29. April 2013 · Kommentare deaktiviert für Syrien, adopt@revolution, Newsletter 29.04.2013 · Kategorien: Syrien · Tags:

Liebe AbonnentInnen des Newsletters, liebe Syrien-Interessierte,

die letzte Woche hat Syrien wieder einmal abrupt in die Schlagzeilen katapultiert. Staaten wie Großbritannien, Frankreich und Israel, Medien und NGOs werfen Syriens Regierung vor, bereits mehrfach Chemiewaffen gegen die Bevölkerung und Rebellen eingesetzt zu haben; u.a. das Nervengift Sarin, das für Menschen einen qualvollen Tod bedeutet. Die USA schlingern bislang in der Frage, ob und durch wen in Syrien Chemiewaffen bzw. Giftgas zum Einsatz gekommen sein könnten. Der Grund hierfür ist Obamas Einstufung: Den Einsatz von Chemiewaffen durch Assad und die syrischen Truppen bezeichnete er als „rote Linie“, bei der die internationale Gemeinschaft zum Handeln gezwungen wäre. Seit Mitte letzter Woche wird nun über die Hintergründe des Chemiewaffeneinsatzes und das Überschreiten der „roten Linie“ debattiert; dabei diskutieren mit: USA, EU, UN, Israel, Türkei etc. Russland mahnt derweil vor überstürzten und fingierten Militäreinsätzen. Außer Frage steht wohl: Chemiewaffen kamen in Syrien zum Einsatz. Bereits letzte Woche hatte der SPIEGEL argumentiert, dass die syrische Armee schrittweise Chemiewaffen ausprobiert und so scheibchenweise die Reaktion der internationalen Gemeinschaft testet. Abwegig ist diese Idee nicht, verfuhr die Armee mit Panzern, Hubschraubern, Militärjets, Flächenbombardierungen, Streu- und Phosphorbomben bereits genauso. Andere Beobachter ziehen in Betracht, dass Obamas „rote Linie“ Nicht-Regierungskräfte ermuntert hat, die USA und NATO in den Konflikt vor Ort hineinzuziehen. Das Kapitulieren der Welt und v.a. Obamas in der Chemiewaffenfrage zeigen die Revolutionsberichterstatter im syrischen Kafranbel auf:


„Gerüstet für den Notfall“ zeigt sich Obama. Kafranbel, 26.04.2013.

In einer Themenpresseschau können Sie weitere Infos zum syrischen Chemiewaffendepot, zu den Hintergründen der Vorwürfe und den Stellungnahmen internationaler Akteure finden: https://www.adoptrevolution.org/chemiewaffen-einsatz-in-syrien-internationale-stellungnahmen-netzschau-28-april/

Letzten Montag ist die Veranstaltungstour „Frauen in der Syrischen Revolution“ von Adopt a Revolution zu Ende gegangen. Wenn Sie die Details der Tour und die Eindrücke des Teams noch einmal nachlesen wollen, sei Ihnen der Tourblog empfohlen: https://www.adoptrevolution.org/tourblog-zwischen-aufbruch-und-verzweiflung-wie-weiter-in-syrien/

Die Lokalen Koordinationskomitees (LCCs) berichteten Sonntag der vergangenen Woche, dass bei einer Kampagne der staatlichen Armee bei Damaskus mehrere Hundert Menschen binnen Tagen getötet wurden. Das lokale Komitee konnte aufgrund der gekappten Infrastruktur erst spät Bilder und Nachrichten senden und beklagte: Der Medienblackout trage zur Tötung der syrischen Bürger bei. Auf dieses Thema gehen die englischen und deutschen Presseschauen von AaR näher ein. Eine traurige Meldung kam auch am Freitag von den LCCs: Seit März 2011 starben bereits 2029 Menschen unter Folter in Syriens Gefängnissen/“Sicherheits“institutionen: http://www.lccsyria.org/11286

Das englische Media Roundup (23.04.), https://www.adoptrevolution.org/en/massacres-in-damascus-kurdish-self-governance-revolution-or-civil-war-in-syria-media-roundup-23042013%E2%80%8E/, befasst sich zudem mit:

  • Kurdische Selbstverwaltung im Aufbau: das Beispiel Amuda
  • Qamishli: Angst der Bewohner vor militärischer Eskalation
  • Syrien erlebt eine Revolution, keinen Bürgerkrieg oder Proxy War – Argumente syrischer Autoren

Die deutsche Presseschau, https://www.adoptrevolution.org/eskalation-an-syrisch-libanesischer-grenze-netzschau-24-april/, geht u.a. diesen Themen nach:

  • Petition syrischer Zivilgruppen: Lasst die politischen Häftlinge frei!
  • EU-Ölembargo für Opposition aufgehoben: Hoffen auf Einnahmen für Humanitäres & Wiederaufbau
  • Libanesischer (Konfessions)Konflikt wird nun auch in Syrien ausgetragen

In der Stadt Qamishli haben kurdische, assyrische und arabische Jugendliche wie Gruppen ein Frühlingsfest ausgerichtet, das zum ersten Mal die gesellschaftliche Vielfalt der Stadt und Syriens zeigen konnte. Das Festival dauerte eine Woche und stand unter dem Motto „Freiheit der Kunst für die Revolution der Freiheit“. Das AaR-Beiratsmitglied Ferhad Ahma (ASKYA) hält solche Festivals für einen wichtigen Schritt: http://www.dengemin.org/en/index.php/culture-art/279-activists-organize-first-spring-festival-in-qamishli

Auf die Initiative „Haquna“ (Unser Recht) weist eine Facebook-Seite für friedlichen Wandel hin: https://www.facebook.com/photo.php?fbid=364762133633871&set=a.221349711308448.44145.220124418097644&type=1. Haquna engagiert sich für demokratische Rechte und lokale Verwaltungsstrukturen im neuen Syrien – wie immer abseits des Medienspektakels. Eine Demo in Rukn Al-Din/Damaskus am Sonntag betonte die Stellung der Frauen: zusammen mit den Männern und gleichberechtigt den Staat mitaufbauen, s. https://fbcdn-sphotos-g-a.akamaihd.net/hphotos-ak-ash3/24648_648850098475463_99424652_n.jpg. In Raqqa, das nicht mehr unter Kontrolle des syrischen Regimes ist, forderten AktivistInnen in einem Sitzstreik, eine zivile Gerichtsbarkeit aufzubauen und sprachen sich gegen religiöse Bevormundungen der Rebellenbrigaden aus: https://www.facebook.com/media/set/?set=a.646821275345012.1073742026.217848338242310&type=1. Am vergangenen Freitag fanden 187 Demonstrationen in ganz Syrien statt, die verschiedene Themen beleuchteten.

Mit besten Grüßen,
das Adopt a Revolution-Team

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