02. April 2014 · Kommentare deaktiviert für Tunesien: Ben Ali – 50 Mrd. Dollar in die eigene Tasche | Telepolis · Kategorien: Tunesien · Tags: ,

Ben Ali: 50 Milliarden Dollar in die eigene Tasche gewirtschaftet

Thomas Pany

Ein Bericht der Weltbank zeigt, wie der frühere tunesische Herrscher Wirtschaftspolitik zur Familienpolitik machte

Bei Erfolgsmeldungen über die Wirtschaftsleistungen von sogenannten Entwicklungsländern sollte man sich nicht mit dem ersten Blick zufriedengeben. Das ist eine Lehre aus einem Bericht der Weltbank über Tunesiens Wirtschaftspolitik zwischen 1993 und 2010. Die zweite Lehre besteht im Anschauungsunterricht, wozu eine Herrscherclique um einen Autokraten, im vorliegenden Fall Ben Ali, wirtschaftlich fähig ist. In Zahlen sind es Profite von geschätzt 50 Milliarden Dollar. Zu erfahren ist auch, dass sich solche Strukturen lange halten; bestimmte Zugänge bleiben lange geschlossen und die Versorgungswege für Mitglieder des begünstigten Netzwerks gesichert.

Der Global Competitiveness-Bericht des Davoser WEF feierte in seiner Ausgabe von 2010-2011 Tunesiens große wirtschaftliche Fortschritte. Das Land liege im Spitzenfeld der wettbewerbtüchtigsten Wirtschaften und habe seine Führungsposition in Afrika und dem Maghreb gefestigt, unter den arabischen Ländern liege Tunesien auf Rang 4 hinter Katar, Saudi-Arabien und den Vereinigten Emiraten, so die Erfolgsmeldung vor Ausbruch des Aufstandes Anfang 2011, der die Herrscherfamilie die Flucht ergreifen ließ.

Auch die Weltbank habe die Wirtschaft Tunesiens gelobt, räumt der Bericht der Bank nun ein, der sich die Wirtschaftspolitik unter Ben Ali genauer angeschaut hat. Dazu prüfte man Unterlagen, Bilanzen und Geschäftsdokumente von 220 Firmen, die von Ben Ali und Familienangehörigen kontrolliert wurden, aus den Branchen Telekommunikation, Bauindustrie, der Auto und Nahrungsmittel – und setzte sie in Verbindung mit wirtschaftspolitischen Direktiven, genauer Dekreten aus dem Präsidentenpalast, die sie mit einem ausgefeilten Regelwerk vor ausländischer Konkurrenz verschonten, ihnen Steuererleichterungen verschafften und Begünstigungen bei Lohnzahlungen und Investitionen von Staatsgeldern. Resumée:

25 Dekrete führten während dieser Periode neue Anforderungen für die Zulassung von Unternehmen in 45 unterschiedlichen Sektoren ein und stellten neue Restriktionen für Direktinvestitionen aus dem Ausland in 28 Sektoren auf. Mit der Konsequenz, dass mehr als ein Fünftel der Einkünfte aus dem privaten Sektor von Unternehmen erzielt wurden, die dem Regime nahestanden.

Zwar sei Tunesien die Familie, die die Gewinne dann in die eigene Tasche gewirtschaftet habe, losgeworden, aber nicht die strukturellen Probleme, die sich aus deren Wirtschaftspolitik ergeben, wird der Weltbank-Ökonom Antonio Nucifora zitiert:

Die Rahmenbedingungen, die man aus der Zeit Ben Alis geerbt hat, sind geblieben, sie zemetieren den sozialen Ausschluss und begünstigen weiterhin die Korruption.

Das heißt, dass auch im neuen Tunesien weiterhin die Elite begünstigt wird, die mit der Familie Ben Ali und ihren Unternehmen in guten Beziehungen stand. Nicht ganz unwahrscheinlich, dass auch Teile der Familie im Exil weiter davon profitieren.

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