Liebe Syrien-Interessierte, liebe AbonnentInnen des Newsletters,
am Montag kürte die Nationale Koalition in einer nicht unumstrittenen Wahl Ghassan Hitto als Chef einer Übergangsregierung, die in den befreiten Gebieten künftig Sicherheit und Infrastruktur gewährleisten soll. Um dieses Ziel zu erreichen, wird die Übergangsregierung einerseits stark internationale Hilfe benötigen und ferner auf Akzeptanz in Syrien angewiesen sein. Vor Ort schlägt der Exilopposition nach zwei Jahren der unbewältigten Konfliktlösung einiges an Wut und Skepsis entgegen. Ghassan Hitto stammt aus Damaskus, hat aber seit Jahrzehnten in den USA gelebt. Er hat sich in den letzten Monaten allerdings in der Koordination humanitärer Hilfe von der Türkei aus einen Namen gemacht. Die Wahl Hittos scheint allerdings auch die Nationale Koalition entzweit zu haben, da bereits unter der Woche von Rücktritten berichtet wurde. Nach Spekulationen um einen baldigen Rückzug des aktuellen Vorsitzenden, Moaz al-Khatib, ist dieser am heutigen Sonntag tatsächlich zurückgetreten. Al-Khatib zeigte sich frustriert vom Westen und wohl auch besorgt über die externe Einflussnahme auf die syrische Opposition.
Anfang der Woche gab es Berichte über einen Chemiewaffeneinsatz in Syrien. Das Regime beschuldigte Aufständische, diese Waffen eingesetzt zu haben, was dementiert wurde. Präsident Obama hatte dereinst über eine „rote Linie“ sinniert, sollte es zum Einsatz von Chemiewaffen in Syrien kommen. Unklar ist, was diese Erklärung zu bedeuten haben wird. Am Donnerstag fand zudem ein Anschlag auf eine Moschee im Zentrum von Damaskus statt, bei der auch ein hochrangiger sunnitischer Kleriker ums Leben kam. Dieser war äußerst regimeloyal. Die Urheberschaft des Anschlags ist umstritten und ungeklärt. Neben dem Kleriker al-Bouti kamen Dutzende Zivilisten ums Leben. Heute gab es zudem Mörserangriffe auf das Zentrum von Damaskus, alles Eindrücke, dass Damaskus kein sicherer Hafen des Regimes mehr ist. Zudem steigen die Spannungen an der syrisch-israelischen Grenze.
Innenpolitisch hat sich Deutschland durchgerungen, ab Sommer 5000 syrische Flüchtlinge aufzunehmen. Diese sollen jedoch u.a. nach Konfession Visa erhalten, was von zahlreichen Seiten kritisiert wurde. Die Aufnahme von 5000 Syrern für ein Land wie Deutschland erscheint zudem wie ein Tropfen auf den heißen Stein. Eine spürbare infrastrukturelle Entlastung dürfte dies Ländern wie Libanon oder Jordanien mit Hunderttausenden Flüchtlingen nicht verschaffen.
Unser Media Roundup thematisiert diese Woche u.a.:
- Fotodokumentation junger Kollektive: „Lens Young …“
- Einsatz von Chemiegasen: wie reagieren die USA?
- Gründe für Zurückhaltung bei Waffenlieferungen
- FSA mehr Marke denn Einheit?
Nachlesen können Sie unter: https://www.adoptrevolution.org/en/poison-gas-and-floating-weapons-media-round-up-march-21st/
Die deutschsprachige Presseschau informiert Sie u.a. über:
- – Wahrnehmung der Revolution als „Gefahr vom Land“
- CIA versorgt ausgewählte Rebellen mit Informationen
- Obamas Sorge: Syrien als „Enklave der Extremisten“
- Syriens friedliche Bewegung: Lichtblicke und Rückschläge
- Tod des regimeloyalen Klerikers al-Bouti bei Anschlag
- Herausforderungen an die Übergangsregierung
- Libanon zahlt hohen wirtschaftlichen Preis durch Syrienkonflikt
Die Netzschauen finden Sie unter: https://www.adoptrevolution.org/category/presseschau/
Am Freitag fanden natürlich wieder zahlreiche Demos statt, auch in Al-Bab/Umland Aleppo, https://www.facebook.com/photo.php?fbid=563991066967348&set=a.446465362053253.105759.445188832180906&type=1&theater, oder im Aleppiner Viertel Bustan al-Qasr: https://www.facebook.com/photo.php?fbid=564107573622364&set=a.446465362053253.105759.445188832180906&type=1&theater. Die Demonstranten in Bustan al-Qasr gaben sich entschlossen, die Revolution trotz Scuds und Chemiewaffen fortzusetzen. Ein Plakat wandte sich auch gegen die Folter und Misshandlung von Aktivisten durch islamistische Kräfte, wie es in Aleppo bereits vorkam: https://www.facebook.com/photo.php?fbid=435269819898420&set=a.435269656565103.1073741845.291990414226362&type=3&theater
Mit besten Grüßen,
das Adopt a Revolution-Team