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„EuGH-Urteil Deutschland muss Abschiebehaft reformieren
Abschiebehäftlinge dürfen nicht in normalen Gefängnissen festgehalten werden, so lange sie auf ihre Rückführung oder die Überstellung in ein anderes EU-Land warten. Das entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH). Er zeigte auch Lösungen auf.
[…] Etwas hat sich für Flüchtlinge, die es nicht schaffen, einen legalen Status in Deutschland zu erlangen, verändert: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Straßburg veröffentlichte am Donnerstag zwei Urteile, nach denen Abschiebehäftlinge grundsätzlich nicht gemeinsam mit Strafgefangenen untergebracht werden dürfen. […]
Der Jesuiten-Flüchtlingsdienst (JRS) und die Flüchtlingsorganisation „Pro Asyl“, welche die Verfahren aus ihren Rechtshilfefonds unterstützt hatten, forderten die unverzügliche Freilassung aller Abschiebehäftlinge aus der Strafhaft. „Viele Bundesländer haben europarechtliche Vorgaben ignoriert und Unschuldige wie Verbrecher behandelt“, sagte der Jurist Heiko Habbe vom Jesuiten-Flüchtlingsdienst. […]
Auch die Diakonie begrüßte die Urteile. Ihr Vorstandsmitglied Maria Loheide nannte die Urteile „einen wichtigen Meilenstein“. Sie schätzt, dass „bis zu 80 Prozent“ aller Abschiebehäftlinge Personen sind, die nach den sogenannten Dublin-II-Verordnungen ihre Aufnahmeverfahren in anderen EU-Staaten betreiben müssten. In Grenznähe sind es nach Auffassung des JRS und von Pro Asyl sogar „regelmäßig nahe 90 Prozent“, die in Anstalten wie Eisenhüttenstadt und Rendsburg auf die Abschiebung in die für sie zuständigen EU-Länder warten. […] In Deutschland wird nach Erfahrungen der Hilfsorganisationen Abschiebehaft „zu oft und zu schnell verhängt“. Die Diakonie verwies auf Zahlen aus dem Jahr 2011, als 6500 Abschiebegefangene gezählt wurden.
Der EuGH stützt seine Entscheidungen auf die sogenannte Rückführungsrichtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates von 2008, deren Grundsätze im sogenannten Aufenthaltsgesetz in deutsches Recht übernommen wurden. […] Bundesländer, die nicht über eine eigene Einrichtung für abzuschiebende Ausländer verfügen, müssen die betreffenden Personen in Häusern anderer Länder unterbringen, heißt es in der Entscheidung der Straßburger Richter. (Aktenzeichen: C-473/13, C-514/13 und C-474/13)“