05. April 2012 · Kommentare deaktiviert für Sahara als internationale militarisierte Sperrzone? · Kategorien: Mali, Sahara · Tags: , , , ,

Mali: Drohende ausländische Militärintervention

Seit dem Militärputsch in Bamako, der Hauptstadt Malis, und der Proklamation eines unabhängigen Nordens des Landes durch Touareg-Milizen bleiben die Meldungen aus dem Land widersprüchlich.

 

Die Tuareg-Rebellen der „Nationalen Bewegung zur Befreiung von Azawad“ (MNLA) haben ab 00:00 Uhr des 05.04.2012 einseitig einen Waffenstillstand verkündet. In einem Komuniqué legen sie dar, dass ihr Ziel, die „Befreiung Azawads“, erreicht sei, und dass sie keine militärischen Ausfälle Richtung Bamako unternehmen werden. Die Meldungen, dass Dschihadisten, Terroristen und Warlords verschiedene Städte in Nord-Mali übernommen hätten, weisen sie als Desinformation zurück.

Algerien und Frankreich waren bislang – neben dem Zentralstaat Mali – die heimlichen Mächte im Norden Malis. Kritische Analysen wiesen immer wieder darauf hin, dass algerische Militärs die Sahara-Dschihadisten der AQMI („Al Qaida im islamischen Maghreb“) zumindest infiltriert hätten, wenn nicht sogar regelrecht steuerten. Es gebe eine Zusammenarbeit zwischen Militärs und Warlords in der Region.

Die FAZ meldet am 05.04.2012: „Unterdessen hat sich die Afrikanische Union (AU) den am Montagabend von der Westafrikanischen Wirtschafts- und Währungsunion Ecowas verhängte Sanktionen gegen die Junta angeschlossen, die ein wirtschaftliches, finanzielles und diplomatisches Embargo von Mali vorsehen, solange dort nicht die verfassungsmäßige Ordnung wiederhergestellt wird. Die amerikanische Regierung verhängte ebenfalls personenbezogene Sanktionen gegen die Mitglieder der Junta.“

Der Sicherheitsrat der UN, die USA und Frankreich haben am 04.04.2012 gegen die Unabhängigkeit Azawads vehement Stellung bezogen, unter Verweis auf die Ausbreitung AQMIs und auf Plünderungen, Menschenrechtsverletzungen und Vergewaltigungen durch islamistische Milizen.

Die algerischen Tageszeitungen berichten am 05.04.2012, dass eine ausländische militärische Intervention gegen Mali vorbereitet werde und sich wohl nicht mehr stoppen lasse. Hohe algerische Stellen hätten sich am 04.04.2012 mit dem Kommandanten der USA für Afrika General Carter F. Ham und mit dem Unterstaatssekretär für Afrika-Fragen M. Johnnie Carson besprochen. (Angaben unten) Die Ecowas hat bereits mit der Aufstellung von Truppen begonnen.

Seit Wochen halten große Fluchtbewegungen unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen innerhalb Malis und aus Mali heraus an. Das internationale Embargo verschärft die katastrophale Unterversorgung der Bevölkerung. Lebensmittel werden in der gesamten Region knapp.

In den internationalen Szenarien entsteht die Vision einer verschärften Militarisierung der Sahara. Stichworte sind „Grenzsicherheit“, „Antiterrorismus“ und „Gefahr durch failed states“.

Die jahrhundertealte Realität, dass die Sahara das Gebiet nomadisierender und transit-reisender Bevölkerungen ist, wird damit bedroht. Die Militarisierung stellt – wie die Warlordisierung – einen Angriff auf die Überlebensmöglichkeiten der dortigen Bevölkerung dar. Der Transit der afrikanischen Flüchtlinge Richtung Norden wird in dem angekündigten Sahara-Krieg noch gefährlicher werden.

Helmut Dietrich

Algerische Tageszeitungen zum Thema:

www.lequotidien-oran.com

www.elwatan.com

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