bremer Innensenator meinte, dass es an der bloßen Zahl ja nicht scheitern sollte. Kurzum: Mehrere Hundert Choucha-Flüchtlinge sitzen inzwischen im dritten beginnenden Winter in der Wüste fest. Wir möchten daher bitten, dass sich möglichst viele an der Fax-Kampagne beteiligen – am besten mit einem Protestbrief an den Bundesinneminister und einem Brief an den jeweiligen Landesinneminister (je nach Wohnhort). Der Protestbrief ist auf unserer Webseite als doc-Datei abrufbar, dort finden sich auch die Adressen der Länder-und Bundesinnenminister:
http://www.afrique-europe-interact.net/index.php?
V. Weitere Links zu Videos über Choucha:
In den letzten Jahren sind mehrere sehr gute Videos von der Situation in Choucha entstanden, die zugleich die Geschichte des Lagers dokumentieren, die aber auch heute noch aktuell sind (vor allem im Lichte der jüngsten Bootstragödien im gesamten Mittelmeerraum):
a) Mai 2011 | In der Nacht vom 21. Mai brannten im tunesischen Flüchtlingscamp Choucha 21 Zelte nieder. 4 Menschen starben, zwei Tage später ist es nach Protesten der BewohnerInnen zu einem pogromartigen Angriff von Teilen der lokalen Bevölkerung auf das Lager gekommen. In dem Video berichten Flüchtlinge über den Brand und die anschließenden Ereignisse:
b) Juni 2011 | Voices of Choucha: Während einer Delegationsreise der beiden Netzwerke Afrique-Europe-Interact und Welcome to Europe nach Tunesien im Mai wurden im Flüchtlingslager Choucha mit über 20 MigrantInnen ausführliche Video-Interviews geführt – viele von ihnen Überlebende von Bootsunglücken im Mittelmeer:
c) Juni 2011 | Die Situation von Flüchtlingen an der lybischen Grenze & die Ereignisse im Camp Choucha (Video): In dem 13-minütigen Video stellen AktivistInnen von Afrique-Europe-Interact die aktuelle Situation der Libyen-Flüchtlinge an der tunesisch-libyschen Grenze umfassend dar:
d) Mai 2012 | Choucha-Camp: Flüchtlinge in der tunesischen Wüste (Video: engl./arab. mit deutschen Untertiteln): Im Mai 2011 erschien der Appell “VOICES OF CHOUCHA”. Wenig hat sich geändert. Weiterhin harren über 3.500 Flüchtlinge an der tunesisch-libyschen Grenze aus. Es gibt weder ein Zurück nach Libyen noch in die Heimatländer. Flüchtlinge aus dem Sudan, Libyen, Botswana und Nigeria schildern ihre immer hoffnungsloser werdende Situation, nachdem ihre Asylanträge vom UNHCR abgelehnt wurden. Von borderline-europe und PRO ASYL.
e) August 2013 | Italienische AktivistInnen haben im August 2013 Video-Interview mit Flüchtlingen in Choucha selbst gemacht – unter anderem ein Video in englischer Sprache, das die Gesamtsituation gut zusammenfasst: