19. August 2013 · Kommentare deaktiviert für Ägypten: „Wiederherstellung der Autokratie“ – nzz · Kategorien: Ägypten · Tags:

„[…] Dem gestürzten Präsidenten war es weder gelungen, die Generäle unter seine Kontrolle zu bringen, noch, deren Macht entscheidend zurückzudrängen. So gingen die Übergriffe der Polizei weiter, ebenso das gewaltsame Vorgehen gegen Proteste. Mursi bemühte sich, die Sicherheitskräfte nicht zu vergraulen. Zugleich versuchte er, das bestehende Regime unter die Kontrolle der Muslimbrüder zu bringen, statt es mit einem transparenten Vorgehen und unter Einbezug anderer politischer Gruppen zu reformieren. So besetzte er Schlüsselpositionen mit eigenen Leuten, statt Forderungen nach einer Wahl der Provinzgouverneure umzusetzen. Für Mursi oder vielmehr für die Führungsriege der Muslimbrüder, welche im Hintergrund das Sagen hatte, ging es um einen Wettstreit der Islamisten mit der alten Elite, der jedoch so nicht zu gewinnen war.

Die Generäle im Hintergrund sind nie wirklich entmachtet worden, und sie unternehmen alles, um das Wirtschaftsimperium der Armee zu bewahren. Mursis Versuche, mit ihnen einen Pakt einzugehen, sind gescheitert. Stattdessen scheint es, dass sie ihm sogar bewusst Steine in den Weg legten. So war die Polizei seit dem Sturz Mubaraks wenig präsent, die Kriminalität nahm zu. Wie weit Mursi mit Reformen gekommen wäre, hätte er es ernsthaft versucht, weiss man nicht. Seltsam war auch die Tatsache, dass kurz vor der Massendemonstration, den die Tamarod-Bewegung am 30. Juni organisiert hatte, die Treibstoffversorgung zusammenbrach und danach wie durch Zauberhand plötzlich wieder funktionierte.

Jetzt ist der alte Diskurs vom ägyptischen Staat als einer heiligen, unantastbaren Entität einmal mehr dominant. Omnipräsente Bilder von General Sisi zeugen von einem neuen Führerkult, und Reden vom nationalen Prestige verdecken oder mystifizieren die Realität von weitreichender staatlicher Kontrolle. Politische Diskussionen sind in den Hintergrund gerückt, sowohl aufseiten der Unterstützer der Armee als auch aufseiten der Muslimbrüder, die sich allzu willig in die Märtyrerrolle manövriert haben. Islamistische Gewalt wird dem Staat als Rechtfertigung dienen, um zum autoritären System vor Mubaraks Sturz zurückzukehren. Jene Aktivisten, die sich jetzt jubelnd hinter die Armee stellen, könnten die nächsten Opfer der Repression werden.“

via Wiederherstellung der Autokratie: Ägyptens Generäle spielen mit dem Feuer – Auslandnachrichten Nachrichten – NZZ.ch.

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