21. Februar 2015 · Kommentare deaktiviert für #nopegida muss mehr heißen als ‚Refugees Welcome‘! · Kategorien: Deutschland · Tags:

Gesetzesverschärfungen verhindern!

Immer noch gehen Montag für Montag kleinere und größere Gruppen von Pegida-Anhänger_innen in Deutsch­land auf die Straße, um gegen Migrant_innen und den Islam zu hetzen.

Gleichzeitig haben sich vielerorts breite Bündnisse aus antirassistischen, antifaschistischen und bürgerlichen Gruppen gegen die lokalen Pegida-Ableger gegründet. Diese Mobilisierungen dürfen nicht kleingeredet wer­den: Während in den 90ern der rassistische Mob viel zu oft unwidersprochen hetzen und angreifen konnte, fin­den sich heute viele politische Lager in der Ablehnung gegen die rassistischen Äußerungen Pegidas vereint. Blockaden, große Kundgebungen und mediales Echo sind Zeichen dieses sanften gesellschaftlichen Wandels seit den 90ern.

Doch sind neben der ablehnenden Einigkeit gegenüber Pegida vielerorts nur wenige konkrete Forderungen und Inhalte erkennbar. Immer wieder sind Rufe nach „Will­kommenskultur“, Toleranz, Demokratie und Vielfalt zu hö­ren, doch was genau unter diesen Schlagworten zu verstehen ist, bleibt völlig unklar.

Die erfolgreiche antirassistische #nopegida-Mobilisie­rung funktioniert wohl vor allem über die gemeinsame Ab­lehnung der Pegida, konkrete Forderungen, die an den Lebensalltag von Migrant_innen in Deutschland an­schließen, bleiben im Hintergrund.

Anhänger_innen von #nopegida finden sich nicht nur in zivilgesellschaftlichen Gruppen, sondern auch in der of­fiziellen Politik. Heute bedienen sich fast alle Parteien sämtlicher politischen Lager einer Pegida-ablehnenden und geflüchtetenfreundlichen Rhetorik.
Doch auch wenn die Politiker_innen die Pegida-Organi­sationen ablehnen, so drängen doch viele darauf, die Pe­gida-Inhalte nicht vollends von sich zu weisen, denn hier ginge es letztlich ja um ‚berechtigte Sorgen der Be­völkerung‘. Mit dem Rückgang der Pegida-Demonstra­tionen verschwinden also nicht deren rassistischen Paro­len aus der Politik.

Vielmehr werden diese durch Geset­ze gestützt und ihre inhaltliche Umsetzung weiter vor­angetrieben.

Denn auch wenn sich Politik und Gesellschaft in nichts einiger sind, als in der Ablehung von Pegida, so ist eins klar: neue politische Vorhaben ganz im Sinne von Pegida sind schon vor deren Auftreten auf den Weg ge­bracht wor­den.

Krassestes Beispiel dieser Doppelmoral von geflüchte­tenfreundlicher Rhetorik auf der einen und tödlicher Ab­schottungs- und Ausgrenzungspolitik auf der anderen Seite sind die neuen Regelungen zu den so genannten Si­cheren Drittstaaten, welche auch mit Stimmen der Grünen verabschiedet wurden. Ganz zu schweigen, von den schon seit Jahrzehnten bestehenden rassistischen Sondergesetzen, wie dem Asylbewerberleistungsgesetz oder den Dublin-Verordnungen.

2015 soll darüber hinaus ein ganzes Paket an Geset­zesverschärfungen durchgesetzt werden, die sich durchaus mit denen aus den 90ern vergleichen las­sen:
Im Dezember 2014 hat das Bundeskabinett den Ge­setzentwurf „zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung“ verabschiedet.
Durch den Gesetzesentwurf werden die Gründe für eine Inhaftierung zur Abschiebung massiv ausgeweitet und so weit gefasst, dass große Personengruppen betroffen sein werden. Mit Einreise- und Aufenthaltsverboten soll sichergestellt werden, dass die von einem solchen Ver­bot betroffenen Menschen keine Möglichkeit zur legalen Wiedereinreise mehr haben und zukünftig auch keinen Auf­enthaltstitel in Deutschland erlangen können.

Bei abgelaufener Ausreisefrist darf künftig, zusätzlich zu den Aus­weitungen im Bereich der Abschiebehaft, eine bis zu viertägige Ingewahrsamnahme „zur Sicherung der Durch­führbarkeit der Abschiebung“ richterlich an­geordnet werden.
Zusätzlich beschreibt der Neuentwurf auch einige kleine Verbesserungen. Jedoch rechtfertigen diese keinesfalls die damit verknüpften Ausweitungen von Haft, Repressi­on und Abschiebung.

Im Gegenteil soll durch die gesetz­liche Verknüpfung von Bleiberecht auf der einen Seite, und Haft sowie schnelle Abschiebung auf der anderen Seite, der Protest geschwächt und die Bewegung ge­spalten werden. Die Geflüchteten, die schon lange hier sind und auf Verbesserungen hoffen dürfen, werden aus­gespielt gegen diejenigen, die noch ihren Weg nach Deutsch­land finden. Letztere werden zukünftig rigoros verfolgt und ihre Aussichten auf einen Verbleib in Deutschland werden zunichte gemacht.

Die bundesdeutsche Öffentlichkeit, die sich derzeit be­tont sensibilisiert in Fragen der Toleranz und De­mokratie äußert, ließ bisher diese massiven Verschär­fungen weitgehend unkommentiert.

Schlimmer noch: Viel zu oft wird die herrschende Un­terscheidung zwischen denjenigen Geflüchteten, die einen „berechtigten“ Asylanspruch hätten und denjeni­gen, die aufgrund ihr vermeintlich illegitimen Anwesen­heit schneller abgeschoben werden müssten, unhinter­fragt unterstützt. Auch unter NoPegida-Anhänger_innen findet sich diese unkritische Hal­tung leider viel zu oft.

Es steht daher zu befürchten, dass im Falle des for­malen Verschwindens von Pegida, ihre rassistischen Inhalte von der Großen Koalition als berechtigte Sor­gen heran­gezogen werden, um die Verschärfungen zu legitimie­ren. Das neue Gesetzespaket, von der Großen Koalition zynisch als „Bleiberechtspaket“ be­titelt, soll schon in den nächsten Monaten verabschie­det werden.

Deswegen muss sich die #nopegida-Bewegung fra­gen, wie sie ihre selbstgewählte Kompliz_innen­schaft oder Anwält_innenschaft gegenüber den Op­fern von Rassis­mus und Hass ausgestalten will. Es genügt nicht Pegida auf der Straße entgegenzutre­ten, genauso müssen auch rassistische Gesetze, die sich verheerend auf die Le­benssituation von Mi­grant_innen auswirken, kritisiert werden!

Es ist Zeit zu handeln, gegen Pegida und gegen rassistische Politik in ihrem Sinne. Die Gesetzesverschärfungen müssen verhindert wer­den.

Die #nopegida-Anliegen der Weltoffenheit, „Willkommenskultur“ & Toleranz und können nur wahr werden, wenn Freiheit und Gleichheit für Alle gleichermaßen gelten. Die konsequenten Forderungen einer wirklichen antiras­sistischen Bewegung nicht nur gegen Pegida, sondern ge­gen den rassistischen Alltagszustand und die Gesetze, die ihn institutionalisieren, können daher nur sein:

Bewegungsfreiheit und Bleiberecht für Alle!

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