20. Januar 2013 · Kommentare deaktiviert für adopt@revolution, Newsletter 20.01.2013 · Kategorien: Syrien · Tags:

Liebe Syrien-Interessierte, liebe AbonnentInnen des Newsletters,

diese Woche war in Syrien leider erneut reich an traurigen Ereignissen. Am Dienstag starben in der Universität von Aleppo, v.a. in der Architekturfakultät, mehr als 80 Menschen. Unter den Toten waren Studierende, Dozenten wie auch Flüchtlinge, die zu tausenden auf dem Campus untergekommen sind. Die Schuld an den Explosionen schieben sich Rebellen und Regierung gegenseitig in die Schuhe, jedoch berichteten viele Augenzeugen, dass das Regime mit einem Militärjet die Universität bombardiert hatte. Die Regierung hingegen sprach einerseits von Autobomben, dann jedoch von fehlgeleiteten Raketen der Rebellen. Das traurige Ergebnis: Am ersten Tag der Prüfungen ist selbst die Universität kein geschützter Raum mehr.

Mitte der Woche gab es Berichte von einem neuen Massaker mit mehr als 100 Toten, das in der Nähe von Homs verübt worden sein soll. Da es keine Bestätigungen für die Berichte der Opposition gab, verschwand das Thema schnell von der Bildfläche. Die BBC-Reporterin Lyse Doucet ist erfreulicherweise aktuell in Syrien vor Ort und interviewte u.a. letzte Woche den stellvertretenden Außenminister Faisal Mekdad. Doucet begab sich Ende der Woche nach Haswiya an den Ort des Verbrechens. Begleitet von Soldaten hörte sie die offizielle Geschichte des Regimes, unbemerkt erzählte eine Bewohnerin jedoch, dass vielleicht Soldaten oder Shabbiha für die Tat verantwortlich seien. Doucet stellt fest: Ein Kriegsverbrechen hat in Haswiya stattgefunden. Anschauen kann man Doucets Bericht hier: http://www.bbc.co.uk/news/world-middle-east-21095192. Es muss allerdings ausdrücklich vor drastischen Bildern gewarnt werden!

Eine weitere traurige Entwicklung der Woche: die gewaltsamen Auseinandersetzungen im Ort Ras al-Ain (kurdisch: Serê Kanîyê) sind wieder aufgebrochen. Diesmal sind es allerdings nicht Regime-Soldaten, sondern radikale Islamisten, die den ethnisch durchmischten Ort an der Grenze zur Türkei angreifen. Bereits im letzten Jahr kam es zu Angriffen des Regimes gegen Ras al-Ain und später auch zu Auseinandersetzungen zwischen FSA und kurdischen Kämpfern. Um Eskalationen zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen – u.a. Kurden und Araber – zu vermeiden und die Nothilfe für Flüchtlinge zu koordinieren, gründete sich im nahen Qamishli ein Notfallzentrum. In einer Eilaktion sammelte Adopt a Revolution ca. 3500 Euro Unterstützung für dessen Arbeit. Aufgrund der aktuellen Lage nimmt Adopt a Revolution die Nothilfe wieder auf.

Bereits Anfang Januar, also vor der aktuellen Eskalation, führte unser Team ein Interview mit einem Aktivisten aus Qamishli. Darin sprach er über die Lage in Ras al-Ain, die Arbeit des Notfallzentrums und die Einstellungen vor Ort. Bereits damals äußerte der Aktivist, dass die Türkei die Aktivitäten der Islamisten mindestens toleriert, wenn diese sich gegen Kurden richten. Da diese Woche die Islamisten mit drei Panzern von der Türkei aus nach Ras al-Ain vordrangen, gilt dies wohl weiterhin. Zu den Zielen der Aktivisten gehört, den Islamisten etwas entgegenzustellen und zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen zu vermitteln. Das Interview mit dem Aktivisten Abu Ahmad und den Link zur Nothilfe finden Sie hier: https://www.adoptrevolution.org/ras-al-ain-islamisten-wollen-hier-ein-kriegsgebiet-schaffen/.

In unserer wöchentlichen Presseschau beleuchtet unser Team aktuell u.a. folgende Themen:

  • Einsatz chemischer Waffen in Syrien bereits erfolgt?
  • Übersichten über Regimeträger und Oppositionsparteien (Syria Deeply)
  • Wer wird nach Assads Sturz das Sagen haben?
  • das Verhältnis der westlichen Linken zur syrischen Revolution
  • Jabhat al-Nusra in Syrien – Kluft zur FSA
  • Internet-Projekt „Syrischer Dialog“
  • syrische Kampagne „Wir sind eine ethische Alternative“
  • das wirtschaftliche Rückgrat des Systems

Diese Themen und weitere Links sind hier zu finden: https://www.adoptrevolution.org/category/presseschau/.

Nach all den schlechten Nachrichten zum Abschluss noch einige Lichtblicke:

Trotz der Gewalt fanden auch am letzten Freitag wieder mehr als 200 Demonstrationen in Syrien statt – so wie hier in Barzeh, einem Stadtteil von Damaskus:

https://www.facebook.com/photo.php?fbid=422562331146096&set=a.347965191939144.74748.343172915751705&type=1&theater.

In Aleppo wurde auch tänzerisch demonstriert:

https://www.facebook.com/photo.php?fbid=530829053616883&set=a.446465362053253.105759.445188832180906&type=1&theater. <https://www.facebook.com/photo.php?fbid=530829053616883&set=a.446465362053253.105759.445188832180906&type=1&theater>

Bereits am Donnerstag demonstrierten AktivistInnen der freien Studierenden in der Altstadt von Damaskus: https://www.facebook.com/photo.php?fbid=422195411182788&set=a.347965191939144.74748.343172915751705&type=1&theater.

Solche Demonstrationen zeigen den Willen, der Repression im Zentrum der Macht zu trotzen.

Mit freundlichen Grüßen,
das Adopt a Revolution-Team

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