11. August 2013 · Kommentare deaktiviert für Bitterfeld: Flüchtlinge im Hungerstreik · Kategorien: Deutschland · Tags:

Flüchtlinge in Bitterfeld im Hungerstreik
Quelle: http://www.mdr.de/nachrichten/hungerstreik

„Wir sind wie Geister“
Vor rund sechs Wochen hat in München eine Protestaktion für Aufsehen gesorgt, in der mehr als 40 Flüchtlinge in einen Hungerstreik getreten sind. Letztendlich räumte die Polizei das Camp, weil sie fürchtete, dass Menschen sterben würden. Nun sind in Sachsen-Anhalt in Bitterfeld drei Flüchtlinge in den Hungerstreik getreten.

von Vera Wolfskämpf

Das Protestcamp der Flüchlinge in Bitterfeld
„Wir sind wie Geister in unserer Stadt und im Lager.“
Das sagt Sina Alinia. Er ist Iraner und 27 Jahre alt. Vor knapp drei Jahren kam er als politischer Flüchtling nach Deutschland. Das Asylbewerberheim Friedersdorf liegt am Rande eines Ortsteils von Bitterfeld. Bis zur nächsten Kaufhalle sind es zwei Kilometer. Doch nicht nur hier fühle er sich als Geist, weil er nicht gesehen wird. Sina Alinia kritisiert auch, dass das Asylverfahren in Deutschland Jahre dauert: „Wir müssen warten. Ich kenne Leute, er wohnt seit zehn Jahren in Friedersdorf in unserem Lager. Er darf nicht arbeiten, er darf nicht zur Schule gehen, er darf kein Konto oder Führerschein haben. Man kann sagen, wir dürfen nicht leben.“
Er und zwei weitere iranische Flüchtlinge sind nun in Bitterfeld in den Hungerstreik getreten. Sie haben ihre Zelte auf einem kleinen Platz in der Innenstadt aufgeschlagen. Unterstützt werden sie von Vereinen, die sich für die Rechte von Flüchtlingen in Sachsen-Anhalt einsetzen. Und die Passanten bemerken das Camp durchaus: Manche kommen vorbei, um den Flüchtlingen Mut zuzusprechen. Aber es gibt auch immer wieder Beleidigungen und Vorwürfe.
Die Flüchtlinge fühlen sich von der Politik ignoriert.
Wolfskämpf, Vera: Korrespondentin, Redakteurin und Autorin im Bereich Zeitgeschehen
MDR INFO

„Wir sind wie Geister“

Vor allem von der Politik fühlen sich die Flüchtlinge ignoriert. Bisher haben nur ein paar grüne und linke Politiker das Protestcamp besucht. Wie Henriette Quade, Landtagsabgeordnete für Die Linke: „Was konkret nötig wäre, wäre tatsächlich, dass die Ausländerbehörde und der Landkreis sich mit den drei Fällen befasst und da zu einer Entscheidung kommt. Das halte ich für möglich. Es sind eben auch besondere Umstände und man kann nicht so tun, als ob ein Hungerstreik nicht stattfindet.“
Doch von den Behörden ist bisher nichts zu hören. Bund und Landkreis seien zuständig, heißt es von der Stadt Bitterfeld. Vom Landkreis gab es nur eine schriftliche Stellungnahme: Man bedauere, dass die drei Flüchtlinge sich zum Hungerstreik entschlossen haben. Die Unterkünfte seien „in normalem Zustand“. Regelmäßige Kontrollen hätten keine hygienischen oder grundsätzlichen Mängel ergeben.
Landrat zeigt Verständnis, aber mehr auch nicht
Der amtierende Landrat Bernhard Böddecker ist zurzeit im Urlaub. Noch in der vergangenen Woche hatte er Verständnis dafür geäußert, dass die Flüchtlinge unzufrieden sind. „Sie haben eine ungewisse Zukunft. Bei vielen ist das Asylverfahren negativ abgeschlossen, bei anderen ist es noch offen. Sie wissen nicht, wie lange sie noch bleiben können, ob sie überhaupt dauerhaft bleiben können oder wieder zurück müssen. Sie dürfen nicht arbeiten und haben nur eine begrenzte Freizeitgestaltung. Und das schafft natürlich sozialen Sprengstoff.“ Aber auf die Dauer und den Ausgang der Asylverfahren habe der Landkreis keinen Einfluss, heißt es in der schriftlichen Mitteilung.
Streiken bis sich etwas ändert
Den drei Flüchtlingen im Hungerstreik ist egal, wer sich mit ihren Problemen befasst. Sie wollen nicht aufgeben, bevor sich an ihrer Situation konkret etwas ändert. „Wir sind seit 7. August im Hungerstreik, bis zum 17. Im Moment trinken wir nur Wasser. Wenn es keinen Menschen interessiert, trinken wir kein Wasser mehr. Egal, was passiert für uns.“ In das Flüchtlingsheim will Sina Alinia auf keinen Fall zurück.

  • KARAWANE für die rechte der Flüchtlinge und Migrantinnen Wittenberg, Sachsen Anhalt
  • Flüchtlingsbewegung Sachsen Anhalt.
  • The Voice Refugee Forum Wittenberg, Sachsen Anhalt

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