03. Juni 2013 · Kommentare deaktiviert für Syrien: adopt@revolution, Newsletter 03.06.2013 · Kategorien: Syrien · Tags:

Liebe AbonnentInnen des Newsletters, liebe Syrien-Interessierte,

auf internationaler Ebene halten zwar die Bemühungen um eine 2. Genf-Konferenz an, die den Weg für eine politische Lösung in Syrien bahnen soll. Unklar ist weiterhin, wann diese Konferenz stattfinden kann und welche syrischen Parteien sich beteiligen werden. Die Nationale Koalition (NK), der größte exiloppositionelle Zusammenschluss, hat unter den gegebenen Umständen eine Teilnahme abgesagt. Das Bündnis protestiert so gegen die laufende staatliche Militäroffensive und die Kampfhilfe der Hisbollah an Assads Seite. Das Regime Assad gibt sich wie immer „prinzipiell“ bereit zu Verhandlungen. Assad erklärte vergangene Woche beim Hisbollah-Sender Al-Manar, er sei bereit für eine dritte Amtszeit 2014. Im Interview gab sich Assad siegesgewiss und prahlte mit russischer Waffenhilfe.

Die EU hat vergangene Woche das Waffenembargo gegen Syrien außer Kraft gesetzt; Russland hält seinerseits an der Lieferung von schweren militärischen Gütern für das Regime fest. Naturgemäß werfen sich beide Akteure vor, den politischen Prozess in Syrien zu untergraben, indem man die falsche Seite bewaffne und hochrüste.

Der Bund für soziale Verteidigung (BSV), dem eine Vertreterin aus dem Beirat von Adopt a Revolution angehört, kritisiert das Aufheben des EU-Waffenembargos in einer Stellungnahme schwer: http://www.soziale-verteidigung.de/news/meldungen/syrien-braucht-ehrliche-makler-nicht-noch-mehr-waffen/. Die Lieferung neuer Waffen werde nicht zur Konfliktbeilegung in Syrien führen. Es bräuchte vielmehr ein ehrliches Engagement der internationalen Partner für eine politische Lösung.

Eine Sonderausgabe des Newsletters informierte Sie vergangenen Donnerstag über den globalen Tag der Solidarität mit der syrischen Revolution (31. Mai). Wir danken allen Teilnehmern für das Zeichen der Solidarität. Falls Sie die allgemeine Solidaritätserklärung noch einmal nachlesen wollen: https://www.adoptrevolution.org/internationale-erklarung-solidaritat-mit-dem-syrischen-kampf-fur-wurde-und-freiheit/

Auf unserem Blog gedachten wir letzte Woche dem Ende Mai 2012 verstorbenen syrischen Filmemacher und Aktivisten Bassel Shahade (1984-2012): https://www.adoptrevolution.org/bassel-shahade-2012-verfechter-des-zivilen-widerstands-chronist-der-revolution-28-05-2013/.  Eine unserer AktivistInnen schildert persönliche Begegnungen mit Shahade und geht auf sein Wirken in der Revolution ein. Shahade war ein Verfechter des friedlichen Widerstandes, künstlerisch begabt und persönlich mutig wie engagiert. Er hielt die Entwicklung der Revolution filmisch fest und begab sich Anfang 2012 nach Homs, um lokale AktivistInnen in Medien- und Filmarbeit zu schulen. Eines seiner Vermächtnisse: der Film „Singing for Freedom“ (2011), der Interviews u.a. mit Noam Chomsky, Norman Finkelstein und Razan Zeitouneh enthält. Der Film verknüpft Szenen des syrischen Protests mit Analysen über die Chancen gewaltfreien Widerstandes. Shahade starb durch Granaten des Regimes auf Homs; seine Arbeit bleibt ein wichtiges Zeugnis der syrischen Revolution. Weitere Stimmen zu Shahades Tod und Erinnerungen an die Person Bassel finden Sie im Artikel.

Bei AktivistInnen in Syrien wächst die Unzufriedenheit mit der Nationalen Koalition und deren Unfähigkeit, die Ränkespiele über Bord zu werfen. Das Geschachere um Posten und Einfluss beeinträchtige die Arbeit der Opposition zutiefst, kritisiert auch die Protestbewegung. Die NK setze ihren Vertretungsanspruch für die syrische Revolution aufs Spiel, warnen einige politische Basisorganisationen Syriens nun in einem offenen Statement (deutsche Übersetzung): https://www.adoptrevolution.org/eine-letzte-warnung-kritik-von-aktivistinnen-an-syrischer-exilopposition/. Sie warnen daher, der NK ihren Zuspruch zu entziehen. Die Syrian Revolution General Commission (SRGC) hat diesen Schritt bei Facebook (arabisch) bereits verkündet: https://www.facebook.com/SyrianRevolutionGeneralCommission. Mit dem traurigen Stand der Opposition und den dort ausgetragenen Machtspielen befassen sich auch unsere deutsche & englische Presseschau.

Weitere Themen der deutschen Presseschau (unter https://www.adoptrevolution.org/category/presseschau/) sind u.a.:

  • neue Initiative von Moaz al-Khatib, ex-Vorsitzender der NK, für einen politischen Übergang
  • Eindrücke aus Libanon: Hisbollah, syrische Flüchtlinge, Solidarität mit syrischer Revolution
  • Hisbollah: Gerät die Organisation nun zuhause unter Druck?
  • Eindrücke einer syrischen Aktivistin nach israelischem Luftschlag auf Damaskus

Das englische Media Roundup (unter https://www.adoptrevolution.org/en/category/blog-en/) behandelt u.a.:

  • der Libanon: offizielle Haltung der Neutralität zu Syrien von verschiedenen Parteien untergraben – Gewalt steigt
  • NK: Machtspiele der syr. Muslimbrüder schaden der Opposition

Am letzten Freitag wurde natürlich wieder landesweit demonstriert, die roten Linien der Revolutionäre waren diesmal Motto des Protests. Eine Zusammenfassung der Themen und Proteste liefern die LCCs unter https://www.facebook.com/LCCSy/notes. AktivistInnen bezogen sich u.a. auf die UN-Resolution 1701 von 2006, die die Entwaffnung der Hisbollah und anderer libanesischer Fraktionen vorsah. Wie bekannt, ist die Hisbollah alles andere als entwaffnet. Der Protest richtete sich vielerorts auch gegen die NK, die im Trockenen sitzt und ihre Pfründe verteilt, anstatt sich verantwortungsvoll um die Belange der Syrer zu kümmern. Ein Schild aus Daraya (Damaskus) bringt es auf den Punkt: „Keiner repräsentiert mich, aber sie alle sprechen in unserem Namen.“ Im ganzen Land war ein Banner vertreten: „Genf II: Es gibt einen Unterschied zwischen jenen, die sich für die Freiheit einsetzen, und jenen, die die Bedingungen der Knechtschaft verschönern wollen.“

Banner aus Kafranbel (https://www.facebook.com/media/set/?set=a.665897866770686.1073742158.217848338242310&type=3) richteten sich u.a. gegen Assad, mockierten sich über seine „Drohungen“ gegen Israel (Bild 5) und illustrierten drastisch sein Verständnis von „Volksabstimmung“ (Bild 8). Bild 2 zeigt die Gesprächsbereitschaft für Genf II. Deutlich war aber auch die Ablehnung ggb. der gegenwärtigen NK.

Mit besten Grüßen,
das Adopt a Revolution-Team

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